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18.05.18 / Schwarz-blaue Premiere im Juni / Österreichs Kanzler erhofft sich von seinem Israelbesuch eine Verbesserung der belasteten Beziehungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-18 vom 18. Mai 2018

Schwarz-blaue Premiere im Juni
Österreichs Kanzler erhofft sich von seinem Israelbesuch eine Verbesserung der belasteten Beziehungen
Bodo Bost

Zum ersten Mal seit der Bildung der schwarz-blauen Koalitionsregierung aus der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) vor knapp einem halben Jahr wird der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz am 9. Juni Israel besuchen. Dabei wird der Kanzler auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu treffen. Begleitet wird der ÖVPler von seinem Parteikollegen Bildungsminister Heinz Faßmann.

Auf dem Programm steht auch ein Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, ein Pflichttermin für jeden österreichischen Politiker. Kurz wird auch Holocaust-Überlebende treffen sowie eine Rede vor dem Global Forum des American Jewish Committee halten. Minister Faßmann hat ein eigenes Programm. Er nimmt Termine an der Hebrew University sowie am Weizmann Institute of Science wahr. Von diesem Staatsbesuch erwartet der Kanzler eine Verbesserung der derzeit belasteten bilateralen Beziehungen. 

Nach der Angelobung der Koalitionsregierung aus ÖVP und FPÖ im vergangenen Dezember hatte die israelische Regierung bekannt gegeben, keine offiziellen Kontakte mit FPÖ-Ministern zu unterhalten und stattdessen lediglich auf Beamtenebene zu verkehren. Deshalb wird Vizekanzler und Sportminister Heinz-Christian Strache (FPÖ) nicht an der Reise teilnehmen.

Laut einer Mitteilung der israelischen Regierung vom 18. Dezember 2017 werde das israelische Außenministerium Richtlinien für den Umgang mit der neuen österreichischen Koalition ausarbeiten. Die Betonung liege darauf, „Antisemitismus zu bekämpfen und die Erinnerung an die Shoah zu bewahren“. Mit der Regierung in Wien als Ganzes wolle Israel allerdings „bis auf Weiteres“ zusammenarbeiten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hielt deshalb auch während der bisherigen Regierungsdauer direkten Kontakt mit Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Ob der Boykott der FPÖ-Minister anlässlich des Treffens von Kurz mit Netanjahu aufgehoben wird, ist offen. Die Regierung in Jerusalem behält sich eine Neubewertung der österreichischen Regierung vor. Während einige Mitglieder der regierenden Likud-Partei eine Normalisierung der Beziehungen mit der FPÖ unterstützen, sprechen sich das von Netanjahu geführte israelische Außenministerium und die lokale jüdische Gemeinde strikt gegen ein Ende des Boykotts von FPÖ-Ministern aus.

Netanjahu, den Kurz ursprünglich bereits im Januar in Jerusalem hatte besuchen wollen, begrüßt indes die Unterstützung der österreichischen Bundesregierung für die Errichtung einer Namens-Gedenkmauer für die österreichischen Holocaust-Opfer in Wien. Im Kurznachrichtendienst Twitter bedankte er sich bei Kurz für dessen „Führungsstärke“ in dieser Frage.

Netanjahu zeigte sich in einem zweiten Tweet von der „bewegenden Rede“ des Kanzlers anlässlich des Staatsakts am Montag zum sogenannten Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich vor 80 Jahren angetan. Darüber hinaus bedankte sich der Ministerpräsident bei Kurz für dessen „Entschlossenheit, Antisemitismus zu bekämpfen, und dessen Absicht, eine Reihe von Regierungsbeschlüssen im Hinblick auf die Aufklärung über den Holocaust (Holocaust education) und die Erinnerungspolitik auf den Weg zu bringen“.

Netanjahu und Kurz waren bereits im Februar bei der Münchner Sicherheitskonferenz zu Gesprächen zusammengetroffen. Nach einem Bericht der israelischen Zeitung „Haaretz“ soll Kurz dabei die Zusage gegeben haben, das Abstimmungsverhalten Österreichs zu Israel auf UNO-Ebene verändern zu wollen. Auf Nachfrage präzisierte ein Kanzler-Sprecher, „israelische Sichtweisen“ sollten stärker berücksichtigt werden. Allerdings behalte man – im europäischen Einklang – weiterhin die Position gegen den israelischen Siedlungsbau und für eine Zweistaatenlösung bei.