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18.05.18 / Rupert Scholz für neues Asylrecht / Der Staatsrechtler und Ex-Bundesverteidigungsminister moniert Verfassungsverstöße der Bundesregierung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-18 vom 18. Mai 2018

Rupert Scholz für neues Asylrecht
Der Staatsrechtler und Ex-Bundesverteidigungsminister moniert Verfassungsverstöße der Bundesregierung
Michael Leh

Der Professor Rupert Scholz (CDU) wirft der Bundesregierung Verfassungsverstöße bei ihrer Asyl- und Zuwanderungspolitik vor. Scholz plädiert dafür, das Asylrecht von einem subjektiv einklagbaren Rechtsanspruch in eine institutionelle Garantie umzuwandeln.

Der emeritierte Professor für Staats- und Verwaltungsrecht, Verwaltungslehre und Finanzrecht ist Mitautor des als Standardwerk geltenden Grundgesetzkommentars Maunz/Dürig/Herzog/Scholz. Scholz war Bundesverteidigungsminister, Justizsenator in Berlin und Vorsitzender des Rechtsausschusses des Bundestages. Noch heute arbeitet der 80-jährige Grundgesetz-Experte in einer Berliner Rechtsanwaltspraxis. Zur Asyl- und Zuwanderungspolitik der von Kanzlerin Angela Merkel geführten Bundesregierungen hat er sich schon mehrfach kritisch geäußert. Jetzt sprach er in der „Bibliothek des Konservatismus“ in Berlin-Charlottenburg über „Migration und Obergrenze“. 

Bereits 2015 hatte Scholz in einem Interview mit der Zeitung „Tagesspiegel“ Merkel widersprochen. Der Gesetzgeber habe das Recht, Obergrenzen bei der Gewährung des Asylrechts festzulegen, so Scholz. Das Asylrecht könne sogar abgeschafft werden. Artikel 79 Absatz 3 Grundgesetz, die sogenannte Ewigkeitsgarantie, gelte nur für die Grundsätze in Artikel 1 und Artikel 20 Grundgesetz, nicht für (alle) Artikel 1 bis 20. Der Grundgesetz-Artikel 16 a zum Asylrecht falle somit nicht darunter. Das habe das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich so entschieden. „Ich bin nicht für die Abschaffung des Asylrechts“, erklärte Scholz, „aber ich fordere von unseren politisch Verantwortlichen, dass die Verfassung ernst genommen wird, auch bezüglich der Begrenzungsmöglichkeiten und längst evident gewordenen Begrenzungsnotwendigkeiten“. Bei der hohen Zahl von Zuwanderern seit 2015 gehe es „im Grunde um Migration“ und „nur sehr begrenzt um wirklich Asylberechtigte“.

Merkel habe 2015 erklärt, man könne eine Grenze von 3000 Kilometern „sowieso nicht bewachen“. Doch zum „Begriff der Staatlichkeit als solcher gehören Grenzen – die selbstverständlich auch nach bestem Wissen und Gewissen kontrolliert werden müssen. Wer die Grenzen seines Staates leugnet oder aufgibt, gibt im Grunde den Staat selbst auf“, so Scholz. 

Der Schutz der EU-Außengrenzen funktioniere bis heute nicht: „Wir müssen endlich wieder dazu kommen, solange Schengen nicht funktioniert – und ich fürchte, das wird noch lange so bleiben –, dass wir unsere Grenze wieder unter Kontrolle stellen.“

Monatlich kämen weiter 15000 Zuwanderer. Merkel habe sich bei ihrer Entscheidung zur Grenzöffnung 2015 auf Humanität berufen. Bei der Zuwanderungspolitik gehe es jedoch um Verfassungsverstöße. „Es gibt keine Humanität im Verfassungsstaat, die oberhalb oder jenseits der Verfassung steht“, betonte Scholz. Der Artikel 16 a Grundgesetz zum Asylrecht sei „praktisch außer Kraft gestellt worden“. Die „verfassungswidrige Flüchtlingspraxis“ im Herbst 2015 habe ihn bestürzt. Im damaligen Bundestag seien die Verfassungsverstöße nicht ein einziges Mal zur Sprache gekommen: „Man berauschte sich von CDU/CSU bis hin zur Linken an der Willkommenskultur.“ Auch die jährlich zweistelligen Milliardenbeträge für Aufnahme, Unterbringung, Versorgung und Integration der Zuwanderer habe der Bundestag, „der höchste Haushaltsgesetzgeber“, kein einziges Mal thematisiert; bis heute gebe es keinen entsprechenden Haushaltstitel.

Wenn ein Asylantrag abgelehnt werde, dann, so Scholz, „gibt es in Deutschland einen Berufsstand, dem ich zurzeit auch angehöre, tüchtige Rechtsanwälte, die sagen den Leuten, was sie machen müssen, nämlich klagen beim Verwaltungsgericht“. Die Verwaltungsgerichte seien heute durch eine Flut von rund 400000 solcher Klagen „salopp gesagt am Absaufen“ und nicht mehr handlungsfähig. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit sei aber ein elementarer Bestandteil des demokratischen Rechtsstaates. Sie sei nicht nur dafür da, um „vorübergehende Aufenthaltsrechte oder Scheinprozesse“ zur Entscheidung zu bringen. Auch gebe es eine „maximale Abschiebe-Rhetorik bei minimaler Erfolgsquote“. 

Scholz hob die hohe Kriminalitätsbelastung durch Zuwanderer hervor. Asylbewerber verübten schwere Gewaltkriminalität, darunter Vergewaltigungen. Er betonte: „Das Asylrecht darf nicht zum Einfallstor von mehr Gewaltkriminalität werden.“ Das Asylrecht werde sonst „ja auf den Kopf gestellt“. In einem das Asylrecht „wirklich zukunftsfähig gestaltenden Gesetz“ müsste stehen: „Wer hier Asyl bekommen hat und solche Straftaten begeht – schwerste Kriminalität – dem ist das Asyl wieder zu entziehen. Mit der Konsequenz der Abschiebung.“ Entsprechendes müsste gelten, wenn ein Asylbewerber, über dessen Asylantrag noch nicht entschieden sei, schwere Straftaten begehe: „Dann ist das Verwaltungsverfahren meines Erachtens sofort zu beenden. Mit der Konsequenz Abschiebung.“ 

Scholz plädiert dafür, dass man das Asylrecht, das als „in Deutschland subjektives Recht zu 400000 Verwaltungsklagen geführt hat, in eine objektivrechtliche Gewährleistung umwandelt, in eine institutionelle Garantie“. Zur Diskussion über ein einheitliches europäisches Asylrecht erklärte er, es werde mit Sicherheit keinen EU-Standard geben, der wie in Deutschland – historisch bedingt – einen einklagbaren subjektiven Rechtsanspruch verbürge: „Das findet man in keinem anderen europäischen Staat und wird auch von keinem befürwortet.“

Scholz bezweifelte, dass die Integration der großen Zahl muslimischer Zuwanderer überhaupt möglich sei. In Frankreich sei die Integration von Muslimen gescheitert: „Daraus sollten wir wohl lernen.“ Es helfe nichts, „diesen Menschen zu sagen, ihr müsst euch zu den Werten unseres Grundgesetzes bekennen. Die Identität eines Volkes bemisst sich nicht nur nach seiner Verfassung, sondern nach unendlich viel mehr. Und alles das müsste vermittelt und, wie ich ausdrücklich betone, auch akzeptiert werden.“