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18.05.18 / Das Geld der Kuomintang / Aufklärer aus Taiwan wollen von Deutschland lernen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-18 vom 18. Mai 2018

Das Geld der Kuomintang
Aufklärer aus Taiwan wollen von Deutschland lernen
Michael Leh

Taiwans Jagd nach den Kuomintang-Milliarden“ hieß 2017 ein Beitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Darin beschrieb der in Taipeh lebende deutsche Journalist Klaus Bardenhagen, wie vor allem die Demokratische Fortschrittspartei (Democratic Progressive Party, DPP), die 2016 sowohl das Präsidentenamt als auch erstmals gleichzeitig die Parlamentsmehrheit auf der Insel errang, dem Vermögen der früheren jahrzehntelangen Regierungspartei Kuomintang (KMT) auf der Spur ist. 

Wie Bardenhagen schrieb, gehörte der KMT auf dem Höhepunkt ihrer Macht ein Firmenimperium aus Rundfunksendern, Filmstudios und Kinos, Banken und Fabriken. Bis heute halte die KMT zahlreiche Firmenbeteiligungen in einer Holdinggesellschaft. Die in Singapur erscheinende Zeitung „The Strait Times“ nannte 2017 ein aktuelles Vermögen der KMT von 815 Millionen US-Dollar. Andere Schätzungen nennen zweistellige Milliardenbeträge.

Die KMT war die Staatspartei Tschiang Kai-scheks, der nach seiner Flucht nach Taiwan die Insel autoritär regierte. 1987 wurde das Kriegsrecht aufgehoben. Taiwan ist heute eine lebendige Demokratie. Aber es gilt noch vieles aufzuarbeiten – moralisch, politisch, historisch, juristisch. Doch auch finanziell: Nicht unähnlich der SED hatte die KMT den Staat quasi als ihr Eigentum betrachtet. Die DDP sorgte 2017 für ein Gesetz über die „Übergangsjustiz“ (transitional justice), das der juristischen Aufarbeitung dient. 

Zudem berief man ein Untersuchungskomitee, das unrechtmäßig erworbenes Parteivermögen der KMT aufdecken soll. Dabei wollen die Taiwaner auch von deutschen Erfahrungen bei der Suche nach den SED-Milliarden profitieren. Deshalb war nun der Vorsitzende des Komitees, Lin Feng-Jeng, gemeinsam mit dem Ausschussmitglied Cheng-Chung Lo und einem wissenschaftlichen Mitarbeiter auf Erkundung in Berlin. Lin Feng-Jeng, ein früherer Menschenrechtsanwalt, ist Mitglied der erst 2015 gegründeten Partei der neuen Kraft (New Power Party, NPP) und im Rang eines Ministers. 

Auf dem Programm der Taiwaner in Berlin standen Gespräche mit dem früheren Generalstaatsanwalt in Berlin Christoph Schaefgen, der besonders für die Aufarbeitung von DDR-Unrecht zuständig war, mit Vertretern der Stasi-Unterlagenbehörde, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben sowie ein Besuch in der Stasi-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen. 

Wie schwierig – und unzureichend – bereits in Deutschland die Aufklärung über den Verbleib des SED-Vermögens war, kann man im Kapitel „Der Milliardenschatz“ im Buch von Hubertus Knabe „Die Wahrheit über die Linke“ nachlesen. Knabe schreibt: „Um welche Summen es ging, weiß bis heute niemand genau zu sagen.“ Auf die Frage der PAZ nach der mutmaßlichen Höhe von allein in die USA verschobenen KMT-Vermögens, wagte denn auch Lin Feng-Jeng keine Schätzung. Sein Komitee veröffentlicht halbjährliche Berichte. Die Aufklärer aus Taipeh haben es insofern noch besonders schwer, als die KMT die große Oppositionspartei in Taiwan ist.