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18.05.18 / Frei gedacht / Das ZDF und seine kruden Philosophen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-18 vom 18. Mai 2018

Frei gedacht
Das ZDF und seine kruden Philosophen
Eva Herman

Eine düstere Stunde politisch korrekter Ver(w)irrungstech­nik hat sich kürzlich das ZDF geleistet mit der Sendung des stets smart daherkommenden Philosophen Richard David Precht, der ein ziemlich krudes Interview führte mit dem Physiker Harald Lesch. Das Thema: „Verschwörungstheorien“. Im Ankündigungstext hieß es: „Die erste Mondlandung hat nie stattgefunden, Nine-Eleven war das Werk der CIA und Kondensstreifen vergiften uns. Verschwörungstheorien haben Hochkonjunktur.“

Es gehört zu den Zeichen heutiger verstörender Zeit, dass sich grundverschiedene Weltbilder im öffentlichen Raum geradezu feindlich gegenüber stehen (was in dieser Sendung mitnichten geschah): das politisch korrekte Medienkartell und die von ihm gehass­ten angeblichen Verschwörungstheoretiker. Letztere werden seit einiger Zeit argwöhnisch von der Gegenseite beäugt. Warum? Weil diese Szene seit Jahren wächst, sie erhält zunehmend Macht, wird durch das Internet zu einer echten Gefahr für die standardisierten Alltagslemminge. Letztere werden von der Bevölkerung mehr und mehr abgelehnt, man erkennt es an der Unzufriedenheit der Menschen, die mit dem politisch korrekten Establishment immer weniger übereinstimmen. Der Ärger des Medienkartells darüber ist inzwischen derart groß geworden, dass man Hunderte neuer Arbeitsplätze schuf, just zur engeren Kontrolle und Überwachung der Querdenker; ebenso wurden neue Gesetze erdacht gegen Fake News und Hate Speech. Oder man produziert eben solche Sendungen wie die hier genannte im ZDF, um die gewünschte Massenmeinung gegen die bösen Verschwörer herzustellen.

Der ZDF-Moderator Precht will clever wirken, doch ist eine latente geistige Abwesenheit spürbar. Bei seinem Gesprächspartner Lesch spürt man eine gewisse Hilflosigkeit, wenngleich dieser, oft eilfertig nickend, versucht, Haltung zu wahren und tapfer das verinnerlichte ZDF-Schild in die Luft zu recken, frei nach dem Motto: Gewiss, gewiss, ich bin und bleibe politisch korrekt. Beide scheinen in der Sache völlig einig, sie bestätigen sich dauernd gegenseitig, stimmen sich freundschaftlich zu. Und immer wieder triefend vor Selbstüberschätzung machen sie dem erstaunten Zuschauer klar, dass die Zwei wohl die richtige Lebensentscheidung getroffen haben müssen, indem sie, für jedermann sichtbar, auf der richtigen Seite des Gerichtssaals sitzen, nämlich dort, wo die Macht ist und das Urteil gesprochen wird: Verschwörer sind inakzteptabel! In diesen durch Gebühren finanzierten Fernsehstudios sitzt es sich erfahrungsgemäß in der Tat ruhig und warm, die von den Zuschauern hochbezahlte Zeit widmet man hier vornehmlich der eigenen Eitelkeit.

Da stochern sie herum und tun das Gleiche wie ihre ins Visier genommenen Kontrahenten: Sie vermischen die Themen, stempeln auf unzulässige Weise pauschal alle Andersdenkenden ab. Wer sich um Chemtrails (giftige Kondenzstreifen) sorge, glaube auch, die Erde sei eine Scheibe. Wie auf einem anderen Planeten hocken sie da und plaudern arglos über eine angebliche Welt ohne Gott. Niemand da, der die Welt je erschaffen? Ihre armselige Meinung: nein. Die Wahrheit gebe es gar nicht, nur die Suche danach, da sind die politisch korrekten Herren sich einig. Wie Zwerge auf Stelzen wirken sie. Genüsslich zitiert man den angeblichen Verschwörungswahn, dass die Amerikaner nicht auf dem Mond gewesen seien, dass Chemtrails die Menschen vergifteten und dass der 11. September 2001 sich anders zugetragen habe als offiziell besiegelt. Bei der Ermordung John F. Kennedys wird interessanterweise eine Ausnahme gemacht, Lesch zieht hier durchaus in Betracht, dass hinter dem Mord noch andere Täter gesteckt haben mochten. Wie das denn jetzt? Alles in allem jedoch ist der Wissenschaftler Lesch überraschend unkritisch. Sowohl er als auch der Moderator können es beispielsweise kaum glauben, dass Großkonzerne zu bestimmten Zwecken Studien mit zielorientiertem Ergebnis in Auftrag geben. Ach was, Herr Klimaforscher Lesch, tatsächlich nicht?

Bei den beiden müht sich der Verstand, das rein materielle Denken. Von Intuition, von wahrem Geisteswissen oder tiefer Lebensweisheit keine Spur. Man versucht sich zwar ungelenk an René Descartes und Baruch de Spinoza, und dringt doch nicht zum wahren Kern des Menschseins vor, das sich ohne einen seelischen, innerpersönlichen Abgleich niemals denken lässt.

Zwar wird im Einleitungstext der ZDF-Sendung gefragt: „Braucht der Mensch trotz Aufklärung und dem hohen Stellenwert der Vernunft irgendein emotionales, wenn nicht gar irrationales Gegengewicht?“ Doch eine schlüssige Antwort kann von Leuten dieser Klasse nicht gefunden werden. Der Moderator versucht sich an einer Beschreibung des gebräuchlichen Verschwörungstheoretikers: „Man kann der Öffentlichkeit nicht trauen, man kann den Medien nicht trauen, man kann Regierungen nicht trauen, die Macht der Geheimdienste ist so groß – man kann nur dem eigenen Bauchgefühl trauen.“ Und da käme man ja auf ganz viele Verschwörungstheorien, „denn die sind ja nur deswegen plausibel, weil die ja viele Menschen auch bei ihrem Bauchgefühl abholen“. Und so ergehen sich die selbstzufriedenen Männer dann in der abfälligen Erkenntnis, dass die Verschwörungstheoretiker mit ihrem Bauchgefühl wohl auf dem Holzweg seien. Offenbar haben die Zwei wirklich jeden wesentlichen Lebensbezug verloren.

Denn hier liegt tatsächlich der allergrößte Fehler, nicht nur diese Diskussion betreffend, sondern den derzeitigen Zustand unserer Welt in Gänze meinend. Zunehmend driften Gesellschaft, Politik und Arbeitswelt in maschinelle, mechanische, kalte Verstandesstrukturen ab. Der arbeitende Mensch als seelenlose Hülle, der die erforderlichen Bedürfnisse zu erfüllen hat, die das global gelenkte Kapitalsammelbecken vorgibt. Immer weniger Hyper-Reiche ordnen an, was immer mehr Verarmende zu leisten haben. Über die Seele, das Herz der Menschen, wird nicht mehr gesprochen: Man hat zu funktionieren, ist ein kleines Rädchen im Getriebe, das laufen muss. Man nennt so etwas auch Sklaverei.

Nein, platt wird über alles hinweg palavert, was wirklich Sinn machen könnte. Über den notwendigen inneren Halt der Menschen ist bei den beiden Experten nichts verlautbart worden. Wie auch? Der systembedingte politisch-medial gesteuerte Gesinnungskomplex, dem beide Herren gleichermaßen dienen, erlaubt keine innere Betrachtung, kein Bauchgefühl. Über die wachsende Befremdung des Menschen in dieser vorsätzlich kalt und brutal gesteuerten Welt wurde auch nicht geredet. Im Gegenteil, man konstatierte wie selbstverständlich, dass sich große Weltlenker, Konzernbosse und Industriegiganten regelmäßig träfen, um ihre durchaus „akzeptablen“ Absprachen zu treffen. Dass diese Abstimmungen meist zu Lasten des kleinen Mannes gehen, wurde dabei nicht erörtert, lediglich, dass das Volk dahinter sofort eine Verschwörung wittere. Was ein Wunder.

Es hätte eine interessante Sendung werden können. Doch die Chance ist vertan. Beide ZDF-Darsteller arbeiteten auf demselben Niveau wie zahlreiche Verschwörungstheoretiker es tun, die tatsächlich oft reflexartig ein Komplott hinter jedem neuen Geschehen wittern. Verstand und Geist sind es, die den Menschen die Dinge richtig prüfen lassen und ihn damit erst zu einem vollwertigen Zeitgenossen machen.