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18.05.18 / Parallele Spuren / Mal-Theorie und Mal-Praxis – Ferdinand Hodlers Kunstästhetik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-18 vom 18. Mai 2018

Parallele Spuren
Mal-Theorie und Mal-Praxis – Ferdinand Hodlers Kunstästhetik
Helga Schnehagen

Bereits zu Lebzeiten zählte Ferdinand Hodler zu den bekanntesten Malern der Schweiz. Als er mit 65 Jahren am 19. Mai 1918 in seiner Wohnung am Quai de Mont-Blanc in Genf starb, war aus dem armen Berner Jungen ein dreifacher Millionär geworden. Bis heute erzielen Hodler-Bilder Spitzenpreise und gelten als sichere Wertanlange. 2007 etwa wechselte das Gemälde „Der Genfersee von Saint-Prex aus“ bei Sotheby’s in Zürich für einen Rekordpreis von 10,9 Millionen Franken den Besitzer. 

Anlässlich seines 100. Todestags zeigen das Museum Rath in Genf bis 19. August und im An­schluss das Kunstmuseum Bern vom 

14. September bis 13. Januar 2019 eine Wanderausstellung, die sich auf Hodlers „Theorie des Parallelismus“ konzentriert und das Schaffen des Malers anhand von über 100 Werken aus diesem ungewohnten Blickwinkel heraus neu interpretiert.

Die Sehnsucht nach Ordnung mag Hodlers Biografie erklären. Armut und Elend, Krankheit und Tod waren seine Begleiter von Kindheit an. Früh verlor er den Vater, später die Mutter und alle neun Geschwister und Stiefgeschwister, allesamt an Tuberkulose. Die Mutter sei, so heißt es, tot auf einem Stück Armenland der Allmend von Thun bei Bern zu­sammengebrochen und von den entsetzten Kindern auf einem Holzkarren nach Hause gefahren worden.

Einzig Ferdinand erwies sich als robust. Mit 15 Jahren ging er in die Lehre eines Dekorations- und Vedutenmalers in Thun und lernte, die Schweizer Bergwelt auf Postkarten zu bannen. Mit 18 Jahren begab er sich nach Genf, schlug sich als Maler von Firmenschildern und Dekorationen durch, lernte mühsam Französisch, kopierte im Museum Rath Landschaftsbilder, wurde von Barthélemy Menn entdeckt, fand in dem bedeutenden Genfer Ma­ler seinen Lehrer und Förderer, ging sechs Jahre auf die Kunsthochschule und machte Karriere.

In einem Interview für die „Wiener Feuilletons- und Notizen-Correspondenz“ sagt er 1904: „Ich liebe die Klarheit in einem Gemälde und darum liebe ich den Parallelismus. …. Als ich zu malen anfing, wandte ich mich dem Impressionismus zu. Langsam aber, durch Studium und Beobachtung, geriet ich in mein jetziges Fahrwasser: klare Formen, einfachste Darstellung, Wiederholung des Motivs.“

Seit den späten 1890er Jahren infiltriert Hodlers Theorie des naturgegebenen Parallelismus sein gesamtes Œuvre: „Entweder ist der Parallelismus, wie ich ihn erkannt, umschrieben und angewandt habe, ein Weltgesetz von allgemeiner Gültigkeit und dann ist mein Werk von universeller Bedeutung; oder aber ich habe mich geirrt und in diesem Fall ist mein Schaffen lauter Selbsttäuschung und Trug.“ 

Die Ausstellung „Hodler//Parallelismus“, die bisher umfangreichste zu diesem Thema, be­leuchtet Hodlers Theorie formal und inhaltlich von allen Seiten, bis hin zur Parallelität der Empfindungen.


„Hodler//Parellelismus“, Musée Rath, Place Neuve, CH-1204 Genf, geöffnet Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr; Eintritt 15/10 CHF, frei bis 18 Jahre und am ersten Sonntag des Monats. Katalog: „Hodler//Parallelismus“, Scheidegger & Spiess Verlag, 192 Seiten, 150 farbige Abbildungen, Ausgabe auf Deutsch, 49 CHF.