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18.05.18 / Mühsamer Fortschritt / Nach Pfingsten hüpft und springt man im luxemburgischen Echternach vorwärts

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-18 vom 18. Mai 2018

Mühsamer Fortschritt
Nach Pfingsten hüpft und springt man im luxemburgischen Echternach vorwärts
Andreas Guballa

Eine „Echternacher Springprozession“ ist typisch für mühsame Entscheidungen in der Politik. Man spricht davon, wenn nach dem Motto „Zwei Schritte vor und einen zurück“ ein Fortschritt im Schneckentempo abläuft. Wie es ganz real ab­läuft, kann man am Dienstag nach Pfingsten in Echternach erleben. Dann findet in der luxemburgischen Kleinstadt der kurios anmutende Umzug statt, den es schon seit dem Mittelalter gibt. Denn ihren Ursprung hat die Springprozession in der Verehrung des heiligen Missionsbischofs Willibrord (658–739).

Jedes Jahr kommen mehr als 12000 Teilnehmer aus den Benelux-Ländern und Deutschland zu dem Umzug, um sich von einem Bein auf das andere springend langsam fortzubewegen. Die Pilger ziehen, laut religiösem Brauch, mit rhythmischem Schritt durch die Straßen der ältesten Stadt Luxemburgs. 

Bei der seit 2010 zum im­materiellen UNESCO-Kulturerbe der Menschheit zählenden Prozession wird tatsächlich gesprungen – aber nicht so vermeintlich ziellos, wie es das Sprichwort glauben machen möchte. Ge­sprungen wird erst nach rechts, dann nach links und immer auch ein bisschen nach vorne. Frauen in weißen Blusen und dunklen Röcken, Männer im weißen Hemd und mit blauen oder schwarzen Hosen zeigen, wie es geht. Sie haben den Ehrenplatz am Ende des Prozessionszuges. Ganz vorne schreitet feierlich die Feuerwehr der Gemeinde am Grenzflüsschen Sauer, geschultert die zierliche Willibrord-Statue, die die Prozession anführt. 

Glaubt man alten Chroniken, so gab es in der Vergangenheit unterschiedliche Formen der Prozession. Das Klischee des Vor und Zurück soll vor allem darauf zurückzuführen sein, dass beim Stocken des Prozessionszuges die Pilger auf der Stelle springen mussten. Für Beobachter habe daraus der Eindruck entstehen können, sie seien zunächst nach vorne, dann wieder nach hinten gesprungen. 

Etwa eine Stunde dauert der eigentliche Prozessionsweg, der sein Ende am Grab des Heiligen Willibrord in der Krypta der Basilika findet. Begleitet werden die Pilger dabei von Musikkapellen, die alle die gleiche Weise spielen – ein Volkslied, das im Laufe der Zeit immer reicher gestaltet wurde. Die Melodie wurde 1850 von einem Trierer Musiker in ihre heutige Form gebracht. 

Die Tradition der Springprozession ist aber weit älter. Eine Erwähnung von Sprüngen zu Ehren des heiligen Willibrord haben Historiker bereits in Urkunden aus dem 11. Jahrhundert entdeckt. Ob damit die Echternacher Prozession gemeint war, ist freilich nicht völlig sicher. Springprozessionen gab es zu­mindest im Mittelalter auch in anderen Teilen der Eifel, etwa in Prüm. Sicher ist aber, dass Echternach schon früh nach dem Tod des heiligen Willibrord die Pilgermassen anzog. 

Doch warum überhaupt ge­sprungen wird, das liegt im Dunkeln. Eine der Theorien besagt, die Springprozession ahme das Fallen von Epileptikern nach, denn Willibrord wurde gegen diese Krankheit angerufen. Andere sehen in der Tanzprozession den Ausdruck lebensbejahender Freude. Moderne Interpretationen deuten die durchaus anstrengende Fortbewegungsart als „Beten mit den Füßen“. Und nicht zuletzt sei es ein Gemeinschaftserlebnis – denn die Teilnehmer der Prozession sind durch Tücher miteinander verbunden. 

„Die Erhebung in den Rang eines Weltkulturerbes war eine gewaltige Aufwertung der Traditionsveranstaltung“, so Echternachs Bürgermeister Yves Wengler. Die Prozession bleibe aber in erster Linie ein Fest des Glaubens. „Daran wird sich in Zukunft auch nichts ändern“, sagt Wengler. Dennoch sei der Titel auch eine Ehre, die der ganzen Region Nutzen bringt. Nicht nur touristisch. Doch am wichtigsten – so der Trierer Bischof Stephan Ackermann – sei „die Verbindung von Gebet, Gesang und Gemeinschaft“.

Weitere Informationen beim Fremdenverkehrsamt Echternach, Parvis de la Basilique, Telefon (00352) 720230. Internet: www.echternach-tourist.lu/de