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25.05.18 / Rebellischer Altrocker / Roger Waters von Pink Floyd überzeugt auf seiner Welttournee

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-18 vom 25. Mai 2018

Rebellischer Altrocker
Roger Waters von Pink Floyd überzeugt auf seiner Welttournee
Christiane Rinser-Schrut

Die erste Videosequenz zeigt die Ruhe vor dem Sturm. Eine Person sitzt bei Sonnenschein und Wind auf einer Düne und blickt aufs Wasser, dazu Möwengeschrei und Meeresrauschen. Die sich minutenlang nicht verändernde Szene beunruhigt das schnelle Bilder gewohnte Publikum, bis sich der Himmel (endlich) rot färbt und das Bild in einen großen feurigen Weltallklumpen gezogen wird.

Ex-Pink-Floyd-Sänger Roger Waters will als Solist beunruhigen. Machtstrukturen wie Geld, Zeit und Kriegswahnsinn sind seit eh und je sein Thema. Kritik daran ist und bleibt aktuell. Somit haben die teils 47 Jahre alten Lieder – das Album „Meddle“ mit „One of These Days“ erschien bereits 1971 – nichts an ihrer Brisanz verloren.

Waters’ Arrangement aus Pink-Floyd-Liedern und drei seines neuen Solo-Albums „Is This the Life You Really Want?“, das er auf seiner aktuellen Tournee vorstellt, wirkt. „One of These Days“, „Time“ und „Welcome to the Ma­schine“ sind Liedgrößen, die das Publikum mit viel Beifall in der ersten Konzerthälfte belohnt. 

Beeindruckend auch der Kinderchor, der den Refrain des Klassikers „Another Brick in the Wall, Part 2“ singt. Zwölf Jungen und Mädchen marschieren im Gleichschritt in orangen Gefängnisanzügen und mit Säcken über den Köpfen auf der Stelle. Sie wehren sich gegen „Thought control“ (Gedankenkontrolle) und be­freien sich aus Sack und Anzug. „Resist“ (Widersteht!) steht auf ihren T-Shirts und auch auf der riesigen Leinwand während der Pause, „Wehrt Euch gegen Mark Zuckerberg“, gegen „Propaganda“, gegen „Neo-Faschismus“ und gegen „Krieg im Iran“. 

„Faszinierendes Musiktheater in Cinemascope-Format“ verspricht Waters zum Tourneestart. Und das hält er. Riesige Bühnenleinwände, toller Klangteppich, ein Leinwandgestell, das mit lautem Sirenengeheul und maschinengewehrfeuerähnlichem Hubschrauberlärm von der Decke herabgelassen wird und das den gesamten Innenraum erfüllt. Leinwände werden hochgezogen, Schornsteine aufgerichtet. Es erscheint die Fassade des Londoner Battersea-Kraftwerks mit Schwein zwischen den Schornsteinen, wie man es vom Album „Animals“ her kennt. 

Eine so große Projektionsfläche, um Waters’ Groll insbesondere gegen Donald Trump Ausdruck zu verleihen. Er rechnet unmissverständlich mit dem US-Präsidenten und dessen Politik ab. Aber auch andere Regierungschefs, wie Kanzlerin Angela Merkel, werden gezeigt. „Schweine herrschen über die Welt“ werden als englischsprachige Schilder hochgehalten, während die als Schweine verkleideten Musiker ihren Sekt trinken. Und tatsächlich fliegt auch ein durch Drohnen bewegtes Schwein durch die Arena.

Das Lied „Us and Them“ (wir und sie), dessen Titel auch die Tournee trägt, zeigt in der Videosequenz in wenigen Minuten auf, was den inzwischen 74-jährigen britischen Altrocker stört: Rassismus, Grenzzäune in Israel und an der Grenze zu Mexiko, Umweltverschmutzung und Krieg. Dabei werden die Musiker immer wieder in Ebenen und mit Filtern auf die Bilder der Leinwand projiziert. 

Über die Musik muss man nicht viele Worte verlieren, sie ist großartig und auf der Bühne exzellent umgesetzt. Zum Schluss wird dem Publikum mit „Comfortably Numb“ noch eine Beruhigungsspritze verabreicht. Ob sie gegenteilig wirkt, wie beim Protagonisten Pink des Konzeptalbums „The Wall“, bleibt abzuwarten.


Weitere Konzerttermine in Deutschland: 1. und 2. Juni, Berlin, Mercedes Benz Arena; 4. Juni, Mannheim, SAP Arena; 11. Juni, Köln, Lanxess Arena und 13. Juni München, Olympiahalle.