Das hört sich spannend an: 60 Bilder des Surrealisten Paul Klee (1879–1940) bitten in Kochels Franz-Marc-Museum zu einer „kleinen Reise ins Land der besseren Erkenntnis“. In Münchens Pinakothek der Moderne wiederum lassen uns 145 Werke Klees an der „Konstruktion des Geheimnisses“ teilhaben.
Die in Kochel ausgestellten Landschaftsbilder beschwören zumeist imaginäre Orte. Das „Land der besseren Erkenntnis“ liegt also in der Vorstellungskraft. In eine farbenfrohe Märchenwelt versetzt uns die „Burgenlandschaft mit dem schwarzen Blitz“ (1920). Gespenstisch leuchten die Ölfarben des Gemäldes „Landschaft mit gelbem Kirchturm“ (1920) auf. Im „Landschaftlichen Merkblatt“ (1939) hat Klee die Bildfläche mit Wegen durchzogen. Sie umschließen weiße Felder. Ein „X“ markiert in einem der Felder eine besondere Stelle. Zu ihr gelangt nur, wer die ausgetretenen Pfade verlässt – und sich seinen eigenen Weg bahnt.
Schlüsselwerk der Münchener Präsentation ist das mit Bleistift sowie Öl- und Wasserfarben geschaffene Bild „Grenzen des Verstandes“ (1927). Unten sehen wir einen Kopf, der zu einer kompliziert aufgebauten Apparatur mutiert ist. Aus ihm heraus führt eine klapprige Leiter zu einer höheren Ebene. Auf der steht eine weitere Leiter. Sie reicht jedoch nicht an das über allem prangende Himmelsgestirn heran. Es symbolisiert höhere Einsicht und die letzten Wahrheiten.
Mit diesem Bild kommentierte Klee die damalige Rationalitätsbesessenheit am Bauhaus: „Wir konstruieren und konstruieren, und doch ist Intuition immer noch eine gute Sache. Man kann ohne sie Beträchtliches, aber nicht alles. Es wären Aufgaben zu stellen, wie etwa: die Konstruktion des Geheimnisses.“
Dafür sind Klees „Grenzen des Verstandes“ ein anschauliches Beispiel. Er war überzeugt: „Im obersten Kreis (der Kunst) steht hinter der Vieldeutigkeit ein letztes Geheimnis und das Licht des Intellekts erlischt kläglich.“
Arbeiten wie „Und es ward Licht“ (1918) oder „Erzengel“ (1938) weisen auf Klees Religiosität hin. Sein Schaffen sah er als Gleichnis der göttlichen Schöpfung an. Dabei blieb er so bescheiden wie zuversichtlich: „Die Kunst spielt mit den letzten Dingen ein unwissend Spiel und erreicht sie doch!“
Beide Ausstellungen laufen bis 10. Juni. Pinakothek der Moderne, Barer Straße 40, München, geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 23 Uhr. Eintritt: 15 Euro, sonntags 9 Euro. Info: www.pinakothek.de. Der Katalog aus dem Hirmer-Verlag kostet im Museum 39,90 Euro, im Buchhandel 49,90 Euro. Franz-Marc-Museum, Franz-Marc-Park 8–10, Kochel am See, geöffnet von 10 bis 18 Uhr. Eintritt: 8,50 Euro. Info: www.franz-marc-museum.de. Der Katalog aus dem Hirmer-Verlag kostet 22 Euro.