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25.05.18 / Ein protestantisches Sankt Peter für Preußen / Der Berliner Dom – Nach eingehender Restaurierung wurde das Gotteshaus vor 25 Jahren wiedereröffnet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-18 vom 25. Mai 2018

Ein protestantisches Sankt Peter für Preußen
Der Berliner Dom – Nach eingehender Restaurierung wurde das Gotteshaus vor 25 Jahren wiedereröffnet
Klaus J. Groth

Der nach dem Vorbild der Basilika Sankt Peter im Vatikan gestaltete Berliner Dom wurde wie viele Gotteshäuser in Deutschland im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Die SED ließ die Kirche der Hohenzollern verfallen. Nach der Rekonstruktion ab 1975 aus westlichen Mitteln wurde sie vor 25 Jahren eingeweiht.

Der Kaiser war verschnupft. Der neue Dom, den er nach seinen Ideen hatte bauen lassen, fand nicht die erwartete Begeisterung. Es wurde viel gemeckert. Zu protzig, rückwärtsgewandt und natürlich zu teuer. Die Kuppel verspotteten die Berliner als „Gottes Pickelhaube“, in Anlehnung an die Kopfbedeckung, mit der Wilhelm II. sich gern zeigte.

Vorbild für die Architektur des Doms waren der Neobarock und die römische Spätrenaissance, insbesondere der Petersdom in Rom. Die Hohenzollern schauten mit einem gewissen Neidgefühl zu den alten Metropolen Europas und ihren majestätischen Bauwerken. Der jungen deutschen Hauptstadt haftete immer noch etwas Provinzielles an. Der Berliner Dom reichte mit einer Grundfläche von 6270 Quadratmetern zwar nicht an die Ausmaße des Petersdoms mit seinen 15000 Quadratmetern heran, erhielt aber eine prachtvolle Ausstattung mit viel Gold, Stuck und Marmor. Der Blick hoch zur Kuppel mit herrlichen Mosaiken der Seligsprechung und Szenen der Apostelgeschichte ließ selbst hartnäckige Kritiker verstummen. Zur Einweihung am 27. Februar 1905 erschien die gesamte kaiserliche Familie. Wilhelm II. zeigte sich versöhnlich. Den Besuchern drinnen und den Gaffern draußen spendierte er Erbsensuppe mit Speck, bezahlt aus seiner Privatschatulle.

Die Geschichte der Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin, so der offizielle Name, reicht bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück. Als der zweite brandenburgische Kurfürst aus dem Geschlecht der Hohenzollern, Friedrich II., genannt „Eisenzahn“ und „der Eiserne“, 1443 mit dem Bau seines Schlosses in Cölln an der Spree begann, ließ er darin auch eine Kapelle errichten. Papst Paul II. weihte sie 1456 zum Dom. Kurfürst Joachim II. wünschte sich etwas Repräsentativeres für seine Andachten und konfiszierte kurzerhand das Dominikanerkloster. Die Mönche mussten weichen, und das Kloster wurde aufwändig umgestaltet. Zur Regierungszeit Friedrich des Großen war der Back­steinbau marode und wurde abgerissen. Der Alte Fritz zeichnete persönlich den Grundriss für einen Dom im Stil des Barock. Sein Haus- und Hofbaumeister Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und der Niederländer Johann Boumann wurden mit der Realisierung beauftragt. Der Neubau von 66 Metern Länge war kaum eingeweiht, da erwies er sich schon als zu klein. Abermals rückten Bauarbeiter an, dieses Mal unter der Leitung von Karl Friedrich Schinkel. König Friedrich Wilhelm IV. fand den Schinkeldom zu „popelig“ für die aufstrebende Weltstadt Berlin, aber er konnte nicht einfach einen Neubau befehlen wie seine Vorgänger. Er brauchte die Zustimmung des Abgeordnetenhauses, das nun über Preußens Staatsausgaben entschied. Die wurde ihm aber aus Kostengründen verweigert. Erst Wilhelm II. verwirklichte die Pläne, die lange auf Eis gelegen hatten. Der Schinkeldom wurde abgerissen, und Julius Raschdorff, Professor an der Technischen Hochschule in Berlin, übernahm die Planung für das große Werk. In der Gruft, dem „Campo Santo“, sollte das Geschlecht der Hohenzollern seine Ruhestatt finden. 

Bei den Bombenangriffen auf Berlin 1944 wurde die größte evangelische Kirche Deutschlands nicht verschont. Nur zu gern hätte die SED die Ruine gegenüber dem Palast der Republik sprengen lassen, doch die Detonation hätte die Fundamente der Gebäude auf der Museumsinsel gefährdet. Sehr zum Ärger der DDR-Oberen fand der zerstörte Dom der Hohenzollern bei ausländischen Besuchern mehr Interesse als der Platten-Palast der Arbeiter und Bauern. Die Vorschläge, was mit dem Dom geschehen solle, reichten vom Konzertsaal bis zum Schwimmbad. Derweil tropften Schnee und Regen durch das offene Dach und verursachten weitere Schäden. 1975 hing die Wirtschaft der DDR bereits am Tropf der Bundesrepublik. Das machte Erich Honecker in Sachen Dom gesprächsbereit. Es durfte restauriert werden, wenn der Westen bezahlte. Die evangelische Kirche stellte einen Dombaumeister ein, der den Wiederaufbau überwachen sollte. In Zeitungsinterviews berichtete Rüdiger Hoth von dem Kampf, den er mit dem Denkmalpflegeamt Ost-Berlins führte. Die Denkmalpflege als Sprachrohr der SED vertrat die Auffassung, „vordergründige ideologische Details können entfernt werden“. Darunter verstanden sie christliche Symbole und alles, was an die Hohenzollern-Dynastie erinnerte. Dazu gehörte auch die später angebaute Denkmalskapelle an der Nordseite, die den Hohenzollern gewidmet war. Sie war im Krieg unzerstört geblieben, wurde aber nun auf Anordnung der SED abgerissen. Auch die Kaiserliche Unterfahrt im Süden konnte Hoth nicht retten. Es gelang aber, die Rekonstruktion weitgehend nach den Originalentwürfen Raschdorffs vorzunehmen. Am 6. Juni 1993 wurde das Gotteshaus mit einem Festgottesdienst wieder eröffnet. 

Die Nachwelt gibt dem Kaiser recht. Der Dom mit seiner Kuppel, von der aus Besucher einen wunderbaren Rundblick über Berlin haben, gehört heute zu den meistbesuchten touristischen Attraktionen. Im Untergeschoss taucht man ein in 500 Jahre deutsche Geschichte. Mit einer Größe von 2000 Quadratmetern und der Vielzahl der Särge zählt die Gruft zu den bedeutendsten dynastischen Grablegen Europas. 94 Mitglieder aus dem brandenburgisch-preußischen Geschlecht ruhen hier. Einige allerdings gingen bei der Umbettung in den von Friedrich dem Großen in Auftrag gegebenen Dom schlicht verloren. 

Im diffusen Licht sind bekannte und eher unbekannte Persönlichkeiten versammelt: König Fried­rich I. (1657–1713) mit seiner zweiten Gemahlin Sophie Charlotte, Elisabeth Christine (1715–1797), die ungeliebte Gemahlin von Fried­rich II., zahlreiche Prinzessinnen und Prinzen sowie auch die totgeborene Tochter von Prinz Albert (1915) in ihrem kleinen Kindersarg. Die Hohenzollern-Gruft soll in den kommenden Jahren restauriert und würdevoller gestaltet werden. 17,3 Millionen Euro sind dafür veranschlagt.