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25.05.18 / Museumsschätze / Aus dem Ostpreußischen Landesmuseum: Heinrich Wolff: Selbstbildnis – Carl Wilhelm Hübner: Die Auswanderer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-18 vom 25. Mai 2018

Museumsschätze
Aus dem Ostpreußischen Landesmuseum: Heinrich Wolff: Selbstbildnis – Carl Wilhelm Hübner: Die Auswanderer

Das Ostpreußische Landesmuseum ist das einzige Museum in Deutschland, das die reiche Kultur und Geschichte der ehemaligen deutschen Provinz Ostpreußen in Gänze thematisiert.

Aufgabe des Museums ist die Bewahrung und Erforschung der Geschichte und Kultur Ostpreußens sowie die museumsgemäße Darstellung seiner vielgestaltigen Jahrhunderte währenden Realität. Zukünftig werden wir in einer eigenen Abteilung auch die Kulturgeschichte der sogenannten Deutschbalten thematisieren, welche als deutschsprachige Minderheit im heutigen Estland und Lettland lebten. Der genaue Auftrag ergibt sich auf Grundlage des Paragrafen 96 des Bundesvertriebenengesetzes und der Satzung der Ostpreußischen Kulturstiftung.

Die museale Arbeit geschieht in Zusammenarbeit mit polnischen, russischen und litauischen Museen und Kulturinstitutionen, die heute im ehemaligen Ostpreußen tätig sind sowie entsprechenden Partnern in Estland und Lettland für die deutschbaltische Abteilung.

Die Dauerausstellung des Museums wird erweitert und ist daher derzeit geschlossen. Die Wiedereröffnung erfolgt am 26. August 2018. Bis dahin werden in der PAZ besondere Objekte aus dem Bestand des Museums vorgestellt.


Heinrich Wolff: Selbstbildnis, Radierung um 1910

Der 1875 in Schlesien geborene Grafiker Heinrich Wolff hatte seine gründliche künstlerische Ausbildung 1891 an der Breslauer Kunstschule begonnen, an den Kunstakademien in Berlin und München fortgesetzt. 1900 gründete er eine private Schule für Grafik in München. 1902 berief der Direktor der Königsberger Kunstakademie, Ludwig Dettmann, Heinrich Wolff als Lehrer für freie Grafik. Unter ihm erlange die künstlerische Grafik in Königsberg hohes Ansehen. Sein 33 Jahre währende Akademietätigkeit prägte die ostpreußische Kunst der Zeit mit. Wolffs Arbeiten wirken durch ihre malerische Darstellungsweise der Landschaften, Stadtansichten als auch in den vielen Bildnissen. 

Als Portraitist erlange Wolff so viel Anerkennung, dass ihm die medizinische Fakultät der Universität Königsberg dafür den Doktor h.c., ehrenhalber, verlieh. Nach seiner Pensionierung 1935 kehrte Wolff nach München zurück, wo er 1940 verstarb. Er gehört bis heute zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Lehrerschaft an der einstigen Königsberger Kunstakademie. Das Selbstbildnis wird in der neuen Dauerausstellung in der Grafikabteilung zu sehen sein.


Carl-Wilhelm Hübner: Die Auswanderer, 1862

Eine ärmliche, sichtlich besorgte Bauernfamilie zahlt zwei wenig vertrauenserweckenden Matrosen Geld für eine Überfahrt; anhand der im Hintergrund erkennbaren Karte soll es offensichtlich nach Amerika gehen, zumal auf der Transportkiste „Neu York“ steht.

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wanderten viele Ostpreußen aus: Gerade im 19. Jahrhundert ging die Reise vor allem nach  Amerika in das „verheißene Land“ – ohne König, ohne Militärdienst und mit nahezu freier Religionswahl, die auch Mennoniten, Baptisten oder sonstige kleinere Religionsgemeinschaften Freiräume bot, die im alten Europa und auch im eher toleranten Preußen vielfach verweigert wurden. 

Später zog das Ruhrgebiet Auswanderungswillige an, wo das Los der Industriearbeiter zwar hart und mühsam war, aber doch leichter Arbeit zu finden war, die zudem deutlich besser bezahlt war als auf den ostpreußischen Gütern. Gelsenkirchen etwa entwickelt sich zu einem Zentrum polnisch sprechender, evangelischer Masuren.

Diese Auswanderungswelle hatte mehrere Ursachen. Neben einem hohen Geburtenüberschuss war ein Auslöser die preußischen Agrarreformen, die 1807 mit dem berühmten, in Memel erlassenen Oktoberedikt begannen. Sie befreiten die Bauern und Gutsbewohner vom mittelalterlichen Feudalwesen mit seinen persönlichen Abhängigkeiten und Dienstpflichten aus der verhassten Leibeigenschaft. Man sprach daher auch von Bauernbefreiung, aber die Wirkungen waren zwiespältig. Endlich war freie Orts- und Berufswahl erlaubt, und auch das Heiraten nunmehr ohne Erlaubnis möglich, was vermehrt Ehen in den ländlichen Unterschichten nach sich zog, für deren oft reiche Kinderschar eine Kleinsthofstelle nicht auskömmlich war. 

Zudem musste für die Ablösung der alten Pflichten wie Fron-, Gespann- und Gesindedienste der Gutsherr entschädigt werden, was bei den Kleinbauern mangels Barvermögen meist mit Land erfolgte. Viele Hofstellen schrumpften dabei so stark, dass sie verkauft werden mussten – aus Bauern wurden Tagelöhner. Auch entfielen nun die Schutzpflichten des Gutsherrn für seine Bauern, etwa bei Missernten, Seuchen, Blitzschlag oder Krankheit. 

Mit den Reformen wurde der Bauer ein selbständiger Unternehmer auf eigenes Risiko, was vom liberalen ost- und westpreußischen Oberpräsidenten Theodor von Schön durchaus gewollt war. Fallende Getreidepreise führten dann aber rasch zum Zwangsverkauf des Hofes. Die Armut der Unterschichten wurde verschärft durch die Mechanisierung, denn sie verdrängte ländliches Nebengewerbe wie die Leinenweberei, die ihren Beitrag zum Gesamteinkommen kleinbäuerlicher Schichten beitrug und reduzierte den ganzjährigen Personalbedarf der Güter, was zur saisonalen Wanderarbeit führte.

Die Arbeitslosigkeit und Armut waren hoch – Auswanderung schien für viele die einzige Perspektive. Der Verlust der ländlichen Bevölkerung blieb über Jahrzehnte hoch, Ostpreußen ein im Vergleich zum übrigen Deutschland äußerst dünn besiedeltes Land.

Der 1814 in Königsberg geborene und dort noch ausgebildete Hübner war seinerzeit ein anerkannter Genremaler. 1838 ging Hübner an die Düsseldorfer Akademie und wurde dort Gründer des „Vereins Düsseldorfer Künstler“. Ein vielbeachtetes Gemälde stellte auch die Not der schlesischen Weber dar. Hübner, gestorben 1879, war bekannt für seinen realistischen, wenig idealisierenden Stil.OL

Ostpreußisches Landesmuseum in Lüneburg, Heiligengeiststraße 38, 21335 Lüneburg, Tel. +49 (0) 4131 75995-0, Fax +49 (0) 4131 75995-11, Email: info@ol-lg.de, die Sonderausstellungen und das Brauereimuseum sind über das neue Eingangsfoyer in der Heiligengeistraße 38 zugänglich, eingeschränkte Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 12.00 bis 17.00 Uhr.