26.04.2024

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01.06.18 / Widerspruch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-18 vom 01. Juni 2018

Widerspruch
Eberhard Hamer

Der Unterschied zwischen einem Personalunternehmen und einer Kapitalgesellschaft liegt darin, dass der Inhaberunternehmer immer totale Haftung für sein Unternehmen trägt, der Eigentümer einer Kapitalgesellschaft aber nur begrenzte (GmbH) oder keine (AG) Haftung für „sein“ Unternehmen hat. In dieser Haftungsbegrenzung beziehungsweise dem Haftungsausschluss lag große Attraktivität der Kapitalgesellschaften gegenüber den Personalunternehmen. In der Haftungsbegrenzung liegt auch der Hauptunterschied zwischen einem Unternehmer und einem Manager. Letzterer ist – selbst in Spitzenpositionen – nur Angestellter seines Unternehmens und haftet deshalb für sein unternehmerisches Handeln nur begrenzt „für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ oder eben „für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit“ im Dienst.

So entstand das Missverhältnis, dass sich die Gehälter der Spitzenpositionen in die Millionen oder zig-Millionen entwickelten, die im internationalen Management aber höhere persönliche Haftung der Manager in Deutschland zurückblieb. Immer wieder wurden die Fehler des Managements von den Unternehmen korrigiert, ohne die Manager dafür in Haftung zu nehmen. Und selbst bei den meisten Firmenkonkursen konnten bisher die Manager persönlich nicht herangezogen werden, weil ihnen Vorsatz ohnehin nicht und grobe Fahrlässigkeit nur selten nachzuweisen war.

In dieser Situation hat die US-Winterkorn-Anklage wie eine Bombe eingeschlagen. VW hat bisher mehr als 25 Milliarden Dollar Strafen und Bußen für Fehler zahlen müssen, welche nicht Mitarbeiter, sondern das Management ausgeheckt, durchgeführt und zu vertreten hatte. Dieses Management ist trotzdem zumeist entlastet und fürstlich bezahlt worden. Man mag darüber streiten, ob die Begründung des US-Richters von „Verschwörung“ und angeblicher Fluchtgefahr sachgerecht oder nur durch die Politik vorgegeben war. Tatsache ist nun aber, dass jeder Manager auch mit willkürlichen Begründungen von der US-amerikanischen Justiz wegen Managementfehlern bestraft und in Haftung genommen werden kann. Das Leben der Manager ist schlagartig risikovoller geworden. Sie sind nicht mehr ohne oder mit nur begrenzter Haftung, sondern sie haben zumindest in den USA für Fehler der Firma persönlich zu haften.

Es ist ein Widerspruch, dass Spitzenmanager mit Supergehältern für ihre Fehler nicht persönlich haften sollen, während jeder Mittel- und Kleinunternehmer für alle Fehler seines Unternehmens totale und sogar noch die längste Haftung unseres Haftungsrechts hat, sogar ohne jedes persönliches Verschulden für Erfüllung der Aufträge haftet – und das auch mit seinem Privatvermögen. Der eine verdient Spitze ohne Haftung, der andere wenig mit Überhaftung.

Das könnte sich durch den Winterkorn-Fall nun korrigieren. Nicht nur für Spitzenmanager, sondern auch für das Mittelmanangement – je nach eigenem Anteil an den Fehlern. Entsprechend groß ist die Unruhe unter den deutschen Managern über die Anklage gegen Winterkorn und die Sorge vor dem in den USA zu erwartenden Urteil. Dass diese Urteile Teile des US-amerikanischen Handelskrieges gegen Europa nicht ohne politischen Bezug getroffen werden, spielt hierbei eine geringere Rolle als dass für das Management eine neue internationale Haftungsebene und ein neues Risiko begründet wurde.