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01.06.18 / Königin Luises von Preußen halbe Nachfolgerin / Nach dem Tode seiner geliebten ersten Frau ging Friedrich Wilhelm III. mit Auguste von Harrach eine zweite, morganatische Ehe ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-18 vom 01. Juni 2018

Königin Luises von Preußen halbe Nachfolgerin
Nach dem Tode seiner geliebten ersten Frau ging Friedrich Wilhelm III. mit Auguste von Harrach eine zweite, morganatische Ehe ein
Sibylle Luise Binder

Wohl nur die wenigsten dürften wissen, dass König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und der Feldherr Albrecht von Wallenstein über ihre Ehefrauen verwandt waren. Die eine war Isabella von Harrach, Tochter des österreichischen Ministers Reichsgraf Karl von Harrach. Sie wurde Wallensteins zweite Frau und Fürstin von Friedland. Die andere war Auguste Gräfin von Harrach, die 1800 in Dresden geboren wurde und einem eher armen Zweig der Harrachs entstammte. Sie wurde Friedrich Wilhelms zweite Frau und Fürstin von Liegnitz.

 „Eine Königin darf es nicht sein, eine Luise bekomme ich nicht wieder“, hatte der Preußenkönig nach dem frühen Tode seiner geliebten  ersten Frau entschieden. Dementsprechend behandelte er seine zweite Ehe als absolute Privatangelegenheit. 

Das begann schon bei der Verlobung und ging so weiter, weswegen der deutsche Chronist, Erzähler, Biograf, Tagebuchschreiber und Diplomat Karl August Varnhagen von Ense berichtete: „Unser König hat sich vorgestern verheiratet. Wie ein Donnerschlag traf die Nachricht unter die Leute. Die meisten verweigerten ihr allen Glauben.“

Es hatte alles damit begonnen, dass Friedrich Wilhelm ein Dutzend Jahre nach dem Tode seiner Ehefrau von seinem Arzt zur Kur geschickt worden, um dort Mineralwasser zu trinken, spazieren zu gehen, nette Leute zu treffen, zu entspannen. Die Wahl fiel auf Teplitz, einen Kurort in Böhmen. 

Entgegen seinem Image war der wortkarge Preuße kein Kind von Traurigkeit. Er ging sehr gerne ins Theater, flirtete – wenn auch eher väterlich – gerne einmal mit einer hübschen Schauspielerin und tanzte sogar gerne, wenn auch nur Polonaise. Dabei sah er immer noch gut aus: hochgewachsen, schlank, blond mit grauen Schläfen, preußisch-blaue Augen, immer gut angezogen – ein distinguierter, älterer Herr.

Zur selben Zeit wie er war auch die Gräfin Auguste von Harrach in Teplitz. Die beiden begegneten sich und stellten fest, dass sie trotz des Altersunterschieds von drei Jahrzehnten einiges gemeinsam hatten. Auguste ritt gut und gerne. Der König war ebenfalls ein Pferdemann. Außerdem war er, wie viele Hohenzollern, ein ordentlicher Musiker und hat sogar ein paar Militärmärsche komponiert. Auguste wiederum spielte sehr „gefällig“, wie es hieß, Klavier. Obendrauf war sie bescheiden, aber nicht dumm; sie war belesen und sehr häuslich. Friedrich Wilhelm III. fühlte sich wohl mit ihr – und mehr wollte er nicht. 

Allerdings standen einer Verbindung zwei Hindernisse im Weg. Zum einen war Auguste nicht ebenbürtig. Die Harrachs waren zwar seit 1627 reichsgräflichen Standes, aber kein regierendes Haus gewesen, was laut dem Hausgesetz der Hohenzollern eine Ehe ausschloss. Ebenso hatte die Gemahlin eines Hohenzollern Protestantin zu sein – und Auguste war katholisch.

Doch die Hindernisse erwiesen sich letztlich als überwindlich. Fried­rich Wilhelms ältester Sohn hatte gerade mit Elisabeth Ludovika von Bayern eine katholische Prinzessin geheiratet, nachdem diese versprochen hatte,  Unterricht in den protestantischen Glaubenslehren zu nehmen und überdies Zurückhaltung im Praktizieren des Katholizismus zu üben. Bei Auguste wurde Vergleichbares geplant, und was die Ebenbürtigkeit anging – Friedrich Wilhelm wollte ja gar keine neue Königin, und Auguste begnügten sich mit einer sogenannten morganatischen Ehe, die ihr weniger Rechte einräumte.

Also nahm Friedrich Wilhelm über einen Vertrauten Kontakt mit Augustes Vater auf. Nach einigem Hin und Her schrieb er am 11. Oktober 1824 einen ebenso ehrlichen wie rührenden Brief an die junge Frau. Er trug ihr – unter Hinweis auf pflegende Orden und barmherzige Schwestern – eine Position als seine Pflegerin an. Allein sei er, nachdem seine älteren Töchter in fremde Länder geheiratet hatten und die Jüngste ihnen bald folgen würde. Er stehe dann einsam, verlassen und „ohne allen weiblichen Umgang“ da. „Und dennoch sehnt sich mein Herz nach diesem. Aber nur unter der Firma einer rechtmäßigen Gemahlin wird dieser möglich. Ich sage: Unter der Firma, denn mein Herz sucht in diesem nicht das, was die Jugend sucht. Nur eine treue Freundin sucht es zur Lebensgefährtin, um mit ihr ein freundliches, stilles, ruhiges und einträchtiges Leben zu führen.“

Aus heutiger Sicht kann man sich kaum vorstellen, dass eine 24-Jährige sich über einen solchen Antrag freut. Und tatsächlich wurde „die kleine Harrach“ schon zu Lebzeiten bedauert. Aber sie sah das Angebot des Königs wohl als eine Chance. Er war freundlich und galant, er bot ihr Sicherheit und sozialen Aufstieg.

Und so total platonisch war das Verhältnis dann wohl doch nicht. Friedrich Wilhelm stellte es zwar nach außen immer so dar, aber im Ehevertrag ist die Versorgung eventueller Kinder besprochen. 

Mit der Heirat am 9. November 1824 gab es eine Standeserhöhung für die Braut. Der König erhob sie zur Fürstin von Liegnitz und Gräfin von Hohenzollern. Öffentlich trat sie aber kaum in Erscheinung und wenn, dann rangierte sie protokollarisch hinter dem jüngsten Preußenprinzen. 

Innerhalb der Familie gewann sie die Herzen durch ihre Liebenswürdigkeit und Bescheidenheit. Friedrich Wilhelms Töchter zickten manchmal ein bisschen, aber die Söhne mochten die junge Stiefmutter. Kronprinz Friedrich Wilhelm nannte sie liebevoll „Stiefmütterchen“ und schenkte ihr immer wieder Dinge, die mit diesen Blümchen dekoriert waren. Die Enkel liebten die Stiefgroßmutter heiß und innig – der spätere Friedrich III. besuchte sie auch als Erwachsener noch häufig.

Und mit ihrem König lebte sie harmonisch entweder im Prinzessinnenpalais am Boulevard Unter den Linden 5 im Berliner Ortsteil Mitte oder in Charlottenburg. Manchmal fuhren sie auch zu seinem Landhaus Paretz. Und als der König zu kränkeln begann, pflegte sie ihn liebevoll.

Ob sie dabei glücklich war? Man weiß es nicht. Sie hat nie geklagt, sie hat nie zu verstehen gegeben, dass sie sich nicht wohl fühle, und sie sprach auch nach seinem Tod von ihrem Mann immer mit Respekt. Sie war dann viel auf Reisen, leistete sich sogar eine Villa im Süden und starb schließlich am 5. Juni 1873 bei einem Besuch in Bad Homburg. Von dort aus wurde sie nach Potsdam überführt und im Mausoleum der Hohenzollern beigesetzt. Ihr König liegt dort neben seiner ersten Frau, doch immerhin erinnert eine Büste im Vorraum an Auguste Fürstin von Liegnitz, geborene Gräfin von Harrach.