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08.06.18 / »Dieselantrieb unverzichtbar« / Automobilhersteller halten am Selbstzünder fest – Zukunft des Steuerprivilegs offen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-18 vom 08. Juni 2018

»Dieselantrieb unverzichtbar«
Automobilhersteller halten am Selbstzünder fest – Zukunft des Steuerprivilegs offen
Jan Heitmann

Viele halten den Dieselmotor als Antrieb für Kraftfahrzeuge angesichts von Umweltnachteilen und Manipulations- skandalen für tot. Anders dagegen die Automobilindustrie, welche die Hauptschuld an dem Desaster um den Selbszünder trägt. Sie hält Fahrzeuge mit Dieselantrieb zur Erreichung der Klimaziele für unverzichtbar. „Der Dieselmotor leis-tet einen wesentlichen Beitrag, um die ehrgeizigen EU-Flottengrenzwerte für den Ausstoß von Kohlendioxid einzuhalten“, erklärte Kurt-Christian Scheel vom Verband der Automobilindustrie (VDA) in einem öffentlichen Fachgespräch des Bundestags-Finanzausschusses.

Die Hersteller wiesen zudem darauf hin, dass es sich beim niedrigeren Steuersatz für Diesel im Vergleich zu Ottokraftstoff nicht um eine Steuersubvention handele, wie von den Grünen und den Umweltverbänden behauptet. Diese fordern, die Energiebesteuerung grundsätzlich am Ziel der Dekarbonisierung, also der Senkung des Kohlendioxidausstoßes, auszurichten. Dazu solle die Regierung einen Gesetzentwurf für den schrittweisen Abbau der Energiesteuervergünstigung von Dieselkraftstoff bei gleichzeitiger Anpassung der Kraftfahrzeugsteuern vorlegen.

Es existiere kein einheitlicher Steuersatz für Kraftstoffe, so Karoline Kampermann vom VDA. Zudem sehe auch die Energiesteuerrichtlinie der EU keinen Mindeststeuersatz für Dieselkraftstoff vor. Der Wirtschaftsjurist Alexander von Wrese erklärte, die Käufer hätten sich für ein Dieselfahrzeug entschieden, „weil diese Technologie zum Zeitpunkt des Kaufes in dem Ruf stand, besonders sparsam und damit umweltschonend zu sein“. Eine sukzessive Erhöhung der Steuer auf Diesel stelle einen Vertrauensbruch für die Dieselfahrer dar. Nach Ansicht des Anwalts droht ein drastischer Wertverlust der Fahrzeuge bei einer Steuererhöhung. Der Volkswirtschaftler Michael Bräuninger lehnte den Begriff Subvention im Zusammenhang mit der Dieselbesteuerung ab. In fast allen EU-Ländern liege der Steuersatz für Diesel unter dem von Ottokraftstoff. Selbst wenn die unterschiedliche Steuerstruktur zu Mindereinnahmen beim Staat führe, handele es sich nicht um eine Subvention, sondern um eine Begrenzung der Steuerlast für Bürger und Unternehmen. Die Begrenzung der Steuerlast sei sinnvoll, weil Unternehmen und Personen, die größere Strecken zurücklegen müssten, besonders von der Steuer betroffen seien. Sollten Diesel- durch Benzinfahrzeuge ersetzt werden, drohe eine Zunahme des Kohlendioxid-Ausstoßes um rund 600000 Tonnen.

Alexander Möller vom ADAC erklärte, für eine Dekarbonisierung des Straßenverkehrs sei eine „Antriebswende“ erforderlich. Dazu seien ein attraktives Angebot von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, der Ausbau der Versorgung mit nicht-fossiler Energie sowie die Akzeptanz der Nutzer notwendig. Dem niedrigeren Steuersatz für Diesel stehe zum Ausgleich ein hoher Zuschlag bei der Kraftfahrzeugsteuer gegenüber. Der müsse bei einer möglichen Anpassung der Energiesteuer abgesenkt werden. Handlungsbedarf sah Möller erst dann, wenn klar sei, welche Form von Mobilität in Zukunft gewollt sei. 

Erwartungsgemäß widersprachen die Vertreter der Umweltverbände ihren Vorrednern. Vor dem Hintergrund der Luftreinhaltung, des Klimaschutzes und jährlich rund 6000 vorzeitiger Todesfälle durch die „NO2-Hintergrundbelas-tung“ sei die Beendigung der geltenden steuerlichen Bevorzugung von Dieselkraftstoff gegenüber Benzin mehr als überfällig. Der Dieselantrieb sei nicht erforderlich, um die Klimaschutzziele im Verkehrssektor einzuhalten. Durch ein Ende der Dieselsubvention könnten die Emissionen des Straßenverkehrs binnen fünf Jahren um neun Prozent sinken. Der Abbau der Subvention stelle einen zurückhaltenden Eingriff dar und sei Fahrverboten vorzuziehen.

(siehe auch Seite 4)