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08.06.18 / Ex-Foltergefängnis- wird CIA-Chefin / Gina Haspel leitete ab 2002 ein »Black Site« des US-Auslandsgeheimdienstes in Thailand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-18 vom 08. Juni 2018

Ex-Foltergefängnis- wird CIA-Chefin
Gina Haspel leitete ab 2002 ein »Black Site« des US-Auslandsgeheimdienstes in Thailand
Florian Stumfall

Gina Haspel ist zur Direktorin der CIA ernannt worden. Dem ging eine offenbar schnurgerade Karriere im US-Auslandsgeheimdienst voraus. Einzelheiten darüber sind erst bekannt ab dem Jahre 2002, als die 1956 in Ashland, Kentucky, geborene US-Amerikanerin ein sogenanntes Black Site (schwarze Anlage) der CIA in Thailand übernahm. 

„Black Site“ ist ein interner Begriff für die offiziell nicht bestehenden Foltergefängnisse der CIA, die im Ausland liegen. Man findet sie in Thailand, aber auch auf einem Britischen Überseegebiet wie der Insel Diego Garcia im Indischen Ozean. Das nach der Landfläche größte Atoll des Chagos-Archipels, des letzten verbliebenen Teils des Britischen Territoriums im Indischen Ozean, beherbergte über viele Jahre ein Black Site. Andere waren in Polen. Im Irak ist Abu Ghreib zu unwillkommener Popularität gelangt. Auf der Militärbasis der United States Army nahe Ferizaj im Kosovo Camp Bondsteel befindet sich neben dem Hauptquartier des US-amerikanischen Kontingents der KFOR (Kosovo Force) auch ein Black Site, gut bewacht von der deutschen Bundeswehr (siehe PAZ Nr. 51/52 vom 22. Dezember 2017). 

Die Existenz derartiger Foltergefängnisse ist nicht nur unbestreitbar, sondern auch unbestritten. Je nach Bedarf wird mal ein vorhandenes geschlossen oder ein neues eingerichtet. Waterboarding wurde in einem CIA-Folterbericht zwar eingeräumt, wird aber gegenwärtig angeblich nicht mehr betrieben. Vor drei Jahren hat der Geheimdienstausschuss des US-Senats das systematische Folter-Regime der CIA bestätigt. Der Geheimdienst hat eine Liste von Foltermethoden aufgestellt, die er angeblich abgeschafft hat. Was ihm seitens seiner Regierung noch erlaubt ist, hat er nicht bekanntgegeben. 

In diesem Milieu also hat sich Haspel hervorgetan. Sie hat Menschen in der Ägide des republikanischen Präsidenten George W. Bush und dessen demokratischen Amtsnachfolgers Barack Obama nicht nur foltern, sondern auch dauerhaft verschwinden lassen. Das ist die eine Seite. Die andere ist, dass die offizielle Politik Wa­­-

shingtons das honoriert und Has­pel zur wichtigsten Geheimdienst-Chefin der USA macht. 

Paul Graig Roberts, Publizist, Ökonom und unter dem Präsidenten Ronald Reagan Vize-Finanzminister der USA, stellt angesichts dieser Personalentscheidung, die mit der Mehrheit beider Kongressparteien und beider Kammern gefallen ist, folgende beiden Fragen: „Wie wurde eine Person, die sowohl in den USA als auch vor dem Internationalen Strafgerichtshof wegen der Führung eines Foltergefängnisses auf der Anklagebank sitzen sollte, zur Direktorin der US Central Intelligence Agency bestimmt?“ und „Was bedeutet das ganze Washingtoner Gerede über die Verteidigung der Menschenrechte, wenn eine Folterin mit geheimen Operationen beauftragt wird?“

Üble Erfahrungen mit dem Stellen unangenehmer Fragen musste Ray McGovern machen. Der heute 79-Jährige war 27 Jahre lang hochrangiger Mitarbeiter der CIA, über lange Zeit als Analytiker der Politik der Sowjetunion. Er war regelmäßiger Berichterstatter beim US-Präsidenten und hatte diesen täglich zu unterrichten. Präsident Bush zeichnete ihn mit der Intelligence Commendation Medal aus, die McGovern aus Protest gegen die CIA-Folterungen im Irak zurückgab. Seit 1990 ist er im Ruhestand, aber deswegen keineswegs untätig.

Während der Anhörung des US-Senats zur Bestallung Haspels als CIA-Direktorin brachte McGovern seine Bedenken vor und verwies vor allem auf das Foltercamp, das Haspel in Thailand geführt hatte. Daraufhin wurde McGovern von mehreren Polizisten aus dem Raum gezerrt und misshandelt. Sie warfen ihn auf den Boden und knieten sich auf ihn, um ihn zu prügeln. Schließlich musste er sich mit ausgerenkter Schulter in ärztliche Behandlung begeben. 

Aus den russischen Weiten meldete sich zum Fall Haspel auch der kundige Edward Snowden zu Wort. Er nahm den Tweed des Präsidenten Donald Trump zum Anlass, mit dem dieser Haspel zur Ernennung gratuliert hatte, und schrieb seinerseits: „Gina Haspel hat an dem Folterprogramm teilgenommen, bei dem einer unschuldigen schwangeren Frau in den Bauch geschlagen, ein Mann mit von ihm abgelehnten Mahlzeiten anal vergewaltigt und ein gefesselter Gefangener so lange großer Kälte ausgesetzt wurde, bis er tot war. Sie hat persönlich den Befehl gegeben, 92 Bänder mit CIA-Folter zu zerstören.“

Haspel selbst hat es gelernt, mit ihrer Vergangenheit virtuos umzugehen. Bei ihrer Anhörung vor dem Senat beteuerte sie treuherzig, sie würde bei der „Firma“ nie wieder brutale Verhörmethoden einführen. Sie würde als neue Direktorin in der CIA keine Handlungen erlauben, die unmoralisch seien, selbst wenn diese dann wieder legal wären. „Ich glaube“, so die Kandidatin, „die CIA muss ihre Aktivitäten im Einklang mit den amerikanischen Werten durchführen.“ Die USA folgten jetzt einem höheren „moralischen Standard.“

Zumindest dem Standard ihres Präsidenten dürfte Haspel entsprechen können. Trump hatte im Wahlkampf versprochen, das Waterboarding wieder einzuführen. Außerdem kündigte er darüber hinaus noch „höllisch schlimme“ Foltermethoden an. Diese Absicht mag ihn auch bewogen haben, Haspel als Kandidatin für den Posten des CIA-Direktors auszusuchen. So wird sie auch eine Strafanzeige des Europäischen Zentrums für Verfassung und Menschenrechte nicht berühren, in der es heißt, es habe sich ein „dringender Tatverdacht gegen sie erhärtet“.