18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.06.18 / Kampfansage / Neuer Luftwaffenchef geht Mangelwirtschaft an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-18 vom 08. Juni 2018

Kampfansage
Neuer Luftwaffenchef geht Mangelwirtschaft an
Jan Heitmann

Panne mit Symbolkraft: Eigentlich sollte zum Abschluss der Übergabe der Amtsgeschäfte des Inspekteurs der Luftwaffe von Generalleutnant Karl Müllner an Generalleutnant Ingo Gerhartz eine Formation aus vier Eurofightern und vier Tornados einen Überflug machen, doch dann kamen nur sechs Maschinen. Zwei Tornados hatten umkehren müssen. Wegen des Wetters, wie es offiziell hieß.

Wenn auch nicht im meteorologischen Sinne, so warfen doch dunkle Wolken einen Schatten auf die Zeremonie am Dienstag vergangener Woche in Berlin-Gatow. Eigentlich hätte der 62-jährige Müllner noch drei Jahre im Dienst bleiben können, und das hätte er auch gern getan. Doch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen wollte den fachlich anerkannten und beliebten Inspekteur loswerden. Der hatte sich nämlich kürzlich in der Diskussion um ein Nachfolgemuster für die alternden Tornados für die Anschaffung des Hightech-Flugzeugs F-35 des US-Rüstungskonzerns Lockheed ausgesprochen, da nur dieses über die erforderlichen Fähigkeiten verfüge. Damit hatte sich der Luftwaffenchef in einer zentralen Rüstungsfrage gegen seine Dienstherrin gestellt, die unbedingt das für dessen Aufgaben weniger geeignete Mehrzweckflugzeug Eurofighter auch als Nachfolger des Tornado haben will. Für Müllner bedeutete das den vorzeitigen Ruhestand.

Darauf ging der scheidende Inspekteur in seiner Abschiedsrede nur andeutungsweise ein: „Das Gute ist, dass ich das, was ich denke und für richtig halte, immer laut ausgesprochen habe. Somit dürfte es keine Zweifel geben, warum und wofür ich aus Überzeugung stand und stehe.“

Dafür wurde sein Nachfolger umso deutlicher, was angesichts des gerade erfolgten Karrieresprungs und der nicht geringen Restdienstzeit Gerhatz’ nicht selbstverständlich ist. In den Ohren der Verteidigungsministerin mag es schon fast wie eine Kampfansage geklungen haben, als er auf die Mangelwirtschaft in den Streitkräften einging: „Insbesondere bei der materiellen Einsatzbereitschaft werde ich sehr sehr tief einsteigen. Denn daran hängt einfach alles: Wenn unsere Flugzeuge und Hubschrauber nicht in die Luft kommen, unsere Flugabwehr nicht ‚ready to fight‘ ist, können wir unseren Auftrag nicht erfüllen! Oder, mit den Schlagzeilen der letzten Wochen ausgedrückt: Eurofighterpiloten, die aus Frust über zu wenige Flugstunden kündigen; Hubschrauberpiloten, die ihre Lizenzen verlieren; und nur eine Handvoll einsatzbereite Eurofighter – das kann und darf es nicht sein!“

Mit diesem Inspekteur wird von der Leyen es gewiss nicht leichter als mit seinem Vorgänger haben. Nun bleibt abzuwarten, ob Gerhatz sich mit seinen berechtigten Forderungen durchsetzen kann. Oder ob auch er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wird. Vielleicht ist es ihm bis dahin gelungen, wenigstens den Klarstand des fliegenden Geräts zu erhöhen. Damit bei seiner Verabschiedung dann auch tatsächlich eine protokollgerechte Formation aus acht Maschinen am Himmel erscheint.