26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.06.18 / Viel Verwirrung, wenig Nutzen / Erste Fahrverbote zeigen: Politik handelt, ohne betrogene Verbraucher zu schützen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-18 vom 08. Juni 2018

Viel Verwirrung, wenig Nutzen
Erste Fahrverbote zeigen: Politik handelt, ohne betrogene Verbraucher zu schützen
M. Rosenthal-Kappi

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge als rechtens einzustufen, wächst die Furcht bei Dieselbesitzern vor indirekter Enteignung. Verbraucherverbände wie der ADAC versuchen, der Verunsicherung entgegenzuwirken. 

Von Fahrverboten könnten alle Diesel-Pkw, die nicht die Schadstoffklasse 6 erfüllen, betroffen sein. Das wären laut ADAC von 15 Millionen in Deutschland zugelassenen Dieselfahrzeugen mehr als zwölf Millionen. Allerdings kann der Automobilklub auch gleich beruhigen: Fahrverbote sind laut Bundesverwaltungsgericht zwar ein zuverlässiges Mittel, um die Stickoxidwerte in der Luft zu verringern, aber es muss auch die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Das heißt, ein Fahrverbot darf erst verhängt werden, wenn alle anderen Maßnahmen zur Einhaltung der EU-Grenzwerte ausgeschöpft wurden. 

Erste Fahrverbote sind seit Kurzem auf zwei 0,6 und 1,7 Kilometer langen Abschnitten in Hamburg-Altona in Kraft, im September sollen weitere in Stuttgart folgen. Es zeigt sich aber jetzt schon, dass deren Einhaltung kaum zu überprüfen ist. Viele Dieselfahrer halten sich nicht daran, und die Polizei hat keine freien Kapazitäten für Kontrollen. 

Unbestritten ist, dass Stickstoffdioxid neben Feinstaub und Ozon zu den wesentlichen Luftschadstoffen zählt, die zu Atemnot, Kopf- und Herzschmerzen sowie zu Lungenschäden führen können. Dennoch sind sich alle einig, dass Fahrverbote auf Dauer keine Lösung sein können. Ausnahmeregelungen für Anwohner, Handwerker und Gewerbetreibende oder Schwerbehinderte in einer betroffenen Zone sorgen zudem für immensen Verwaltungsaufwand.

Ob die von der Politik subventionierte Elektromobilität wirklich umweltfreundlicher ist als der klassische Verbrennungsmotor, hat der ADAC unter Einbeziehung aller Kosten und Umweltbelastungen für verschiedene Fahrzeugkategorien untersucht. Diese Berechnung wurde mithilfe des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg durchgeführt. Sie geht von einer Gesamtlaufleistung eines Fahrzeugs von 150000 Kilometern aus. Dabei stellte sich heraus, dass bei Kleinwagen und in der unteren Mittelklasse Elektroautos selbst beim derzeitigen Strommix – der zu 70 Prozent aus Kohle- und Gaskraftwerken stammt, die einen hohen CO2-Ausstoß haben – die beste CO2-Bilanz aufweisen, wenn auch nur knapp vor den anderen Antriebsarten. In der Oberen Mittelklasse fährt der Diesel am umweltfreundlichsten.  

Sieger in der Kategorie Elektro waren der Kleinwagen BMW i3, Tesla Model X, bei den Dieseln Mazda2 und die E-Klasse von Mercedes. Käme der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien, wäre das Elektroauto im Vorteil. Es kann laut ADAC jedoch keine pauschale Aussage getroffen werden, welche Antriebsart die beste CO2-Bilanz hat. 

Statt sich um Planungssicherheit für den Bürger zu sorgen, streitet die Politik über die Einführung einer blauen Plakette für saubere Dieselfahrzeuge, womit Besitzer älterere Diesel ausgegrenzt würden. Während Grüne wie Cem Özdemir für die Einführung plädieren, lehnt Verkehrsminister Andreas Scheuer sie ab. Er setzt auf die Umrüstung von Stadtbussen, Müllfahrzeugen, Polizeiautos und Krankenwagen. Die Post wird beim Kauf elektrischer Postwagen unterstützt. Noch fehlt es jedoch bundesweit an einer ausreichenden Ladeinfrastruktur  (siehe PAZ 22, Seite 7.). 

Bis Ende 2018 müssten 5,3 Millionen Fahrzeuge mit Software-Updates ausgestattet sein, so Scheuer. Das bringe 25 bis 30 Prozent weniger Schadstoffbelastung.