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08.06.18 / Ohne klaren Sieger / Bei Parlamentswahl im Irak kam keine Liste über 18 Prozent

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-18 vom 08. Juni 2018

Ohne klaren Sieger
Bei Parlamentswahl im Irak kam keine Liste über 18 Prozent
Bodo Bost

Ungeachtet des derzeit weite Teile des Nahen und Mittleren Ostens beherrschenden Konfliktes zwischen Sunniten und Schiiten waren bei den irakischen Parlamentswahlen vom vergangenen Monat die größeren Wahlblöcke religiös gemischt und haben weitgehend auf konfessionelle Wahlsprüche verzichtet. Typisch hierfür ist der Wahlkampf des seit 2014 amtierende Ministerpräsidenten Haider al-Abadi. Der Schiit trat mit einer Liste namens Nasr (Sieg) an, deren Name sich auf den Sieg gegen den Islamischen Staat (IS) bezog, und versuchte, die Wähler konfessionsübergreifend anzusprechen. Als erster schiitischer Premier führte er auch in der sunnitischen Provinz Anbar und in Kurdistan persönlich Wahlkampf. 

Beinahe 7000 Kandidaten, davon 2000 Frauen, bewarben sich um die 329 Sitze im sogenannten Repräsentantenrat. Insgesamt 200 Parteien stellten sich der Wahl. Neun Parlamentssitze waren für Minderheiten reserviert, Christen, Jesiden, Shabak, Mandäer und Faili-Kurden. Erstmals gab es eine Frauenquote von 25 Prozent. 

Für die Experten überraschend wurde die Wahl nicht vom populären Premier, sondern von einer antiiranischen und einer antiamerikanischen Liste gewonnen. Der Schiitenführer Muktada al-Sadr, der nach seinem Wechsel ins saudische Lager, eine Wahlallianz mit der Kommunistischen Partei unter dem Namen „Sairun“ (Wir marschieren) eingegangen war, erhielt 54 Sitze im Parlament. An zweiter Stelle kam mit 47 Sitzen die Liste „Fath“ (Eroberung), eine Allianz von schiitischen, Iran-freundlichen Milizen unter Hadi al-Amiri. Al-Abadi, der mithilfe der USA den IS besiegt hatte, erreichte mit seiner Liste „Nasr“ nur den dritten Platz mit 42 Sitzen. 

Von einem Wahlsieger im engeren Wortsinne lässt sich nicht sprechen, denn keine Partei kam über mehr als 18 Prozent der Stimmen, kommt also auch nur annähernd an eine absolute Mehrheit heran, und dies bei einer schwachen Wahlbeteiligung von gerade einmal 44,5 Prozent. 

Mindestens 165 Sitze wären für eine absolute Mehrheit vonnöten. Dazu müssten sich mindestens drei Parteien oder Blöcke zusammenschließen. „Sairun“ und „Fath“ haben bezüglich des Iran konträre Ansichten und werden deshalb wohl nicht zueinander finden. So könnte Premier al-Abadi als Dritter entweder zum Königsmacher oder aber selbst wieder zum König werden. Die Popularität dazu hat er nach seinem Sieg über den IS. 

Wer den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen wird, ist noch unklar. Bei der ersten Parlamentssitzung könnten sich mehrere Listen zusammenschließen und so die größte Fraktion bilden, die gemäß der Verfassung mit der Regierungsbildung beauftragt werden muss. 

Auf ihrer konstituierenden Sitzung muss das neuen Parlament einen neuen Parlamentspräsidenten und einen neuen Staatspräsidenten wählen, der dann seinerseits den Regierungschef zu designieren hat. Die dafür vorgesehene Frist von 90 Tage wird wahrscheinlich nicht eingehalten werden können. 

Ab 2005 war der Staatspräsident stets ein Kurde gewesen. Seit  dem Tode des Kurden Dschalal Talabani im vergangenen Jahr ist das Land ohne Staatsoberhaupt. Der letzte Parlamentspräsident, ein Sunnit, hatte sein Amt schon vor Jahren zur Verfügung gestellt. Jetzt sieht es so aus, dass ein Sunnit Staatspräsident werden könnte und ein Kurde Parlamentspräsident.