24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.06.18 / Wie der Verfassungsschutz Parteien bekämpft / Spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges hat der Inlandsgeheimdienst vor allem Gruppierungen des rechten Spektrums im Visier

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-18 vom 08. Juni 2018

Wie der Verfassungsschutz Parteien bekämpft
Spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges hat der Inlandsgeheimdienst vor allem Gruppierungen des rechten Spektrums im Visier
Wolfgang Kaufmann

Seit ihrer Gründung haben das Bundesamt für Verfassungsschutz und die 16 nachgeordneten Länderbehörden immer wieder in konspirativer Weise in die Geschicke von Parteien in Deutschland eingegriffen. Um Unfrieden in Kreisen der Linken zu stiften, hatte der Verfassungsschutz im Kalten Krieg maoistisches Propagandamaterial in Umlauf gebracht. Das gewünschte Ziel wurde erreicht. Zwietracht wurde gesät zwischen den Anhängern Pekings und Moskaus. Außerdem hob der Verfassungsschutz das Blatt „Der dritte Weg. Zeitschrift für modernen Sozialismus“ aus der Taufe, das ebenfalls spalterische Wirkung entfaltete, weil es linken Dissidenten ein Forum bot und so die internen Konflikte noch verschärfte.

Insbesondere seit dem Zusammenbruch des Ostblocks, als linksextreme Parteien ganz offensichtlich nicht mehr als ernstzunehmende Bedrohung galten, war der bundesdeutsche Inlandsgeheimdienst allerdings eher in Gruppierungen präsent, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind wie der Deutschen Volksunion (DVU), den Republikanern (REP), der Deutschen Partei (DP), der 1995 verbotenen Freiheitlich Deutschen Arbeiterpartei (FAP), der Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH) oder den Jungen Nationaldemokraten (JN), die später als Nationalistische Front auftraten und 1992 verboten wurden. 

Die meisten V-Leute des Verfassungsschutzes agierten in der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Wie anlässlich des 2003 aus ebendiesem Grunde vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten ersten NPD-Verbotsverfahrens zutage trat, stand zeitweise jeder siebte Funktionär der Partei im Dienste der Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder. Hierbei handelte es sich vielfach um Personen, die in der ersten Reihe standen und die Politik beziehungsweise Außenwirkung der NPD entscheidend mitbestimmten.

So arbeitete der frühere NPD-Vize-Vorsitzende von Nordrhein-Westfalen Wolfgang Frenz von 1961 bis 1995 für das dortige Landesamt und kassierte dafür 300000 D-Mark aus Steuermitteln. Ähnlich viel Agentenlohn bezog Franz’ Chef in der Parteizentrale von NRW, Udo Holtmann, der zugleich noch als Vize-Bundesvorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands sowie Herausgeber der NPD-Gazetten „Deutsche Stimme“ und „Deutsche Zukunft“ fungierte. Er arbeitete von 1978 bis 2002 für das Bundesamt für Verfassungsschutz. Während dieser Jahre bot er Franz die Möglichkeit, in den beiden NPD-Publikationen antisemitische Hetzartikel zu veröffentlichen, die dann prompt als Beweisstücke im NPD-Verbotsverfahren herhalten sollten. Weitere V-Leute des Verfassungsschutzes, die später aufflogen, waren Michael Grube, 1998 NPD-Kandidat bei den Landtagswahlen in Meck­lenburg-Vorpommern, sowie Tino Brandt, ab 2000 stellvertretender Landesvorsitzender der NPD in Thüringen und Mitinitiator wie Kopf des Netzwerkes „Thüringer Heimatschutz“.

Zu den typischen Vorgehensweisen der V-Leute des Verfassungsschutzes innerhalb deutscher Parteien gehörten dabei folgende Zersetzungstechniken, die genauso auch von anderen Geheimdiensten angewendet wurden beziehungsweise noch heute werden, wenn es um die Kompromittierung und Neutralisierung unerwünschter politischer Gruppierungen geht: Verschleppung von Mitgliedsanträgen seriöser Personen bei gleichzeitiger Verdrängung ebensolcher Leute, die schon Mitglied geworden sind; Aufnahme von intellektuell und aufgrund ihrer Vita möglichst ungeeigneten Personen; Aufgreifen von Themen, die zwangsläufig dazu führen müssen, dass das Ansehen der Partei in der Öffentlichkeit leidet, Förderung von internen Querelen und allgemeiner Desorganisation, Verbreitung von Falsch­meldungen und Gerüchten, Verschwendung oder Unterschlagung finanzieller Mittel, insonderheit von mühsam eingeworbenen Spenden, schleichende Einstellung wichtiger und erfolgversprechender politischer Aktivitäten. Sehr effektiv war zudem die systematische Aufnahme von irgendwie belasteten Neumitgliedern, die dann bei passender Gelegenheit mit großem Medienrummel bloßgestellt wurden, was der Partei gleichermaßen Schaden zufügte.

Ebenso gehörten auch noch folgende schmutzige Tricks zum Instrumentarium der V-Leute – oder besser gesagt:  staatlichen Provokateure – vom Schlage eines Frenz: Sie nutzten parteieigene Bürotechnik, um üble private Hass­pamphlete auszudrucken, die sich aufgrund der jeweiligen Druckersignatur der Partei zuschreiben ließen. Oder der Handlanger des Verfassungsschutzes verfasste ein Buch, das in Kleinstauflage erschien und wegen seines kryptischen Titels auf den ersten Blick harmlos wirkte. Darin verbarg sich aber eine kurze rassistische, neonazistische oder antisemitische Passage, die zu einem opportun erscheinenden Zeitpunkt „entdeckt“ wurde, wonach man alle Kontaktpersonen des Autors des Umgangs mit Extremisten beschuldigen konnte.

Es gibt ernstzunehmende Hinweise darauf, dass derlei Techniken nun von V-Leuten des Verfassungsschutzes innerhalb der AfD angewendet werden. Darauf deutet beispielsweise ein lanciertes vertrauliches Papier aus dem AfD-Kreisverband Zwickau hin, in dem sich schwere Vorwürfe gegen den Ende 2017 zurückgetretenen Vorsitzenden Frank-Frieder Forberg sowie den gemeinsam mit Frauke Petry aus der AfD ausgeschiedenen ehemaligen Generalsekretär der AfD Sachsen Uwe Wurlitzer finden. Diese legen den Verdacht nahe, dass die beiden AfD-Politiker zumindest wie V-Leute des Verfassungsschutzes agiert, also mehrere der oben beschriebenen Techniken angewendet haben.

Die AfD ist also gut beraten, ein waches Auge auf ihre Mitgliederschaft zu haben und verdächtige Vorgänge nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Sonst könnte ihre Politik eines Tages genauso vom Verfassungsschutz geprägt werden wie die der NPD – mit den entsprechenden fatalen Folgen für die Zukunftsperspektive der Alternative für Deutschland.