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08.06.18 / Museumsschätze / Aus dem Ostpreußischen Landesmuseum: Ein Blick auf Nidden und die Rigaer Bürger-Kompagnie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-18 vom 08. Juni 2018

Museumsschätze
Aus dem Ostpreußischen Landesmuseum: Ein Blick auf Nidden und die Rigaer Bürger-Kompagnie

Das Ostpreußische Landesmuseum ist das einzige Museum in Deutschland, das die reiche Kultur und Geschichte der ehemaligen deutschen Provinz Ostpreußen in Gänze thematisiert.

Aufgabe des Museums ist die Bewahrung und Erforschung der Geschichte und Kultur Ostpreußens sowie die museumsgemäße Darstellung seiner vielgestaltigen Jahrhunderte währenden Realität. Zukünftig werden wir in einer eigenen Abteilung auch die Kulturgeschichte der sogenannten Deutschbalten thematisieren, welche als deutschsprachige Minderheit im heutigen Estland und Lettland lebten. Der genaue Auftrag ergibt sich auf Grundlage des Paragrafen 96 des Bundesvertriebenengesetzes und der Satzung der Ostpreußischen Kulturstiftung.

Die museale Arbeit geschieht in Zusammenarbeit mit polnischen, russischen und litauischen Museen und Kulturinstitutionen, die heute im ehemaligen Ostpreußen tätig sind sowie entsprechenden Partnern in Estland und Lettland für die deutschbaltische Abteilung.

Die Dauerausstellung des Museums wird erweitert und ist daher derzeit geschlossen. Die Wiedereröffnung erfolgt am 26. August 2018. Bis dahin werden in der PAZ besondere Objekte aus dem Bestand des Museums vorgestellt.



Ernst Mollenhauer,Öl/Leinwand, 1949

Die Kurische Nehrung wurde seit Ende des 19. Jahrhundert als wildromantischer Ort für Sommeraufenthalte bekannt. Es entstand dort auch, wie an manchen anderen ländlichen und abgelegenen Orten, etwa Worpswede oder Ahrenshoop, eine Künstlerkolonie. 

Das Gemälde zeigt den Blick von einer Dünenanhöhe auf das Fischerdorf Nidden. Der Maler war Ernst Mollenhauer (1892–1963), ein ostpreußischer Expressionist, der zu dem kleinen Kreis der Künstler gehörte, die sich am Ort ein eigenes Haus errichtet hatten. Zu diesem Kreis zählten außerdem der Dichter Thomas Mann, der Maler Carl Knauf, der Schauspieler und Fotograf Paul Isenfels sowie der Maler Richard Birnstengel.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war Nidden, nun mili-tärisches Sperrgebiet im War-schauer Pakt, nicht mehr erreich-bar. Doch viele Maler, die sich einst in seine Landschaft verliebt hatten, malten es weiter, aus der Erinnerung. So entstand auch dieser Dorfblick 1949 als Bild der Sehnsucht nach dem „Paradies Nidden“, wie Ernst Mollenhauer damals schrieb.

In der neuen Dauerausstellung des Ostpreußischen Landesmu-seums wird dieses Gemälde in jener Abteilung hängen, die der Künstlerkolonie Nidden gewid-met ist.



Weste der Rigaer „löblich reitenden Blauen Bürger-Compagnie“

Nach dem Nordischen Krieg, der für die ehemals von Schweden beherrschte Stadt Riga 1710 mit der Unterwerfung unter den siegreichen russischen Zaren Peter I. endete, reorganisierte die Bürgerschaft aus den stark dezimierten Reihen der Kaufleute und der unverheirateten Kaufgesellen eine reitende Bürger-Kompanie. Als diese 1720 auf ausdrück-lichen Befehl des Zaren zum Empfang eines Gesandten vor die Stadttore beordert werden sollte, sah einer der unverheirateten Kaufgesellen, Hermann Ernst Barber, die Chance zur Begründung einer eigenen Kompanie. Er entwarf nach schwedischem Vorbild eine Uniform aus blauen silbergestickten Röcken, strohfarbenen Westen mit Beinkleidern und schwarzen Hüten. Die aus 

60 Junggesellen aufgestellte neue Zweigkompanie machten im Unterschied zu der uneinheitlich gekleideten bürgerlichen Stammkompanie durch ihr prachtvolles Äußeres einen glänzenden Eindruck, sodass Rat und General-Gouverneur die Existenz der Rigaer einer nach ihrer Uniformfarbe benannten „löblich reitenden Blauen Bürger-Compagnie“ erlaubten.

Die „Blauen“ Junggesellen waren einem Offizier der Stammkompanie, die sich selbst 1728 Grün uniformierte und aus verheirateten Kaufleuten bestand, unterstellt. Ihre freiwilligen Mitglieder mussten Ausstattung und Pferd selbst stellen. Die Uniform wurde im Laufe der Jahre mehrmals ergänzt und umgestaltet, aber die hier zu sehende strohgelbe Weste aus Seidensamt, Leinen mit Stickereien versehen, erinnert an ihre ehemals glanzvollen Zeiten und ist als Original möglicherweise bereits im 18. Jahrhundert gefertigt. 

Beide, die reitende Blaue und Grüne Bürger-Kompanie, über-nahmen bis zu ihrem Zusammen-schluss 1832/33 vor allem reprä-sentative Aufgaben. Sie geleiteten Zarinnen und Zaren, Botschafter und andere hochgestellte Persön-lichkeiten nach Riga hinein – je höher der Rang des Gastes, umso weiter ritten sie vor die Stadttore hinaus. Sie stellten zudem Eh-renwachen und veranstalteten Festlichkeiten, beispielsweise zu den Krönungstagen der russi-schen Herrscher. Militärische Aufgaben übernahmen sie als reitende Stadtgarde erst Anfang des 19. Jahrhunderts, als Riga Teil kriegerischer Auseinandersetzun-gen wurde. Seit 1888 wurde nie-mand mehr in die Stadtgarde aufgenommen. Noch heute erinnert in der Rigaer Petrikirche die 1743 gekaufte Erb-Grabstätte an die „Blaue Garde“ und in der Kirche selbst soll ein schützender Geist jener „Blauen“ die Grabstätten bewachen.OL


Ostpreußisches Landesmuseum, Heiligengeiststraße 38, 21335 Lüneburg, Telefon (04131) 759950, Internet: www.ol-lg.de.