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08.06.18 / Einmal Berlin und zurück / Die Wilsnacker Glocke kehrt heim – allerdings nur als Kopie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-18 vom 08. Juni 2018

Einmal Berlin und zurück
Die Wilsnacker Glocke kehrt heim – allerdings nur als Kopie
Helga Schnehagen

Eine Replik der berühmten Wilsnacker Glocke fand in der Himmelfahrtswoche ihren Weg zurück zur Wunderblutkirche. Dabei wurde die detailgetreue Kopie stilecht mit Pferdewagen, per Schiff, per Lanz Bulldog und Pony-Troika ab Barsikow durch die Prignitz transportiert. Einst konnten der Legende nach nicht einmal 16 Pferde die 3,6 Tonnen schwere Glocke transportieren. Das Problem, das 1562 schlussendlich mit Zugochsen gelöst wurde, war nun – rund 

450 Jahre später – ein vergleichsweise leichtes Spiel. Das Duplikat ist zwar auch 1,80 Meter hoch, aber nur 50 Kilogramm schwer. Läuten wird es jedoch nie: Die Nachbildung besteht aus Plastik.

Als mit der Reformation das Pilgerzeitalter in Wilsnack durch das Verbrennen der Hostien durch den ersten evangelischen Pfarrer Ellefeld im Jahre 1552 endete, ließ Kurfürst Joachim II. die 1471 in Wilsnack gegossene Riesenglocke zum Berliner Dom transportieren. In der Berliner Zentralkirche diente sie ganz ihrer Inschrift entsprechend: „Ein süßes Lied läute ich, den Heiligen zur Freude schlage ich, Hosianna in der Höhe.“ Ausgerechnet während des Totengeläutes für Kaiserin Auguste Victoria, Ehefrau von Kaiser Wilhelm II., im Jahr 1921 zersprang sie. Als alle Reparaturversuche scheiterten, bekam sie einen Platz im Märkischen Museum in Berlin. Anlässlich des Reformationsjubiläums wurde 2017 ihre Replik angefertigt und für ein Jahr im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte im Rahmen der Ausstellung „Reformation und Freiheit. Luther und die Folgen für Brandenburg und Preußen“ präsentiert.

Weitere Symbole auf der Bronzeglocke verweisen auf ihre Heimat in Bad Wilsnack. Der Wunderblutlegende zufolge wurden hier im Jahr 1383 nach einem Brand der Kirche drei unversehrte Hostien gefunden, die Blutfle-cken aufwiesen. Schon bald ereigneten sich weitere Wunder und Hunderttausende Menschen aus ganz Europa strömten zu dem heiligen Ort, um durch das „Heilige Blut” Hilfe in körperlichen oder seelischen Nöten zu erfahren. Als berühmtestes Pilgerziel Nordeuropas galt die Stadt sogar als „Santiago des Nordens”.

Durch die Erforschung des Pilgerweges zwischen Bad Wilsnack und Berlin in den letzten Jahren erlebt das Pilgern in der Prignitz derzeit eine Renaissance. Höhepunkt ist das jährliche Pilgerfest in Bad Wilsnack, das dieses Jahr am 18. August stattfindet. „Das traditionelle Fest erinnert an die mittelalterliche Wallfahrt und lädt Pilger, Urlauber und Einheimische zu einem Mittelaltermarkt, zum Pilgertheater, musikalischen Aufführungen und weiteren kulturellen Angeboten ein“, erläutert Torsten Engelbrecht vom Stadtmarketing.

Und zur Besichtigung der Glo-cke – wo auch immer. Denn, „in der Wunderblutkirche wird sie nicht stehen. Sie soll vielmehr als Botschafterin einen würdigen Platz in der Stadt finden und noch mehr Menschen dazu bewegen, das Gotteshaus aufzusuchen“, erläutert die Pfarrerin.