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15.06.18 / Ein Gigant kommt ins Rollen / Technologie-Wettlauf zwischen China und Deutschland – Mit Vorteilen im Osten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-18 vom 15. Juni 2018

Ein Gigant kommt ins Rollen
Technologie-Wettlauf zwischen China und Deutschland – Mit Vorteilen im Osten
Friedrich List

China ist ein wichtiger Auslandsmarkt für die deutsche Industrie. Außerdem ist das Reich der Mitte traditionell an deutscher Hochtechnologie und wissenschaftlicher Expertise interessiert. 

Als sich die Volksrepublik zum Westen hin öffnete, nutzten deutsche Unternehmen die Chance, um in den chinesischen Markt zu gehen. Firmen wie Volkswagen oder Airbus, aber auch viele andere, bauten eigene Produktionen in China auf, der wissenschaftliche Austausch wuchs. 

Umgekehrt baute China seine eigenen Kapazitäten aus und ist heute eine der führenden Industrienationen Asiens. Das Land beliefert die Welt mit hochwertiger Elektronik, produziert Computer, Fahrzeuge aller Art, Flugzeuge und andere Hochtechnologie-Produkte. Gleichzeitig kaufen sich chinesische Unternehmen gerade in deutsche Firmen ein. Während private und staatliche Firmen aus dem Reich der Mitte die Vorteile eines freien Marktes hierzulande nutzen, haben deutsche Unternehmen in China mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Denn China bevorzugt seine heimische Industrie. 

Zudem steht hinter der chinesischen Einkaufsstrategie die Absicht, die eigene technologische Basis zu verbreitern und bis zur Mitte des Jahrhunderts komplett eigenständig zu sein. Eine jüngste Studie der Bertelsmann-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass von 175 Übernahmen oder Beteiligungen zwischen 2014 und 2017 exakt 112 auf Branchen entfallen, die China mit staatlichen Subventionen schließen will. Dabei geht es nicht um Gleichstand mit den Westen, sondern darum, chinesische Weltmarktführer zu etablieren. 

Studien-Autorin Cora Jungbluth kritisiert, dass es auch 17 Jahre nach Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO keine Wirtschaftsbeziehungen auf Augenhöhe gäbe. „Weder Deutschland noch die EU haben der industriepolitischen Strategie momentan etwas entgegenzusetzen“, sagte sie. Und tatsächlich gibt es in der Elektronik- und Kommunikationsbranche längst Weltmarktführer wie Huawei. 

Die chinesischen Käufer interessieren sich laut der Studie besonders für Un­ternehmen, die energiesparende Autos oder Fahrzeuge mit alternativer Antriebstechnik herstellen, Energiesysteme, Biomedizin oder Roboter sowie Maschinen mit Computersteuerung, also der Bereich der sogenannten Industrie 4.0.

2016 beauftragte Huawei-Technologies Deutschland das Handelsblatt Research Institute mit einer Studie, die die Volkswirtschaften Chinas, Deutschlands, der USA und Japans mit Blick auf die Entwicklung der Industrie 4.0 verglich. Die Studie sah kein Land in einer uneinholbaren Führungsposition. Deutschland könne von der hohen Dienstleistungskompetenz seiner Informationstechnik- und Telekommunikationsindustrie profitieren, läge aber technologisch zurück. Auch das produzierende Gewerbe sei gut aufgestellt. Allerdings stelle sich die Frage, ob die heimische Industrie auch stark genug ist, um den Wandel zur digitalen Industrie zu schaffen. 

Ein wichtiger Hinweis für Chinas Aufstieg sind die Studentenzahlen in den naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen. Für 2016/17 zählte das Statistische Bundesamt 315393 Studenten. Dagegen lag die Zahl chinesischer Absolventen 2016 bei über 1,6 Millionen. Man mag das deutsche Hochschulsystem immer noch für das bessere halten. Aber die schiere Zahl ist für China. Unter 1,6 Millionen dürften sich immer noch genügend kluge und kreative Köpfe finden, die ihr Land voranbringen.