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15.06.18 / Unter der langen Sonne / Ein kurzer Abstecher nach Malmö zum Mittsommerfest – Die Schweden feiern bald ihren wichtigsten Tag des Jahres

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-18 vom 15. Juni 2018

Unter der langen Sonne
Ein kurzer Abstecher nach Malmö zum Mittsommerfest – Die Schweden feiern bald ihren wichtigsten Tag des Jahres
Andreas Guballa

Der 21. Juni markiert den Sommeranfang. Die Sonne scheint an diesem Tag auf der Nordhalbkugel am längsten. In Schweden, wo es jenseits des Polarkreises in diesen Tagen die Mitternachtssonne gibt, feiert man das Ereignis traditionell mit dem Mittsommerfest.

Das Mittsommerfest ist für die Schweden eines der schönsten, wichtigsten und vielleicht auch ausgelassensten Feste im Jahres­kalender, quasi das sommerliche Pendant zu Weihnachten. Gefeiert werden der kurze Sommer, das Licht und die Wärme – und zwar meistens traditionell auf dem Land im Familien- oder Freundeskreis. Aber auch eine Metropole wie Malmö verwandelt sich bei einem solch wichtigen Ereignis zum Treffpunkt für Tanz und Schmaus rund um die „Majstången“ (Midsommarstange). 

Am besten sucht man sich einen Tag aus, an dem sich das Ostsee-Hoch über dem Öresund festgesetzt hat. Sonnenschein, klare Luft, frische Farben und blauer Himmel über weißen Segeln: So soll er sein, der Tag für Malmö. Nicht, dass Schwedens drittgrößte Stadt keine Museen, Einkaufsmeilen und andere „Re­genziele“ zu bieten hätte. Es ist alles da, reichlich und in bester Qualität. Aber ehrlich: Wozu Völkerkunde in Vitrinen, wenn sich Malmös „Multikulti“ – 100 Sprachen werden hier gesprochen – in den Straßencafés am Lilla Torget, dem kleinen Markt mit dem alten Fachwerk, trifft? Warum Seefahrtsmuseum, wenn für gleiches Geld eine Runde Kanu oder Tretboot auf den Kanälen und durch die Parkanlagen lockt? Und kommt Skandinaviens größtes Spaßbad, das Aqvakul im Zentrum, wirklich an gegen einen Sonnentag am Ostsee-Strand?

Ribersborg heißt der übrigens, liegt nur ein paar Radminuten entfernt vom Zentrum und wird deshalb gerne „die Copacabana von Malmö“ genannt. Feiner Sand bester Güte, das Wasser klar, nur eben etwas „frischer“ als vor Rio. Aber dafür wartet gleich ein langer Abschnitt am Sund mit solchen Traumstränden auf, belebte und einsame, alle höchstens eine Autostunde außerhalb der Stadt und damit auch nicht weiter als die 50 Golfplätze oder die vielen verträumten Dörfer, Schlösschen und Wälder hier „unten“, im Süden des Nordens.

Die Eröffnung der Öresund-Brücke im Juli 2000 hat für frischen Durchzug in der Hauptstadt der Provinz Schonen ge­sorgt. Vergessen die Jahre, als die großen Reiseströme in den Norden an Malmö vorbeiliefen, verscheucht das Gespenst des Werften-Sterbens, als nur noch Erfolge der Fußballer für Farbe sorgten, und vorüber die Tage, da die Besucher höchstens auf einen Sprung mit dem „Flugboot“ aus Kopenhagen herüberkamen. Im Schatten der neuen Brücke, die auch eine schnelle S-Bahn-Verbindung in die dänische Hauptstadt garantiert, ist eine Zukunftsregion zwischen zwei Ländern gewachsen mit über drei Millionen Menschen rechts und links des Öresunds, mit zwei Universitäten, Hochtechnologie-Firmen und der besten Verkehrsanbindung Skandinaviens. 

Wer die ehemalige Zwangspause auf der Fähre vermisst, findet in Malmö reichlich Chancen zum Entspannen. Es gibt die Möglichkeit, die Wellen bei einer Rundfahrt durch Schwedens zweitgrößten Hafen zu spüren, reichlich Fachwerk im malerischen St.-Gertrud-Viertel, Backsteingotik und den höchsten Altar Nordeuropas in St. Petri zu bewundern – oder ganz einfach ein Eis am Stiel unter dem Denkmal auf dem Großen Markt zu genießen. Der da oben, grünspanig und hoch zu Ross, auf das schmucke Rathaus blickt, ist Schwedenkönig Karl X. Gustav, der den Dänen 1658 die Provinzen Schonen, Blekinge und Halland entriss und damit Malmö dem Reiche einverleibte.

Diese Schlachten wurden vor den Wällen von Schloss Malmöhus geschlagen. Heute sind hier eher die „inneren Werte“ gefragt, ein halbes Dutzend Museen, da­rin ein Spektrum von altem Spielzeug bis zu tropischen Fischen. Herausragend sind unter anderem ein begehbares U-Boot und Schwedens älteste intakte Orgel. Mit der Eröffnung des Museums für moderne Kunst im Dezember 2009 hat die südschonische Stadt einen weiteren Glanzpunkt erhalten. Die Dependance der großen Schwester aus Stockholm bringt Malmö damit endgültig den Ruf einer Kulturstadt internationalen Ranges ein. Freunde skandinavischen Designs dürfen das Form Design Center am Lilla Torget (dem Platz mit dem Straßencafés) nicht verpassen.

Wer sehen will, wie in Südschweden gefeiert wird, sollte sich das Wochenende 23./24. Juni frei halten. Dann wird nachträglich der längste Tag des Jahres gefeiert. Nach Weihnachten ist er der wichtigste und ausgelassenste Tag im Kalender eines Schweden. Von den meisten wird er als Höhepunkt des Jahres empfunden und ganz traditionell mit Familie und Freunden ge­feiert. Am Freitag zuvor, dem „Midsommarafton“, werden Zweige und Blumen gepflückt und zu Kränzen für den „Midsommarbaum“, die sogenannte „Majstång“, gebunden. Der Baum selbst wird mit dem Grün geschmückt und auf einem offenen Platz aufgestellt. 

Auch die Schweden selbst putzen sich heraus: Viele legen ihre Trachten an, Frauen und Mädchen tragen weiße oder geblümte Kleider und selbst gebundene Kränze aus Zweigen und Blumen im Haar. Bei traditionellen Liedern und Tänzen um den Midsommarbaum wird der Höhepunkt des Sommers dann ausgelassen ge­feiert. Malmö lockt mit einer kostenlosen Feier im Folkets Park. Auf Internetportalen wie „A Slice of Swedish Hospitality“ oder „Meet the Locals“ können Besucher aber auch nach Schweden suchen, die bei ihrer privaten Feier Gäste willkommen heißen.

Zu Essen gibt es beim Mittsommerfest traditionell neue schwedische Dill-Kartoffeln mit Sauerrahm, dazu Hering in verschiedenen Variationen, frischen Schnittlauch und Knäckebrot. Oder man bringt sich ein Picknick mit zum Festplatz, grillt vielleicht ein paar Würstchen für selbstgemachte „Varmkorv“, die schwedischen Hotdogs. Und abschließend gibt es der Schweden liebster Nachtisch: schwedische Erdbeeren mit Schlagsahne. 


Internet: www.malmocity.se