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15.06.18 / Norwegische Landzunge / Die Matrosenstation Kongsnæs in Potsdam – Skandinavien-Fan Wilhelm II. ließ es bauen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-18 vom 15. Juni 2018

Norwegische Landzunge
Die Matrosenstation Kongsnæs in Potsdam – Skandinavien-Fan Wilhelm II. ließ es bauen
Silvia Friedrich

Es ist viel Phantasie nötig, um sich an der Schwanenallee, gleich rechts hinter der berühmten Glienicker Agentenbrücke in Potsdam, noch die Grenzanlagen vorzustellen. Nach der Wende Geborenen bleibt es ohnehin ein Rätsel, sich eine solche Grenze zu vergegenwärtigen. 

Da, wo jetzt Spaziergänger in traumhafter Kulturlandschaft Ru­he genießen und die Kraft der Natur tanken, befand sich bis 1989 der Grenzstreifen mit Mauer und Stacheldraht, Wachtürmen und herbizidbelasteter Erde. Das ist lange her, und endlich können nach den Sanierungsmaßnahmen und Wiederherstellung der Landschaft auch Bauten, die den Grenzanlagen weichen mussten, aufgebaut und restauriert werden.

Dazu zählt auch die Kaiserliche Matrosenstation Kongsnæs, ein Stück Norwegen in Potsdam, das nun lange schon aus der Landschaft verschwunden war. Nur wenige Schritte vom Eingangstor zum Schlosspark „Neuer Garten“ entfernt, betrieb das preußische Königshaus hier bereits seit 1841 eine durch militärisches Personal betriebene Station als Ausgangs- und Versorgungsstation für Lustfahrten.

Auch die repräsentative Jacht „Royal Louise“ in Form einer Miniaturfregatte, ein Geschenk Williams IV., König von Großbritannien, an den preußischen König Friedrich Wilhelm III., bekam hier an der Matrosenstation ab 1841 einen neuen Heimathafen. Der für seine Vorliebe für das Reisen bekannte Kaiser Wilhelm II. fasste auf einer Nordlandfahrt 1890 den Entschluss, die Matrosenstation am Potsdamer Jungfernsee im norwegischen Drachenstil umbauen zu lassen.

Kongsnæs bedeutet auf Norwegisch etwa „Königliche Landzunge“. Nach dem Vorbild eines Restaurants in Christiania, dem heutigen Oslo, gebaut vom Stadtbaumeister Holm Hansen Munthes, wurden zwischen 1892 und 1896 ein Empfangspavillon, die sogenannte Ventehalle, das Bootshaus, die Matrosenkaserne und ein Schiffsführerhaus erbaut. Alle Teile der Gebäude wurden in Norwegen vorgefertigt, um später in Potsdam aufgebaut zu werden.

Die Kaiserliche Matrosenstation war Anlegestelle für Wasserfahrzeuge des preußischen Königshauses, sozusagen das „Seglerheim der Hohenzollern“. Da der Kaiser selbst leidenschaftlich gerne segelte, entwarf er auch Schiffe wie den eigenen Vergnügungsdampfer „Alexandria“. Re­gatten und verschiedene wassersportliche Aktivitäten waren hier an der Tagesordnung.

Nach dem Ersten Weltkrieg verblieb die Matrosenstation im Besitz des Hauses Hohenzollern. Ab 1923 wurde sie von Mitgliedern des „Kaiserlichen Yachtclubs Kiel“ genutzt, wobei man die Steganlagen modernisiert hat. 

Im Zweiten Weltkrieg wurde das bauliche Ensemble schwer zerstört, vermutlich als Folge von Artilleriebeschuss. Im Zuge der Errichtung der Grenzanlagen zwischen West-Berlin und Potsdam trug man die letzten Gebäude­reste ab. Das Gelände war nun nicht mehr für die Öffentlichkeit zu­gänglich. 

Nach 1989 bildete sich der „Förderverein Kongsnæs e.V.“, der sich für die Sanierung und den Wiederaufbau einsetzt. Im Zuge dessen schafften es die Mitglieder, dass die noch vorhandenen Fundamente, die Kaimauer und Wohngebäude unter Denkmalschutz gestellt wurden. 

Seit 1990 steht Kongsnæs als Teil der „Potsdamer Kulturlandschaft“ unter dem Schutz der UNESCO. 2009 erwarb der Berliner Unternehmer Michael Linckersdorff die Matrosenstation von der Stadt Potsdam und verpflichtete sich, diese originalgetreu wiederaufzubauen. Zum Richtfest für die Ventehalle am 24. März 2017 erschien auch der Gesandte der Königlich Norwegischen Botschaft, Asbjørn Brandsrud, am Jungfernsee. 

Zukünftig wird die Ventehalle ein Restaurant mit nordischer und märkischer Küche beherbergen. An den restaurierten Steganlagen werden historische Boote ihre Liegeplätze finden. Sogar ein maßstabsgerechter Nachbau der „Royal Louise“ darf dann nach langer Zeit wieder in dem Heimathafen ihrer Vorgängerin auf den Wellen der Havel vor sich hin schaukeln.