26.04.2024

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15.06.18 / Erstaunliche Töne aus unvermuteter Richtung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-18 vom 15. Juni 2018

Erstaunliche Töne aus unvermuteter Richtung
Erik Lommatzsch

Die „Erklärung 2018“, welche nun dem Petitionsausschuss des Bundestages übergeben worden ist (und dort noch bis zum 20. Juni als „Petition 79822“ unterzeichnet werden kann), hat bereits jetzt reichlich mediale Resonanz gefunden, befördert durch eine Reihe unsachlicher Anfeindungen. Ein trauriger Tiefpunkt des Ganzen war, dass der Münsteraner Verleger Wilhelm Hopf in einer beschämenden Art und Weise öffentlich „Selbstkritik“ übte und seine Unterschrift zu-

rückzog. Dass auf ihn Druck ausgeübt wurde, ist kein Geheimnis. 

In einem verzweifelten Versuch, den Blick ins eigene Spiegelbild vielleicht doch einmal wieder wagen zu können, gab er bekannt, dass er jedoch die „Zehn Thesen“ unterstützen würde, welche die SPD-Politiker Gunter Weißgerber und Richard Schröder gemeinsam mit der Grünen-Mitbegründerin Eva Quistorp im Oktober letzten Jahres in der „Welt“ veröffentlicht haben. Dies erstaunt insofern, als dass deren Vorstellungen über die Gestaltung der Zuwanderungspolitik in Deutschland weit über das hinausgehen und wesentlich schärfer konturiert sind als die „Erklärung 2018“. 

Ausgebaut haben die drei Autoren ihre „Zehn Thesen“ mittels des kleinen Buches „Weltoffenes Deutschland?“, wobei jeweils ein Autor eine der Thesen näher erörtert. Bereits im gemeinsamen Vorwort wird die „Weltoffenheit“ zwar bejaht, dies sei allerdings „nicht dasselbe wie ein Deutschland mit völlig offenen Grenzen“.  Zudem heißt es: „Nicht alles, was Zuwanderer an Überzeugungen und Gewohnheiten mitbringen, bereichert uns.“ Dass insbesondere Weißgerber und Quistorp sich wenig glücklich über die AfD-Erfolge zeigen, war erwartbar – ist aber wohl einer der wenigen hier angesprochen Punkte, welcher sie mit den offiziellen Linien ihrer Parteien verbinden dürfte.

Quistorp weist auf die „Schleppermafia“ und das große Problem der Über-bevölkerung in Afrika hin, das auch Papst Franziskus ignoriere und welches kaum durch Einwanderung nach Europa gelöst werden könne. Schröder macht sich eine eigentlich naheliegende Analogie zunutze: In seiner Wohnung bestimme er, wem er Zutritt gewähre. Das müsse auch für den Staat gelten. Mit uneingeschränkt offenen Grenzen sei auch der Sozialstaat nicht in Einklang zu bringen. Zwar sei – ein beliebter linker Topos – kein Mensch illegal, es gebe aber sehr wohl illegales Handeln. Ebenso greift Schröder einen in den letzten Jahren oft unsinnig angestellten Vergleich auf, indem er klar formuliert: „Kein einziger Hugenotte … oder Vertriebener ist … je auf die Idee gekommen, möglichst viele Unschuldige seines Gastlandes umzubringen.“ 

Eigentlich sind es viele Selbstverständlichkeiten, aber es tut gut, wenn der Theologe Schröder etwa im Kapitel „Aufnahmelager sind nicht unbarmherzig“ ausführt, dass bei Menschen „jahrhundertealte kulturelle Prägungen“ feststellbar seien – und eben nicht Gleichheit allerorten. Verallgemeinern wolle er nicht, es gebe aber sehr wohl „Beobachtungen über Häufigkeiten“. 

Dass die EU-Außengrenzen nicht genügend gesichert waren und sind, bezeichnet er als „eines der schweren Vergehen der Brüsseler Wohlfühl-Organisatoren“. Vertrauensverlust wird bei Weißgerber angesprochen, allem voran durch die Stellungnahme der Bundeskanzlerin, die deutschen Grenzen seien nicht zu kontrollieren und ihre – wie sich gerade zeigt, fatale – Festlegung, dass „wir“ das zu schaffen haben.

Nicht nur Herrn Hopf, der nach der Lektüre hoffentlich dieses Mal standhaft bleibt, sei das Buch empfohlen – insbesondere, da die Autoren dieses Mal nicht aus dem politischen Lager der „üblichen Verdächtigen“ kommen.

Eva Quistorp/Richard Schröder/Gunter Weißgerber: „Weltoffenes Deutschland? Zehn Thesen, die unser Land verändern“, Herder Verlag, Freiburg 2018, gebunden, 144 Seiten, 16 Euro