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22.06.18 / Nebelkerzen aus Shanghai / Der Vertrag zwischen US-Präsident Trump und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un brachte nichts substanziell Neues

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-18 vom 22. Juni 2018

Nebelkerzen aus Shanghai
Der Vertrag zwischen US-Präsident Trump und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un brachte nichts substanziell Neues
Friedrich-Wilhelm Schlomann

Nach seinen Äußerungen vertrat der US-Präsident Donald Trump lange Zeit die Ansicht, auf dem letzten Dienstag in Shanghai erfolgten Gipfeltreffen könne er mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un bereits sämtliche Probleme des geteilten Landes lösen. Pjöngjang müsse alle Atomwaffen an das US-Atomlabor Oak Ridge in Tennessee zur Verschrottung ausliefern. Erst nach dieser totalen Abrüstung wäre mit amerikanischen Gegenleistungen zu rechnen. 

In den Vorgesprächen die Woche davor erklärte der Abgesandte Nordkoreas, keine Einwände gegen den Verbleib der 28500 US-Soldaten im Süden Koreas zu haben, selbst nicht gegen deren dortige Atombomben, deren Existenz indes Washington seit Jahren abstreitet.

Die USA ihrerseits boten gigantische Wirtschaftshilfe an, wobei man den erfolgreichen Marshall-Plan für Deutschland betonte. Trump musste indes erkennen, dass Nordkorea nur zu einer schrittweisen Lösung der so vielen Probleme bereit sei.

Die Gespräche zwischen beiden Staatspräsidenten brachten keinen Durchbruch, nicht einmal den von Trump angestrebten Deal. Positiv muss man feststellen, dass der von Trump vorgeführte Film über ein wirtschaftlich aufblühendes Land und die gigantischen Möglichkeiten der US-Militärmacht Kim überaus nachdenklich machte. 

Schon das Stadtbild Singapurs hatte Kim sehr überrascht. Einen tiefen Eindruck soll die ihm zugespielte Mitteilung gemacht haben, dass die tief über Nordkorea fliegenden Drohnen neuerdings sogar das Schuhwerk der Menschen aufnehmen können. Ob und welche Folgen diese Bilder auf Kim haben, bleibt abzuwarten. 

Zugleich gab Trump als Präsident der USA, das sich gern als „Land der Freiheit“ sieht, gegenüber dem Diktator Kim Jong-un eine Sicherheitsgarantie, das heißt eine persönliche „Überlebensgarantie“ ab, ohne die Menschenrechte seiner Untertanen auch nur zu erwähnen – ein seltsamer Begriff von politischer Moral. Oder sollte es ein verzuckertes Lockmittel für die Abrüstung und damit vielleicht den Frieden auf der Halbinsel sein?

Der US-Präsident hat jedenfalls einen Anfang gemacht, dessen Ausgang allerdings nicht abschätzbar ist. Bisher hatte Kim seine Atomwaffen als Nordkoreas „heiliges Schwert der Gerechtigkeit“ gepriesen. Sollte eine Nuklear-Abrüstung tatsächlich stattfinden, dürfte sie nicht ohne stärkere ideologische und machtpolitische Differenzen mit der Militärführung Nordkoreas erfolgen. Bisher sind echte Konzessionen des Nordens nicht erkennbar. 

Der jetzige Vertrag beinhaltet auch nur bloße Absichtserklärungen, jedoch nichts Substanzielles. Die komplette Denuklearisierung „soll bald beginnen“, heißt es. Einen Zeitplan zur realen Umsetzung der Beschlüsse gibt es nicht. Die bisherige Forderung Trumps nach einer „überprüfbaren und unumkehrbaren“ Nuklear-Abrüstung fehlt im jetzigen Vertrags-text. Auch die Zahl und der Umfang der Überprüfer blieben ungeklärt.

Es bleibt nur zu hoffen, dass diese sehr wichtigen Details in den kommenden Verhandlungen sehr genau formuliert werden.  Ohnehin ist es die Frage, ob man wirklich die wahre Zahl der vorhandenen Atombomben und Raketen sowie deren Produktionsstätten kennt. Eine Verifikation ist heutzutage in überaus großem Umfang möglich, doch dies über die Existenz von Plutonium soll kaum feststellbar sein.

Der Hinweis Trumps auf die Sprengung des nordkoreanischen Atomtestgeländes Punggye-ri als Zeichen des ehrlichen Abrüstungswillens Pjöngjangs erscheint fragwürdig. Er sollte wissen, dass nach chinesischen Wissenschaftlern die Anlage bereits bei einem Nukleartest im September 2017 einstürzte und seitdem unbenutzbar sein dürfte. Wirklich ehrlich wäre es gewesen, wenn die Nordkoreaner bei jener angeblichen Sprengung Experten im Sinne von Abrüstungs-Spezialisten den Zugang gestattet hätten.

Ebenfalls ohne jegliche Gegenleistung versprach der US-Präsident die Einstellung der alljährlichen nordamerikanisch-südkoreanischen Militär-Manöver, welche Kim Jong-un selber noch unlängst für ihn unwichtig erklärte. Sie wäre ein starker Affront gegen das verbündete Südkorea, das ohne die US-Streitkräfte dem stark aufgerüsteten Nordkorea unterlegen wäre.

Wenn Trump mit Kim in Augenhöhe verhandelt und ihn „großartige Persönlichkeit“ glaubt nennen zu können, so erhöht er damit dessen Selbstüberschätzung und zugleich den Preis, den die USA gerade für die Vernichtung der Langstreckenraketen gegen ihr Land werden bezahlen müssen. Trump steht vor Kongresswahlen im November, aber kann den Bürgern nicht versichern, diese Gefahr aus Nordkorea für die USA bis heute beseitigt zu haben.