29.03.2024

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22.06.18 / »Leben wir Europa in Einigkeit und Recht und Freiheit!«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-18 vom 22. Juni 2018

»Leben wir Europa in Einigkeit und Recht und Freiheit!«

Die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) hat am 16. Juni ihr diesjähriges Sommerfest in Osterode gefeiert. LO-Sprecher Stephan Grigat hat die Begrüßungsrede gehalten. Hier der Abdruck im vollen Wortlaut:

Ostpreußen lebt! Wir sind heute heute hier in Osterode im Oberland zusammen gekommen, um uns zu unserer gemeinsamen Heimat Ostpreußen zu bekennen. Ich sage bewusst „gemeinsame“ Heimat, denn niemand von uns, von den vielen verschiedenen Menschen und Volksgruppen, die in den letzten 800 Jahren hier ansässig waren, hat ein exklusives, das heißt ein andere auschließendes, Recht auf die Heimat Ostpreußen. Heimat hat nur, wer auch Liebe zur Heimat empfindet. Heimatliebe ist Liebe, Liebe ist Heimat.

Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Und darum richtet sich die Heimatliebe der Ostpreußen gegen niemanden und schließt niemanden aus.

Ostpreußen verfügt über eine faszinierende eigentümliche Kraft, die in den vergangenen Jahrhunderten aus Prußen und Deutschen, Litauern, Hugenotten und Salzburgern, Masuren und Polen den eigensinnigen Stamm der Ostpreußen geformt. Diese Kraft wirkt auch heute noch und schafft Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen die Ostpreußen lieben oder sich jedenfalls mit ihm verbunden fühlen. Ein deutscher Ostpreuße ist unterscheidbar von einem anderen Deutschen, ein polnischer Ostpreuße von einem anderen Polen. Ostpreußen ist uns Heimat, Geschichte, Platz unserer Wurzeln, Natur, Lebensfreude, Ort unserer Träume, Wünsche und Sehnsüchte – untrennbar mit unserem Schicksal verbunden. Und so wird es bleiben.

Wir wollen im Herzen bewahren, was auf uns überkommen ist, und gemeinsam Teil einer Zukunft Ostpreußens in Freiheit und Vielfalt sein. Ostpreußen ist zu 3/5 Teil der Europäischen Union und so wieder staatlich mit Deutschland verbunden. Ostpreußen hat Anschluss an die Freiheit und den Wohlstand des sogenannten „Alten Europa“ gefunden. Die Menschen, die heute in Ostpreußen außerhalb des Königsberger Gebiets leben, sind frei. Und nahezu das Wichtigste ist: Es gibt eine große Übereinstimmung, ja Freundschaft, zwischen Ostpreußen und Ostpreußen, zwischen den Bürgern, die (schon) vor dem Krieg hier lebten und ihren Nachkommen einerseits, und den Ostpreußen, die erst nach dem Krieg hierhergekommen sind andererseits. Jeder sollte sich bewusst sein, dass das ein großes Geschenk ist. Jeder sollte sich bewusst sein, dass das nicht so bleiben muss. Jeder sollte sich seiner Verantwortung für das Ganze, für das Land und die Menschen, die hier lebten und leben, für die Geschichte, Kultur und Entwicklung Ostpreußens bewusst sein.

Gott gab uns dieses Land, um es zu gestalten, um für Frieden, Freundschaft und Wohlstand einzutreten, und um es heile und friedvoll an unsere Kinder weiter zu geben. Die Entwicklung seit 1989 gibt uns Grund zur Zufriedenheit und Zuversicht für die Zukunft. Diese Entwicklung ist Europa geschuldet, der Europäischen Union, ihrer Rechts- und Wirtschaftsordnung, ihrer menschlichen und wirtschaftlichen Solidarität. Ohne Europa gäbe es keine Entwicklung, keine Freiheit, keinen Wohlstand, keinen Frieden. Alle müssen daran mitwirken, dass es so bleibt und dass das große Europa mitsamt dem kleinen Ostpreußen fortschreitet.

Die politische Entwicklung, insbesondere die Entwicklung der Beziehungen zwischen Europa und Russland gibt Anlass zur Sorge. Die negativen Auswirkungen sind vielfältig und beeinträchtigen auch unsere Arbeit. So ist gerade die direkte Flugverbindung zwischen Berlin und Königsberg wieder eingestellt worden. Unsere Schlussfolgerung aus dieser Entwicklung kann nur die Forderung sein, dass auch Königsberg mit dem mittleren Streifen Ostpreußens nach Europa zurückkehren und Teil der Europäischen Union werden soll. Es ist schon alleine Grund genug dafür, dass Königsberg nach Europa zurückkehrt und Teil der Europäischen Union wird, dass Ostpreußen mit ihm als Hauptstadt der erste evangelische Staat in Europa war. Herzog Albrecht hatte enge Verbindungen zu Martin Luther.

Daneben müssen wir dafür sorgen, dass es keine Zone mit eingeschränktem Rechtsstaat und eingeschränkter Demokratie und Freizügigkeit im Herzen Ostpreußens und als Sperrriegel innerhalb der Europäischen Union gibt. Wir werden aber auf Dauer nur dann ein gemeinsames, friedliches, freies und demokratisches Europa erreichen, wenn alle oder jedenfalls die große Mehrheit der Europäer dies aus tiefer Überzeugung wollen. Wir werden kein freies und einiges Europa mehr haben, wenn Länder zu etwas gezwungen werden. Man kann Menschen nicht zu ihrem Glück zwingen, sie müssen es selbst finden und dann daran festhalten. Das gilt auch für Länder und Völker. Nicht Druck oder Zwang sind also gefordert, sondern Überzeugung. Ein freies und geeintes Europa kann nur ein Europa der Vaterländer sein.

Seien wir gute Ostpreußen, dabei Deutsche oder Polen, Litauer oder Russen und gleichzeitig engagierte Europäer. Leben wir Europa in Einigkeit und Recht und Freiheit, in seiner Vielfalt zum Wohle aller, vergessen wir nicht die Vergangenheit, sondern bewahren wir unsere Geschichte und Kultur, und arbeiten wir an einer Zukunft in Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand.