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29.06.18 / »Prägend für das moderne Deutschland« / Bundeskanzlerin war Hauptrednerin bei der Gedenkstunde für die Opfer von Flucht und Vertreibung in Berlin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-18 vom 29. Juni 2018

»Prägend für das moderne Deutschland«
Bundeskanzlerin war Hauptrednerin bei der Gedenkstunde für die Opfer von Flucht und Vertreibung in Berlin
Jan Heitmann

Die Bundesregierung hat zum vierten Mal den Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung begangen. Mit dem von den Vertriebenenverbänden lange geforderten Gedenktag wird seit 2015 jährlich am 20. Juni an die Opfer von Flucht und Vertreibung weltweit sowie insbesondere an die deutschen Vertriebenen erinnert. Die zentrale Gedenkveranstaltung fand in diesem Jahr im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums in Berlin statt.

Zuvor hatte es einige Irritationen gegeben, weil es hieß, der Gastgeber, Bundesinnenminister Horst Seehofer, habe seine Teilnahme vor dem Hintergrund aktueller politischer Entwicklungen, also wegen des zwischen ihm und Bundeskanzlerin Angela Merkel herrschenden Streits über die Asylpolitik, kurzfristig abgesagt. Doch dann kamen sowohl Seehofer als auch Merkel, deren Ansprache in diesem Jahr im Mittelpunkt der Gedenkstunde stand.

Nach der Begrüßung durch Seehofer, der daran erinnerte, dass die Vertriebenen ein wichtiger Faktor des westdeutschen Wirtschaftswunders gewesen seien, folgte das Grußwort des emeritierten Limburger Weihbischofs Gerhard Pieschl, ehemaliger Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge. Anschließend berichtete Umeswaran Arunagirinathan davon, wie er als Kind einer armen tamilischen Familie zur Zeit des Bürgerkrieges in Sri Lanka mit Hilfe von Schleppern nach Deutschland gelangt sei und hier Fuß gefasst habe.

Kanzlerin Merkel bezeichnete in ihrer Rede „den Zweiten Weltkrieg mit dem Holocaust und den Verbrechen der Nationalsozialisten“, aber auch Flucht und Vertreibung der Deutschen als „prägend für das moderne Deutschland“. Die Erfahrungen und Lehren dieser Katastrophen hätten „die Grundlagen der Bundesrepublik“ gelegt. Sie verpflichteten und veränderten auch das heutige Deutschland „auf seinem weiteren Weg in Europa und in der Weltgemeinschaft“, so Merkel. Einige dieser Verpflichtungen stellte Merkel in der Folge dar und ging dabei etwa auf eine „gemeinsame europäische Asyl- und Migrationspolitik“, verstärkte Hilfen in Krisengebieten sowie die Ausweitung entwicklungspolitischer Maßnahmen ein. Zugleich lobte auch sie die Leistung der Heimatvertriebenen und bezeichnete sie als Opfer, die bitteres Unrecht erlitten hätten. Allerdings konnte sie es nicht lassen, zu betonen, dass Vertreibung und Flucht der Deutschen „eine unmittelbare Folge des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkriegs und der unsäglichen Verbrechen während der nationalsozialistischen Diktatur“ gewesen seien. Damit wies sie den Ostdeutschen gewissermaßen eine Mitschuld an ihrem Schicksal zu, auch wenn das nichts daran ändere, „dass es für Vertreibung weder eine moralische noch eine politische Rechtfertigung“ gegeben habe.

Im Schlusswort machte Bernd Fabritius, Präsident des Bundes der Vertriebenen, den Gästen auch den schmerzhaften Heimatverlust bewusst, den Millionen Deutsche erleiden mussten. Außerdem erinnerte er eindringlich an die mehr als zwei Millionen deutschen Todesopfer von Flucht, Vertreibung und Deportation und betonte, dass „jede Vertreibung, jede ethnische Säuberung – gleichgültig wo, wann und warum – immer Verbrechen“ seien.

Am Rande der Gedenkveranstaltung traf der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesinnenminister, Stephan Mayer, zwei Zeitzeugen, eine junge Heimatverbliebene aus Ungarn und einen jungen Vertreter der Landsmannschaft der Westpreußen, zu einer Podiumsdiskussion. Diese wurde von Gundula Bavendamm, Direktorin der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, moderiert. Anknüpfend an das persönliche Vertreibungsschicksal der beiden Zeitzeugen diskutierte Mayer darüber, wie Flucht und Vertreibung die eigene Biografie und die der nachwachsenden Generationen prägen. Dabei war es dem CSU-Staatssekretär auch wichtig, deutlich zu machen, „wie das Leid der vertriebenen Deutschen die Politik und Gesellschaft auch heute weiterhin verpflichten“.

(siehe Leitartikel)