26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.06.18 / Starke Zeichen aus Bayern / Neue Beauftragte der Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene trifft Verbandsvertreter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-18 vom 29. Juni 2018

Starke Zeichen aus Bayern
Neue Beauftragte der Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene trifft Verbandsvertreter

Es war ein Schritt von großer vertriebenenpolitischer Bedeutung: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat bei der Kabinettsumbildung im März die Position der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene geschaffen und mit dieser Aufgabe Sylvia Stierstorfer betraut. Die CSU-Politikerin gehört seit 2003 dem Bayerischen Landtag an und vertritt dort den Stimmkreis Regensburg-Land. Nun traf sich die neue Beauftragte mit dem Landesvorstand des Bundes der Vertriebenen (BdV) und den bayerischen Landesvorsitzenden der Landsmannschaften.

Zum Auftakt des Gesprächs betonte Stierstorfer, dass Bayern sich mehr als jedes andere Bundesland für die Belange der Vertriebenen und Aussiedler einsetze und diese „tatkräftig unterstützen“ werde. Dem stimmten alle Anwesenden zu, waren sie sich doch einig, dass es „sehr gut läuft“ im Verhältnis von Freistaat und Vertriebenen und dass die Vertriebenen seitens der Politik in Bayern parteiübergreifend eine außergewöhnliche Wertschätzung erführen. Einhellig begrüßt wurde auch die Dynamik, die der neue Ministerpräsident Söder in die Aussiedler- und Vertriebenenpolitik gebracht habe.

Wichtigster Ausdruck dieser neuen Dynamik sei die Berufung Stierstorfers in das neu geschaffene Amt der Beauftragten der Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene. Christian Knauer als BdV-Landesvorsitzender und die fast vollständig anwesenden Vertreter der in Bayern aktiven Landsmannschaften, darunter Friedrich-Wilhelm Böldt, der zugleich Schatzmeister der Landsmannschaft Ostpreußen ist, begrüßten ausdrück­lich diese Entscheidung des Ministerpräsidenten und freuen sich auf eine gute Zusammenarbeit mit der Beauftragten.

Stierstorfer sieht sich dabei als „Kümmerin“, welche die Belange der Aussiedler und Vertriebenen aufgreifen und in die Politik einspeisen wird. Dabei dürfte sie auch von ihren Erfahrungen als langjährige Vorsitzende des Petitionsausschusses im Landtag profitieren. Nach ihren Worten sieht sie ihre Aufgabe in der Unterstützung der Anliegen und Interessen der Vertriebenen und Aussiedler aber auch darin, die öffentliche Wahrnehmung und Wertschätzung „dieser für Bayern so wichtigen Bevölkerungsgruppen zu fördern“. Hieran anknüpfend, sprach Knauer das Thema „Rentengerechtigkeit“ an. Die Spätaussiedler seien hier, so der BdV-Vorsitzende, „durch Einschnitte seit den 90er Jahren erheblich schlechter gestellt als die übrige Bevölkerung und müssten häufig Hilfe aus den Sozialkassen beantragen“. Die Beauftragte sicherte zu, sich dieses Themas weiter anzunehmen, und erinnerte an eine diesbezügliche Bundesratsinitiative der Bayerischen Staatsregierung im vergangenen Jahr, die leider keine Mehrheit in der Länderkammer gefunden habe.

Die Vertreter der Vertriebenen und Aussiedler zeigten sich erfreut über „die großartige Unterstützung ihrer Arbeit und Belange seitens des Freistaats“, die bundesweit ihresgleichen suche. Dabei wurde auch der Wunsch geäußert, den Schüleraustausch mit den Herkunftsgebieten der Vertriebenen und Aussiedler auszubauen, wobei die Landsmannschaften auch ihrerseits verstärkt auf die Jugendarbeit setzen würden. Mehrheitlich hoben die Anwesenden hervor, wie gut sich das Verhältnis zu den Nachbarn im Osten mittlerweile entwickelt habe und auf wie viel Verständnis ihre Anliegen dort stoßen. Entsprechend hätten die Landsmannschaften auch ihr Engagement in den Heimatgebieten und den Kulturaustausch forciert. Gleichzeitig bedauerten sie, dass die Deutschen nur wenig über den Osten Europas wüssten und forderten, dass die geschichtlichen Hintergründe der Vertreibung und die gemeinsame Geschichte der Deutschen und ihrer östlichen Nachbarn stärker Eingang in den Schulunterricht finden. Alle Gesprächspartner zeigten sich zuversichtlich, dass der Freistaat Bayern auch in diesem Bereich eine Vorreiterrolle übernehmen wird.

Das zurückgehende Interesse an der Geschichte Ostdeutschlands sowie dem Schicksal der Vertriebenen und Aussiedler führt zu einer drastischen Abnahme der Mitglieder bei den Vertriebenenverbänden und Landsmannschaften. Um vor diesem Hintergrund die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu erörtern und Synergieeffekte der Verbandsarbeit über Landesverbandsgrenzen hinweg auszuloten, kamen die Vorstände der BdV-Landesverbände von Hessen und Rheinland-Pfalz zu einem mehrstündigen und intensiven Gedankenaustausch in Wiesbaden zusammen.

Der hessische BdV-Landesvorsitzende Siegbert Ortmann verwies eingangs darauf, dass eine solche Zusammenarbeit aber auch bedeute, zu versuchen, miteinander Ziele zu erreichen, die der einzelne Verband allein nicht erreichen könne. Beispielsweise gelte dies für die intensivere Behandlung der Thematik von Flucht, Vertreibung und Deportation in den Lehrplänen für das Fach Geschichte an den Schulen und die stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse und Leistungen der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler in der Integrationspolitik der Bundesländer. Aber auch die institutionelle Förderung des Bundes der Vertriebenen, die in Hessen vorbildlich gelöst sei,  müsse flächendeckend in den einzelnen Bundesländern gewährleistet sein, so Ortmann. Der Vorsitzende des BdV-Landesverbands Rheinland-Pfalz, Tobias Meyer, sprach sich für einheitliche und verständliche Visionen der Vertriebenenorganisationen über Landesgrenzen aus, mit der sich alle BdV-Mitglieder in dieser Republik identifizieren könnten. Nur daraus entstehe ein „Wir-Gefühl“ bei der Zusammengehörigkeit und damit ein gemeinsamer Schulterschluss der Politik gegenüber, ist Meyer überzeugt. Die beiden BdV-Landesvorsitzenden sprachen sich für regelmäßige solche Treffen aus, denn der Schlüssel für gute und erfolgreiche Zusammenarbeit sei der stetige respektvolle und vertrauensvolle Umgang untereinander.

Die vom hessischen BdV-Landesverband ausgebaute Sparte zu den regelmäßigen verständigungspolitischen Aktivitäten in den ehemaligen deutschen Siedlungsgebiete in Ost- und Südosteuropa könne auch vom rheinland-pfälzischen Nachbarverband genutzt werden, zumal die entsprechenden Bundesförderrichtlinien ein solches Miteinander geradezu vorschrieben, waren sich Ortmann und Meyer einig. Eine Zusammenarbeit sei aber auch bei gemeinsamen vertriebenenspezifischen Gastausstellungen im Haus der Heimat in Wiesbaden und bei der Ausrichtung der alljährlichen Kulturellen Sommer- und Wintertage vorstellbar.

Meyer war am 20. Juni, dem Nationalen Gedenktag für Flucht und Vertreibung, Gast der CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag. Er sagte der Fraktion seine Unterstützung bei der Forderung, nach bayerischem Vorbild einen Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler zu schaffen, zu.J.H.