25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.06.18 / Voraus gedacht / Vor 65 Jahren entstand das heutige System der Kfz-Kennzeichen – Auch Ostgebiete berücksichtigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-18 vom 29. Juni 2018

Voraus gedacht
Vor 65 Jahren entstand das heutige System der Kfz-Kennzeichen – Auch Ostgebiete berücksichtigt
Wolfgang Reith

Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945 bedeutete zugleich das Ende der bis dahin gültigen Kraftfahrzeugkennzeichen, im Volksmund auch Nummernschilder genannt. Nachdem das Königreich Sachsen als erster deutscher Bundesstaat bereits am 1. Juni 1901 Kennzeichen eingeführt hatte, beschloss der Bundesrat – die Parlamentskammer der Bundesstaaten – 1906 die einheitliche Kennzeichnung für alle Kraftfahrzeuge im Deutschen Reich, die ab dem 1. Oktober des Jahres galt und dann mit Abweichungen und Ergänzungen bis 1945 Bestand hatte.

Die vier alliierten Siegermächte des Zweiten Weltkrieges führten am 1. Januar 1946 in ihren jeweiligen Besatzungszonen neue Kennzeichen ein, die sich in Farbe und Aussehen unterschieden und die auch nach der Gründung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1949 zunächst Gültigkeit behielten.

Gleichwohl hatte man in der Bundesrepublik Deutschland bereits 1950 damit begonnen, für künftige Kfz-Kennzeichen ein neues System zu erarbeiten. Erste Entwürfe aus jenem Jahr wurden 1951 überarbeitet. Nachdem im Juli 1952 die fünf Länder der DDR aufgelöst und durch 14 Bezirke ersetzt worden waren, führte man dort ab April 1953 auf dieser Grundlage neue einheitliche Kfz-Kennzeichen ein.

Die Planungen in der Bundesrepublik Deutschland ließen diese Entwicklung indes unberücksichtigt, denn 1953 stand ein endgültiges Verzeichnis fest, das allein der Verwaltungsstruktur des Deutschen Reiches aus der Vorkriegszeit Rechnung trug. Weil man von einer baldigen Wiedervereinigung Deutschlands in den Grenzen von 1937 ausging, wurden nicht nur die DDR, sondern auch die Ostgebiete in dieses System einbezogen. So findet sich im Bundesarchiv in Koblenz eine sogenannte Ostliste (Aktenzeichen B 108 10585), in der Literatur auch als Ostzonenverzeichnis bekannt, die im Fall der Wiedervereinigung die dann zu vergebenden Kfz-Kennzeichen für das Territorium der DDR sowie für die alten deutschen Provinzen östlich von Oder und Neiße enthielt. Die genaue Datierung dieser Endvariante aus dem Jahre 1953 konnte nicht ermittelt werden, es darf jedoch angenommen werden, dass sie im Zusammenhang mit der Neufassung der Straßenverkehrszulassungsordnung vom 24. August 1953 erstellt wurde, welche die Vorgängerversion von 1937 ersetzte.

Am 1. Juli 1956 führte die Bundesrepublik Deutschland dann das bis heute gültige Kennzeichensystem ein. Wie in den Planungen vorgesehen, blieben die Kennzeichen, die man für die DDR und die Ostgebiete aufgelistet hatte, weiterhin reserviert, um bei einer Wiedervereinigung sofort ausgeteilt werden zu können. Als 1990 die Vereinigung der beiden deutschen Staaten erfolgte und auf dem Boden der bisherigen DDR die früheren Länder neu entstanden, führte man ab dem 1. Januar 1991 auch dort das System der bundesdeutschen Kraftfahrzeugkennzeichen ein. Die Abkürzungen aus der Liste von 1953 wurden weitgehend übernommen; in einigen wenigen Fällen bedurfte es geringfügiger Modifizierungen.

Da die Wiederherstellung Deutschlands in den Grenzen von 1937 nun hinfällig geworden war, konnte man auch die für die Ostgebiete reservierten Kennzeichen aufgeben. So erhielt etwa Bautzen, für das eigentlich BAU vorgesehen war, jetzt das bislang an Beuthen/Oberschlesien vergebene BZ, das für Bartenstein/Ostpreußen reservierte BAR erhielt das Barnimer Land in Brandenburg, und Wittenberg, für das ursprünglich WTB vorgesehen war, erhielt WB, das man zuvor an Waldenburg in Schlesien vergeben hatte. Auch in der alten Bundesrepublik Deutschland, also vor 1990, war man schon in einzelnen Fällen von der Liste des Jahres 1953 abgewichen, weil man in zunehmendem Maße nicht mehr an eine deutsche Wiedervereinigung in den Vorkriegsgrenzen glaubte. So war die Buchstabenkombination EL, eigentlich für Elbing in Westpreußen reserviert, an das Emsland vergeben worden, und das für Stettin vorgesehene ST hatte der Kreis Steinfurt erhalten.

Das 1953 erstellte Verzeichnis umfasste neben den beiden deutschen Staaten die Städte und Landkreise Pommerns, Ostbrandenburgs, Schlesiens sowie Ost- und Westpreußens, wobei von Ostpreußen auch der sowjetisch verwaltete Landesteil berücksichtigt worden war. So hatte man beispielsweise für Königsberg/Preußen KP, für Insterburg IB, für Tilsit TI oder für Gumbinnen GUM reserviert. Nicht eingeplant waren Kennzeichen für das Memelland. Denn dieses war zum Stichtag, dem 31. Dezember 1937, nicht Bestandteil des Deutschen Reiches,

Andererseits hatte man 1953 aus nicht ersichtlichen Gründen auch Kennzeichen für Regionen vorgesehen, die bereits nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr zum deutschen Staatsgebiet zählten, so etwa KW für Kattowitz, KGH für Königshütte und SZ, das später Salzgitter erhielt, für Sosnowitz, allesamt im 1921 abgetrennten Teil Oberschlesiens gelegen, und P für Stadt- und Landkreis Posen, das auch schon seit 1919 polnisch war. Dieses war übrigens das einzige für die Gebiete im Osten reservierte Kennzeichen mit nur einem Buchstaben. 1991 wurde es Potsdam zugeteilt, für das man bis dahin PD vorgesehen hatte. Auch Danzig, das bis 1939 eine Freie Stadt bildete und somit ebenfalls nicht in den Grenzen des Deutschen Reiches vom 31. Dezember 1937 lag, war 1953 mit den Buchstaben DZ in die Liste aufgenommen worden.

Weitere 1953 an größere ostdeutsche Städte vergebene Kraftfahrzeugkennzeichen, die bis 1990 auf dem Papier Bestand hatten, waren:

AT = Allenstein

BX = Breslau

GW = Gleiwitz

HR = Hindenburg/Oberschlesien

KB = Kolberg

LW = Landsberg an der Warthe

LZ = Liegnitz

ON = Oppeln