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06.07.18 / Ein Kanal als Mauer / Neue machtpolitische Spielchen im Nahen Osten – Saudi-Arabien will sich von Halbinsel Katar abtrennen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-18 vom 06. Juli 2018

Ein Kanal als Mauer
Neue machtpolitische Spielchen im Nahen Osten – Saudi-Arabien will sich von Halbinsel Katar abtrennen
Florian Stumfall

Die Kluft zwischen dem Iran und seinen arabischen Nachbarn wird von einem einzigen Land überbrückt: Katar. Das Emirat strebt die Nato-Mitgliedschaft an, während Saudi-Arabien mit Israels Hilfe Atombomben bauen will.

Katar begibt sich in eine Außenseiterrolle unter seinen arabischen Nachbarn und auch gegenüber den USA, die in Saudi-Arabien ihren stärksten und wichtigs-ten Verbündeten in dieser Region haben. Umso mehr muss erstaunen, dass Katar mit dem Gedanken spielt, der NATO beizutreten. 

In diesem Sinne zitierte „The Business Times“ den katarischen Vizepremier und Verteidigungsminister, Khalid bin Mohammad al-Attiyah. „Diese Zusammenarbeit entwickelt sich von Tag zu Tag und kann zur Stationierung einer Abteilung oder eines Son­derzentrums der NATO auf dem Territorium von Katar führen“, so der Minister. Im Falle, dass die NATO einer Erweiterung erwäge, strebe Katar sogar die volle Mitgliedschaft an. 

Dass der ganze Vorgang nichts mit einer mathematischen Gleichung gemein hat, zeigt auch der gleichzeitige Plan der Katari, in Russland das weithin begehrte Luftabwehrsystem „S-400“ zu erwerben, das zum Verdruss der USA auch schon der NATO-Partner Türkei gekauft hat. Der Wunsch Katars, die „S-400“ zu erwerben, hat bereits zu einer diplomatischen Demarche der Saudis in Paris geführt. 

König Salman bin Abd al-Aziz as Saud bat kürzlich den französischen Premier Emmanuel Macron, auf die Katari Druck auszuüben, damit diese vom Kauf der russischen Luftabwehr absähen. Käme es dazu, so Salman weiter, „wäre das Königreich bereit, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um dieses Verteidigungssystem auch durch militärische Aktionen zu verhindern“. Die Saudis legen damit dieselbe Rücksichtslosigkeit an den Tag wie die Israelis auch wegen der „S-400“ den Syrern gegenüber.

Dass sich der saudische König an Frankreich wendet, kommt nicht von ungefähr. Die beiden Länder verbindet eine enge militärische Zusammenarbeit. Nachdem Saudi-Arabien mit dem Krieg, den es im benachbarten Jemen führt, nicht recht weiterkam, hat Paris französische Spezialeinheiten in den Jemen geschickt, die für die Saudis die Kastanien aus dem Feuer holen sollen. Dies berichtete der „Figaro“ unter Berufung auf zwei verschiedene Quellen. 

Die französischen Elitesoldaten kommen aus ihrer Basis in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Verteidigungsministerium in Paris schweigt zu dem Vorgang, wie immer, wenn es sich um Operationen von Spezialeinheiten handelt. 

Während aber Saudi-Arabien dem Nachbarn Katar mit militärischer Pression droht, falls dieser die russischen „S-400“ kaufen sollte, kauft Riad selbst ebendieses System von Moskau. Der saudische Botschafter in Moskau, Raid bin Khalid Khrimli, bestätigte: „Wir erwarten einen positiven Verlauf der Verhandlungen zu dieser Vereinbarung. Die Fachleute müssen ihre Gespräche abschließen. Bis es soweit ist, können wir kein Datum für den Abschluss der Verhandlungen nennen, doch sie verlaufen sehr erfolgreich.“ Dem Vernehmen nach geht es nur noch um technische Einzelheiten, im Grundsatz scheint man sich einig zu sein.

Gleichzeitig hält Saudi-Arabien seine Dauerpropaganda gegen den Iran aufrecht, wonach dieser nach Atomwaffen strebe. Doch damit nicht genug. Im Bewusstsein der bedingungslosen Rü-ckendeckung, die das Land durch die USA genießt, hat Riad Kontakte mit Israel aufgenommen, um von dort technische Kenntnisse für den Bau eigener Atomwaffen zu erwerben. Informationen da-rüber wurden durch den strategischen Unternehmensberater und Analysten der israelischen Nuklearpolitik beim Unternehmen „Israel Homeland Security“ (i-HLS), Amit Dor-On, bekannt. 

Die wahrscheinliche Förderung eines Atomwaffenprogramms der Saudis durch Israel sei ein letzter Hinweis auf die geopolitische Annäherung von Riad und Tel Aviv. Darüber hinaus erklärte der saudische Kronprinz und faktische Machthaber, Mohammad bin Salman, dem US-Sender CBS: „Saudi-Arabien strebt nicht nach Atombomben, aber wenn der Iran eine Atombombe entwickelt, werden wir diesem Beispiel zweifellos so bald wie möglich folgen.“ Was die Vorwürfe an Teheran als notwendigen Vorwand unverzichtbar macht.

Auch der israelische Botschafter in Ägypten, David Govin, bestätigt diese Entwicklung: „Wir beobachten eine Veränderung bei den arabischen Staaten bezüglich des Umgangs mit Israel. Saudi-Arabien wird nicht länger als Feind wahrgenommen, sondern als Partner für eine neue und bessere Realität in der Region. Dass der saudische Kronprinz die ägyptische und israelische Vision von Stabilität und wirtschaftlicher Entwicklung teilt, ist ein wichtiger Meilenstein.“

Tatsächlich geht es den Saudis aber nicht um wichtige Meilensteine, sondern darum, eine politische Koalition gegen den Iran zu schmieden. 

So schließen also die arabischen Golfstaaten mit Ausnahme Katars mit Israel zusammen, um gegen den Iran Front zu machen. Dabei haben sie die Rückendeckung aus den USA. Doch ausgerechnet Katar will Mitglied der NATO werden. Diese hat neue Mitglieder bislang nur mit weniger Schwierigkeiten aufgenommen.

Was aber Katar angeht, so ist das Land eine Halbinsel mit einer 60 Kilometer langen Grenze zu Saudi-Arabien. Diese aber wollen die Saudis zu einer Insel machen. Man hat in Riad beschlossen, an der 60 Kilometer langen gemeinsamen Grenze einen 200 Meter breiten und zehn bis 15 Meter tiefen Kanal zu bauen, der den ungeliebten Nachbarn vom asiatischen Festland weitgehend abschneiden würde. 

Für Katar wäre dies sicher unbequem, aber es käme so dem gegenüberliegenden Iran jedenfalls politisch noch näher.