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06.07.18 / Es wird eng auf dem Kontinent / Die Bevölkerung Europas wächst nur noch durch Immigration stark an – Deutschland fällt etwas aus der Reihe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-18 vom 06. Juli 2018

Es wird eng auf dem Kontinent
Die Bevölkerung Europas wächst nur noch durch Immigration stark an – Deutschland fällt etwas aus der Reihe
Bodo Bost

Seit 1973 überwiegen in Deutschland die Todesfälle die Zahl der Geburten. Seit 2015 ist dies auch in der gesamten Europäischen Union der Fall, obwohl es noch einige Länder wie Frankreich oder Irland mit Geburtenüberschüssen gibt. Die Bevölkerung der EU wächst nur noch dank Immigration. In manchen Staaten wie Österreich seit 1990 sogar um 15 Prozent.

Die politische „Wende“ in Osteuropa hat innerhalb von 25 Jahren die demografischen Verhältnisse auf dem alten Kontinent maßgeblich verändert. Die Geburtenraten haben sich in Ost- und Westeuropa weitgehend auf niedrigem Niveau angeglichen. Während die Bevölkerung in Westeuropa durch Immigration deutlich wächst, sinken die Einwohnerzahlen in Osteuropa dramatisch. 

Für die neue Ausgabe des „European Demographic Data Sheet“ analysierten Wissenschaftler der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und des Wiener Wittgenstein Center die Bevölkerungsentwicklung in Europa zwischen 1990 und 2017. Die aus Geburten und Todesfällen resultierende Geburtenrate bestimmt immer weniger die Bevölkerungsentwicklung, dagegen hat das demografische Gewicht der aus Ab- und Zuwanderung zusammengesetzten Migration deutlich zugenommen.

Die beiden Extrempole in Europa sind dabei Irland mit einem natürlichen Bevölkerungswachstum von 36 Prozent und Bosnien-Herzegowina mit einem migrations- und kriegsverursachten Bevölkerungsrückgang von 22 Prozent. Das Land mit dem zweit­höchsten Bevölkerungsanstieg, die Schweiz mit einem Plus von 26 Prozent, verdankt dies vor allem seiner hohen Immigration, eine Folge der hohen Wirtschaftskraft der Alpenrepublik. 

Norwegen, das mit plus 24 Prozent den dritten Platz einnimmt, verdankt sein Bevölkerungswachstum ungefähr zu gleichen Teilen der Immigration wie der natürlichen Bevölkerungsent­wick­lung. Spanien, vierter Platz mit plus 20 Prozent, verdankt dieses Wachstum fast ausschließlich der Immigration. 

Nur Frankreich mit plus 18 Prozent konnte seine Bevölkerung noch zu größeren Teilen aus der natürlichen Geburtenrate vermehren als durch Immigration. Alle weiteren Länder mit positiven Bevölkerungsentwicklungen wie Schweden mit plus 17 Prozent oder Österreich liegen im westeuropäischen Mittelfeld. Sie verdanken ihren Bevölkerungsanstieg fast ausschließlich der Immigration.

Etwas aus der Reihe schlägt Deutschland: Einerseits ist es das Land Westeuropas mit dem deutlichsten natürlichen Bevölkerungsrückgang – minus vier Prozent – andererseits fällt der migrationsbedingte Zuwachs – plus neun Prozent – geringer aus als in anderen westeuropäischen Staaten, weil in demselben Zeit-raum auch viele Deutsche ihrem Land den Rücken gekehrt haben. Insgesamt ergibt sich trotz Spitzenplatz in der Aufnahme von Ausländern für Deutschland nur ein Bevölkerungsanstieg von insgesamt vier Prozent. 

Länder wie Bulgarien, Lettland, Litauen, Moldawien, Bosnien-Herzegowina und das Kosovo verzeichnen seit 1990 Rück­gänge von über 20 Prozent der Bevölkerung. Gleichzeitig wachsen in einigen dieser Länder, vor allem in Bosnien und im Kosovo, die muslimischen Bevölkerungsanteile rasant an. Zuwächse wurden demgegenüber nur in Slowenien, der Slowakei und Tschechien registriert. Sie betrugen jeweils drei Prozent. 

Wanderungsbedingte Anstiege gab es in Russland, Ungarn und Serbien, weil diese Ländern einen großen Teil ihrer Minderheiten in anderen Ländern nach Hause geholt haben. Allerdings wurden diese Bevölkerungsanstiege durch Rückgänge bei der natürlichen Bevölkerungsent­wicklung wieder wettgemacht. Neben dem Wirtschaftswachstum sind es die Wanderbewegungen, die den Kontinent in zwei Teile teilen. 

Die Europäische Union wuchs seit Schaffung der Wirtschaftsgemeinschaft im Jahr 1957, sie erreichte 2008 die 500-Millionen-Marke und soll jetzt bei 513 Millionen liegen. Dieser Anstieg war in erster Linie Folge der Aufnahme von 22 neuen Mitgliedern. Von 172 Millionen Einwohnern im Jahr 1972 hat sich die EU-Bevölkerung bis 2013 verdreifacht. 

Aufgrund weiter steigender Zuwanderung wird die EU-Bevölkerung weiter wachsen. Einen Bruch wird freilich der Brexit mit sich bringen: Im März 2019 wird die EU-Bevölkerung schlagartig um 13 Prozent von 515 auf 448 Millionen sinken. Dann bleibt die 500-Millionen-Marke bis weit über das Jahr 2050 hinaus außer Reichweite, selbst wenn der gesamte Balkan Aufnahme in die EU finde. Mit der Aufnahme dieser bislang ärmsten Staaten Europas wird sich auch das Risiko weiterer Nachahmer des Brexit vergrößern.