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06.07.18 / Wie groß war die Gefahr? / Was passiert wäre, wenn die Sicherheitskräfte Hammami nicht gestoppt hätten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-18 vom 06. Juli 2018

Wie groß war die Gefahr?
Was passiert wäre, wenn die Sicherheitskräfte Hammami nicht gestoppt hätten
Wolfgang Kaufmann

Glaubt man den Verlautbarungen des Generalbundesanwaltes Peter Frank und des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, ist es den deutschen Sicherheitskräften durch die Verhaftung des tunesischen „Flüchtlings“ Sief Allah Hammami gelungen, einen folgenschweren Anschlag mit dem Biokampfstoff Rizin zu verhindern. Doch wären Terrorakte solcher Art überhaupt möglich?

Rizin wird aus den Samenkörnern des Wunderbaums (Ricinus communis) gewonnen und ist hochgiftig. Gelangt das aus insgesamt 576 Aminosäuren bestehende Protein in den menschlichen Organismus, kann es innerhalb von 36 bis 72 Stunden zum Absterben der Zellen und Verklumpen der roten Blutkörperchen führen. Die tödliche Dosis soll dabei im Milliardstelgrammbereich liegen. Aufgrund dieser enormen Toxizität und des Fehlens von Gegenmitteln zählt Rizin zu den potenziellen biologischen Kampfstoffen. Deshalb gilt seine Herstellung und Weiterverbreitung als Verstoß gegen das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz sowie die internationale Bio- und Toxinwaffenkonvention.

Entscheidend für die Wirkung ist allerdings, auf welchem Wege das giftige Eiweiß in den Körper gelangt. Das Berühren dürfte nur wenig gefährlich sein, weil das Rizin die fettreiche Hautbarriere kaum zu überwinden vermag. Anders sieht es beim Verschlucken aus. Das kann schon zum Exitus führen. Dabei ist dann zwischen der Aufnahme von sehr kompliziert herzustellendem chemisch reinen Rizin und amateurhaft gewonnenen Auszügen sowie dem Kauen von Samenkörnern zu unterscheiden. So berichten Fachmagazine von Fällen, in denen Menschen den Verzehr von bis zu 60 Samen des Wunderbaums überlebt haben. Laut einer Publikation der US-amerikanischen Toxikologen Challoner und McCarron, die 424 Rizin-Vergiftungen durch orale Aufnahme untersuchten, endeten nur 8,4 Prozent davon tödlich.

Sehr viel gefährlicher wird es, wenn Rizin durch eine Injektion oder Wunde in die Blutbahn gelangt. Dies erklärt, warum Hammami das Gift offensichtlich nicht über das Trinkwasser oder auf ähnlichem Wege verbreiten wollte, sondern auch an Sprengsätzen bastelte, die laut der Generalbundesanwaltschaft 250 Metallkugeln enthalten sollten. Denn dringen Objekte mit Anhaftungen von Rizin in den Körper von Menschen ein, kann das unter Umständen deren schnellen Tod zur Folge haben. Unter Umständen, denn Rizin ist wie jede andere Eiweißverbindung hitzeempfindlich und denaturiert bei Temperaturen über 60 Grad, wodurch es seine toxische Wirkung verliert – ansonsten wäre das aus den Wunderbaum-Samen gepresste und hernach kräftig durchwärmte Rizinusöl ja ebenfalls giftig. Das heißt, dass eine Detonation durch die damit verbundene Hitzeentwicklung das Rizin in einer Bombe unschädlich machen würde.

Vor diesem Hintergrund wirkt Hammamis Plan deutlich weniger bedrohlich, als es auf den ersten Blick scheint und die Medien suggerieren. Rizin eignet sich nicht als Terrorwaffe gegen größere Menschengruppen, sondern nur für gezielte Attentate auf Einzelpersonen. Und das steht auch genau so im Handbuch des Heimatschutzministeriums der Vereinigten Staaten (Homeland Security), das den Sicherheitsorganen hierzulande bekannt sein dürfte. Aber die propagandistisch hochgespielte Verhinderung eines angeblich spektakulären Anschlages taugt eben bestens dazu, vom multiplen Behördenversagen auf anderen Feldern der Terrorabwehr abzulenken.