25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.07.18 / Kleinod am Rande Berlins / Pfaue im Garten, Mätressen im Bett und Panzer in Sichtweite – Die Pfaueninsel hat schon viel erlebt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-18 vom 06. Juli 2018

Kleinod am Rande Berlins
Pfaue im Garten, Mätressen im Bett und Panzer in Sichtweite – Die Pfaueninsel hat schon viel erlebt
Silvia Friedrich

Die Pfaueninsel im Südwesten Berlins gilt als gärtnerisches und architektonisches Kleinod. Die Lieblingsinsel der Preußenherrscher zählt schon seit 1990 mit zum UNESCO-Welterbe.

Wer sich hier aufhält, wähnt sich nicht mehr in Berlin. Und doch gehört das paradiesische Eiland der 67 Hektar großen Pfaueninsel zum Bezirk Berlin-Zehlendorf am südwestlichen Stadtrand. Schon wer sich zu Fuß, per Bus, Auto oder Fahrrad durch den dichten Wald schlängelt, atmet auf. Natur soweit das Auge reicht, bekränzt am Rande von der blau schimmernden Havel. Schon von dieser Seite des Ufers hört man die Pfauen rufen. Wer ihrem Ruf folgt, muss sich auf eine Fähre begeben. Anders ist die Insel nicht zu erreichen.

„Wie ein Märchen steigt ein Bild aus meinen Kindertagen vor mir auf: Ein Schloss, Pfauen sitzen auf hoher Stange oder schlagen ein Rad, Springbrunnen, überschattete Wiesen, Schlängelpfade, die überall hinführten und nirgends“, schwärmte bereits Theodor Fontane über die Insel. Tausende Besucher jedes Jahr tun es ihm gleich. Besonders bei gutem Wetter ist das Eiland gut besucht. Doch lohnt sich ein Ausflug dorthin zu jeder Jahreszeit. Gerade, wenn es stürmt, regnet oder schneit, kommen einem die geschwungenen Wege, alten Bäume und Parkanlagen wild-romantisch vor. 

Lange bevor die Berliner hier lustwandelten, war die Insel in der Havel besiedelt. Schmuck aus der Eisenzeit und Haarspiralen aus Bronze belegen eine Besiedlung vor 2500 Jahren. Im Nord­osten fanden sich Spuren einer slawischen Siedlung. 

Danach blieb das Eiland lange Zeit unbewohnt. Erst im 17. Jahrhundert zog der deutsche Alchimist und Glasmacher Johannes Kunckel hierher auf Geheiß des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Dieser hatte Kunckel 1685 die Insel geschenkt, damit er hier in einem geheimen Labor ungestört experimentieren konnte. In der Abgeschiedenheit der Insel stellte er kostbares Goldrubinglas her. Das Labor und weitere Gebäude, auch die Ergebnisse der Experimente, fielen nach dem Tod des Großen Kurfürsten einer Brandstiftung zum Opfer. Vermutlich waren Neider dafür verantwortlich. 

Hinterher fiel die Insel für 100 Jahre in einen Dornröschenschlaf. Als Friedrich der Große 1786 starb, übernahm mangels eigener Nachkommen sein Neffe Fried­rich Wilhelm II. die Amtsgeschäfte. Als junger Kronprinz hatte er sich auf die märchenhafte Insel zu Schäferstündchen mit seiner Geliebten aus dem Volk, Wilhelmine Enke, spätere Gräfin von Lichtenau, zurückgezogen. Das einfache Mädchen wurde zu seiner engsten Vertrauten und war bis 1782 die Mätresse des Königs, mit dem sie sechs Kinder bekam. 

Die Insel, damals noch Kaninchenwerder genannt, konnte der König von seinem Sommerschloss, dem Marmorpalais in Potsdam am Heiligen See gelegen, aus sehen. Die Insel war leicht mit dem Ruderboot zu erreichen. So erwarb der Regent dieses Stück Land und ließ dort ein Schlöss­chen bauen. Die auch als „preußische Pompadour“ betitelte Wilhelmine durfte sich an der Planung des Schlosses, das als romantische Ruinenarchitektur konzipiert wurde, beteiligen und die Inneneinrichtung, Möbel so­wie Dekorationen bestimmen.

Doch sie hatte nicht mehr viel davon. Als es fertig war, starb ihr Gönner, und Wilhelmine wurde verbannt. Nun nutzte es der Sohn des Königs, Friedrich Wilhelm III. von Preußen mit seiner Königin Luise und den Kindern. Noch unter dem alten König entstanden ein separater Küchenbau, die Meierei, ein Kastellanhaus und der Jagdschirm. 

Mit Hinblick auf die 20 Jahre zuvor entdeckten Südseeinseln, wurden etliche fremdländische Bäume und Pflanzen auf der Insel angesiedelt. Und auch die prächtigen Pfauen. Fortan hieß das Fleckchen Erde nun Pfaueninsel. Dazu gehörte auch eine Menagerie mit fremden Tieren, die 1842 jedoch als Grundstock für den Zoologischen Garten Berlin wei­tergereicht wurden. 

Friedrich Wilhelm und Luise wandelten die Insel zu einer auf Erträge ausgerichteten Felderwirtschaft um. Es kamen weitere Bauten hinzu, ein Gutshof sowie Stall- und Schuppenbauten. Ab 1816 gestaltete Gartenarchitekt Peter Joseph Lenné das Gebiet zu einem Landschaftspark. Ein Ge­dächtnistempel zur Erinnerung an die verstorbene Königin Luise für die Familie wurde errichtet. 

Da sich die königliche Familie im Sommer häufig hier aufhielt, entstanden zahlreiche Anlagen für Vergnügungen, von denen sich nur der Fregattenhafen mit Matrosenküche von 1832 und Reste einer russischen Rutschbahn von 1819 erhalten haben. Viele Häuser, darunter auch das Palmenhaus, sind später entfernt worden. Charakteristisch war und ist vielen Gebäuden, eine auf Verschmelzung mit der Landschaft ausgerichtete Architektur. 

Seit 1924 ist das Gelände Naturschutzgebiet. Das Schloss überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschadet. Aus dem Kuriositätenkabinett der Geschichte sei erwähnt, dass sich zu Zeiten der Teilung Deutschlands die Pfaueninsel in West-Berlin befand, das Marmorpalais auf dem Gebiet der DDR. Das einst so edle Marmorpalais wurde zu einem Museum der Nationalen Volksarmee mit Panzer im Vorgarten. 

Die Sichtachse zum Schloss auf der Pfaueninsel wuchs auf östlicher Seite in den Jahren der Mauer und Teilung des Landes völlig zu. Ostbürger, die ohnehin nicht mehr das Gebiet West-Berlins betreten durften, sollten vergessen, dass es da mal ein Schloss und eine Insel gegeben hat.

Heute untersteht das weiße Ruinen-Schloss der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburgs (SPSG, siehe Artikel unten). Die Pfaueninsel mit ihren reizvollen Wegen, Sichten, über 400 alten Eichen, dem ältesten Rosengarten Berlins und historischen Gebäuden ist Teil des UNESCO-Welterbes.

Seit dem „Luisenjahr 2010“, als man des 200. Todestages der beliebten preußischen Königin gedachte, gibt die SPSG einer kleinen Gruppe Wasserbüffel auf der Pfaueninsel ein Sommerdomizil. Die Beweidung hat sich als Alternative zur maschinellen Mahd bewährt. Die Tiere halten die artenreichen Feuchtwiesen von Gehölzaufwuchs frei und fördern somit seltene Pflanzenarten. Besuchern wird so auch die frühere Weidenutzung der Insel be­wusst gemacht. 

Ab 1801 wurden Wasserbüffel auf der Pfaueninsel als „Zootiere“ gehalten. Die jetzt dort weidenden Büffel stammen vom Ökohof Darß in Mecklenburg-Vorpommern und werden jedes Jahr feierlich Ende Mai auf der Fähre zur Insel überführt. Bis Mitte Oktober sind die Tiere auf der drei Hektar großen Feuchtwiese und auf einer Freifläche neben der Meierei anzuschauen. Dann geht es per Fähre und Transport wieder ins Winterquartier.

Wer einmal abtauchen möchte in eine Welt, die uns beinahe verloren gegangen zu sein scheint, sollte sich für einige Stunden auf die Pfaueninsel begeben. Man kommt ein bisschen wie verwandelt wieder in die Gegenwart zurück.





Mit Rosenduft parfümierte Insel

Der Besuch der Pfaueninsel wird bald nur noch eingeschränkt möglich sein. Zumindest Schloss Pfaueninsel wird letztmals am 19. August im Rahmen eines Inselfests geöffnet sein. Danach wird es umfassend saniert, was durch das Sonderinvestitionsprogramm für die preußischen Schlösser und Gärten ermöglicht wurde, das der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg aufgelegt haben.

Das 1794/95 als künstliche Ruine und fast gänzlich aus Holz erbaute Pfaueninselschloss ist heute, rund 45 Jahre nach der letzten großen Sanierung, vor allem durch Witterungseinflüsse stark gefährdet. 

Mit dem Sonderinvestitionsprogramm 2 für die preußischen Schlösser und Gärten setzen der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg die Bewahrung der Berliner und Potsdamer Schlösserlandschaft weiter fort. Nachdem bereits im ersten Sonderinvestitionsprogramm 155,03 Millionen Euro erfolgreich investiert wurden, sieht das zweite Abkommen weitere 400 Millionen Euro vor, welche die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) bis 2030 in die Rettung nationaler Kulturgüter investieren kann. Der Bund trägt 200 Mil­lionen Euro bei, das Land Brandenburg 131 Millionen Euro und das Land Ber­lin 69 Mil­lionen Euro. 

Auch wenn bald das das Schloss nicht mehr besichtigt werden, kann, so la­den andere  Attraktionen zu einem Be­such auf die Insel ein. Derzeit schillert der Rosengarten in vielerlei Farben. Mehr als 1000 Rosen blühen hier, davon zirka 200 verschiedene historische Sorten. Die kugelförmigen Rosenhochstämme sorgen mit den Ro­senbüschen für eine einzigartige Blumenpracht. Witterungsbedingt ist die Rosenblüte in diesem Jahr besonders intensiv. Die historischen Ro­sen verzaubern mit einem Blütenduft, der den modernen Rosenarten oft fehlt. 

Die Inselgärtner sorgen dafür, dass sich die Rosen von ihrer prächtigsten Seite zeigen. Die Ro­senpflege zählt zu den aufwendigsten gärtnerischen Kulturen, da die Pflanzen auf Trockenheit, zu hohe Feuchtigkeit, Schädlinge und Frost empfindlich reagieren.

Der preußische Gartenar­chitekt Peter Jo­seph Lenné leg­te 1821 den Rosengarten auf der Pfaueninsel an. Dieser war der erste seiner Art in Preußen. Die mit labyrinthartig verschlungenen Wegen ge­staltete Anlage galt im 19. Jahrhundert als eine der eindrucksvollsten in Europa. Sie wurde 1989 umfangreich re­stauriert. Im gleichen Jahr entstand anlässlich des 200. Geburtstages Lennés ein weiterer Rosengarten auf der Pfaueninsel. In diesem Schaugarten wurden die bis 1870 verfügbaren Rosen nach Klassen und Züchtungsjahr je­weils paarweise als Hochstamm und Busch ge­pflanzt. Hier sind über 300 Ro­sensorten zu bestaunen. Im Rosen-Ergänzungsgarten wurde 2007 außerdem eine Wildrosensammlung von mehr als 50 Arten angelegt, um die Vielfalt der Vorfahren der heutigen Kulturrosen zu präsentieren. 

Die Rosengärten auf der Pfaueninsel zählen zu den bedeutendsten gärtnerischen Anlagen der SPSG. Der Bestand an historischen Rosen gehört zu den wichtigsten in Deutschland. Sie parfümieren die Insel mit einem zauberhaften Duft.H. Tews/SPSG