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06.07.18 / Wahrheiten über die deutsche Kolonialgeschichte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-18 vom 06. Juli 2018

Wahrheiten über die deutsche Kolonialgeschichte
Wolfgang Kaufmann

Die meisten Veröffentlichungen über die deutsche Kolonialgeschichte malen diese in sehr schwarzen Farben: ausländische, um von den eigenen „Leichen im Keller“ abzulenken, inländische aus Gründen einer politisch korrekten „Vergangenheitsbewältigung“. Das gilt insbesondere für Bücher über Deutsch-Südwestafrika, heute Namibia, wo zwischen 1904 und 1908 der „Völkermord“ an den Herero und Nama stattgefunden haben soll. Es fehlen also in erheblichem Maße brauchbare Informationen über die tatsächlichen Verhältnisse in den deutschen Kolonien. 

Vor diesem Hintergrund sind sachlich gehaltene Publikationen zur Thematik ganz besonders zu begrüßen. Hierzu zählen die beiden Publikationen „Die kaiserlichen Schutztruppen“ und „Die Oberhäuptlinge des Hererovolkes“ aus der Feder des Afrika-Kenners und PAZ-Autors Wolfgang Reith.

Das erstgenannte Werk befasst sich mit der Kolonialarmee des wilhelminischen Kaiserreiches, welche übrigens nur in Deutsch-Ostafrika, Deutsch-Südwestafrika und Kamerun zum Einsatz kam. Denn in Togo, Deutsch-Neuguinea und Deutsch-Samoa sowie im Marinestützpunkt Kiautschou in China standen nur Kontingente der Polizei. Reith schildert die Entwicklung der Schutztruppe von den frühesten Anfängen im Jahre 1889 bis zur Auflösung in den Wirren zum Ende des Ersten Weltkriegs. 

Dabei liegt ein ganz wesentlicher Schwerpunkt der Darstellung auf der Organisation der Heimatbehörde der kaiserlichen Schutztruppen in Berlin, was insofern nützlich ist, als hierüber bisher kaum etwas geschrieben wurde. Gleichzeitig verzichtet Reith auf eine Darstellung der konkreten militärischen Aktivitäten oder Kampfeinsätze der Schutztruppe während der verschiedenen Aufstände in den Kolonien sowie dann später im Krieg mit Großbritannien. Der Textteil erstreckt sich bis zur Seite 66, danach listet der Band die Stellenbesetzungen in der Kommandobehörde in Berlin sowie den drei Schutzgebieten auf, nennt also chronologisch alle zuständigen Staatssekretäre im Reichskolonial- und im Auswärtigen Amt sowie die jeweiligen Oberkommandierenden und Stabsoffiziere. Dem folgen diverse Kurzbiografien der wichtigsten Protagonisten – für kolonial- und militärhistorisch Interessierte definitiv eine Fundgrube voller höchst wertvoller Details.

Die zweite Publikation Reiths  informiert anhand der Biografien seiner Anführer über die Geschichte des Volkes der Herero, das sich erst im 19. Jahrhundert aus der Knechtschaft der Nama befreien konnte – und zwar mit deutscher Hilfe. Das heißt, die Herero vermochten es überhaupt nur aufgrund der Rückendeckung durch die Kolonialmacht, zu einem Machtfaktor in Deutsch-Südwestafrika aufzusteigen. Insofern war der Aufstand von 1904 alles andere als berechtigt, sondern sehr viel eher bloß das Resultat der persönlichen Geltungssucht des damaligen Oberhäuptlings Samuel Maharero.

Jedenfalls führte die militärische Niederschlagung der Revolte durch die Schutztruppe zu keiner andauernden Entfremdung zwischen den Herero und der deutschen Seite. Deshalb redete auch lange Zeit niemand von „Völkermord“ und Reparationen deswegen, bis dann ab etwa 2003 – das schildert Reith sehr detailliert und kenntnisreich – interne Querelen zwischen den verschiedenen Herero-Fraktionen, deren Anführer sich krampfhaft zu profilieren versuchten, zu immer lauteren Forderungen an die Adresse der Bundesrepublik führten. Ansonsten gab es freilich gleichermaßen Vertreter der deutschen Seite, die im Interesse solch konfrontativ auftretender Herero-Oberhäuptlinge wie Kuaima Riruako und Vekuii Rukoro Stimmung machten und den Konflikt zwischen Deutschland und dem afrikanischen Volk anheizten. Dazu zählten laut Reith linke Historiker, insbesondere solche der Universität Bremen, Politiker von SPD, Linken und Grünen sowie um die Pflege des nationalen Schuldkultes bemühte evangelische Pfarrer. Außerdem verweist der Autor auf die fatale Rolle deutscher und amerikanischer „Opferanwälte“, welche sich von den Klagen der Herero satte Honorare versprachen. 

Zum Schluss drückt Reith seine Hoffnung aus, dass die Herero trotz allem bald wieder zur Einigkeit und damit auch Vernunft zurückfinden. 

Wolfgang Reith: „Die kaiserlichen Schutztruppen. Deutschlands Kolonialarmee 1889–1919“, Glanz & Gloria Verlag, Klein Windhoek 2017, broschiert, 124 Seiten, zirka 20 Euro

 Wolfgang Reith: „Die Oberhäuptlinge des Hererovolkes. Von den Anfängen bis zum ungelösten Streit der Gegenwart“, Verlag Brevi Manu, Windhoek 2017, broschiert, 119 Seiten, 20 Euro