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13.07.18 / »Ein Europa, das schützt« / Einen Schwerpunkt der EU-Ratspräsidentschaft soll die Asylpolitik bilden – aber nicht nur

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-18 vom 13. Juli 2018

»Ein Europa, das schützt«
Einen Schwerpunkt der EU-Ratspräsidentschaft soll die Asylpolitik bilden – aber nicht nur
Michael Link

Im Rahmen eines unter dem Motto „Servus Europa“ stehenden Festaktes bei Schladming in der Steiermark übergab am 30. Juni der bulgarische Ministerpräsident Bojko Borissow feierlich den EU-Ratsvorsitz an den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz. Zum Feiern ist den meisten Österreichern allerdings nicht zumute – zumindest, was den beginnenden EU-Ratsvorsitz betrifft. 

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Unique research finden lediglich 36 Prozent der Österreicher, der Vorsitz ihres Landes sei „eine gute Sache, weil man Einfluss nehmen kann“. 21 Prozent der Befragten würden auf die Präsidentschaft lieber verzichten, da diese „nichts bringt und nur Geld kostet“.

Und nicht gerade wenig: Bisher hatte Kurz von 43 Millionen Euro gesprochen, die zusätzlich anfallen. In Wirklichkeit wird die Alpenrepublik aber wohl doppelt so viel in den Ratsvorsitz investieren müssen. Vergangenen Monat wurde bekannt, dass laut einer Antwort der Ministerien auf eine entsprechende Anfrage die Sachkosten 92,8 Millionen Euro betragen sollen, zusätzliche Personalkosten seien dabei noch nicht berücksichtigt. Immerhin werden in den sechs Monaten mehr als 300 Veranstaltungen abgehalten – das kostet.

Als größte Herausforderungen innerhalb der EU sieht Kurz die Abwicklung des EU-Austrittes des Vereinigten Königreichs und die Erstellung des mehrjährigen EU-Finanzrahmes nach 2020. Doch auch die aktuelle Asylkrise und damit eine der schwersten bisherigen Krisen der EU stellt für die österreichische Ratspräsidentschaft und Europa eine große Herausforderung dar.

Kurz möchte den Vorsitz dazu nutzen, der Behandlung des Asylthema innerhalb der EU noch mehr Gewicht zu verleihen. Jene, „die 2015 die Grenzen öffneten“, würden auch „die Schuld“ daran tragen, dass es heute „Grenzkontrollen zwischen Österreich und Bayern, Ungarn und Österreich, Italien und Österreich“ gebe, kritisierte der Kanzler beim Besuch der bayerischen Staatsregierung am 20. Juni in Linz indirekt die bundesdeutsche Regierungschefin Angela Merkel. Der ungarische Premier Viktor Orbán lobte indes die Haltung seines österreichischen Amtskollegen. Bei einem Treffen der ostmitteleuropäischen Visegrád-Staaten Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen in Budapest, bei dem es um das Thema Immigration ging, sprach Orbán wörtlich von einer „Achse Visegrád–Wien“.

Bei seiner Rede im Europaparlament in Straßburg sagte Kurz: „Die Diskussionen in Deutschland zeigen, dass Europa den Fokus auf Außengrenzen benötigt.“ Demnach seien abgedichtete Au­ßengrenzen die Conditio sine qua non für die Reisefreiheit innerhalb des Schengenraums, denn die Immigrationskrise habe das Vertrauen der Bevölkerungen in die europäischen Entscheidungsträger zutiefst „erschüttert“. Dabei wies Kurz darauf hin, dass die Grenzsicherung kein rein österreichisches Anliegen sei, sondern diese Ende Juni von den europäischen Staats- und Regierungschefs einstimmig beschlossen worden sei.

Im Sinne des Mottos der EU-Ratspräsidentschaft „Ein Europa, das schützt“ soll die Schutzfunktion der EU vor allem in drei Bereichen in den Vordergrund gestellt werden: Sicherheit im Kampf gegen illegale Immigration beziehungsweise Sicherung der Außengrenzen der Europäischen Union, Sicherung des Wohlstandes und der Wettbewerbsfähigkeit durch Digitalisierung sowie Stabilität in der Nachbarschaft als Basis für die Heranführung des Westbalkans beziehungsweise Südosteuropas an die EU.

Als weitere Schwerpunkte der österreichischen Ratspräsidentschaft wurden eine Stärkung der europäischen Identität, ein mehrjähriger Finanzrahmen 2021 bis 2027, Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königreichs (Brexit) sowie eine Überprüfung und Aktualisierung der Förderprogramme der EU gesetzt.

Mit der Dublin-Reform, dem Brexit und dem EU-Haushalt fielen drei gewichtige Themen in die Zeit des österreichischen Ratsvorsitzes, betonte die Angehörige der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) im Europaparlament, Angelika Mlinar. „Da der bulgarischen Präsidentschaft viele Abschlüsse gelungen sind, ist die Erwartungshaltung und somit der Druck auf Österreich relativ groß“, so das Mitglied der liberalen Partei „NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum“.