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13.07.18 / Die gute Absicht zählt / Stiftung vergibt Auszeichnung für ehrenamtliches und soziales Engagement – Facebook als Trittbrettfahrer mit von der Partie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-18 vom 13. Juli 2018

Die gute Absicht zählt
Stiftung vergibt Auszeichnung für ehrenamtliches und soziales Engagement – Facebook als Trittbrettfahrer mit von der Partie
D. Jestrzemski

Ehrenamtliches Engagement zahlt sich aus, manchmal auch in barer Münze. Das gilt aktuell für die zwölf Gewinner des bundesweiten Wettbewerbs „Smart Hero Award“, die am 28. Juni in Berlin bekannt gegeben wurden.

Mit der Auszeichnung und hohen Preisgeldern hat die Stiftung Digitale Chancen in Kooperation mit Facebook auch in diesem Jahr wieder Organisationen und Projekte belohnt, die über ihr ehrenamtliches soziales Engagement in den Sozialen Medien berichten. Der Internetriese Facebook ist außerdem Sponsor der Auszeichnung. Eine, wie es heißt, hochrangig besetzte Jury hat die Sieger in vier Kategorien ausgewählt, während über eine Online-Abstimmung ein Publikumspreis vergeben wurde. 

Das Preisgeld war anlässlich des fünfjährigen Bestehens des Wettbewerbs auf 17500 Euro pro Kategorie erhöht worden, sodass sich ein echter Anreiz für die Teilnahme bot. Wie die Leiterin der Stiftung Digitale Chancen, Julia Kroll, auf Nachfrage der PAZ erklärte, hat Facebook einen Beitrag zum Preisgeld von insgesamt 52500 Euro geleistet. Mit 529 Einreichungen war die Zahl der Bewerbungen um fast 80 Prozent höher als im vergangenen Jahr.

Kompetenz, Leidenschaft, Kreativität für eine gute Sache – damit ruft die Stiftung Digitale Chancen zusammen mit Facebook seit 2014 zur Teilnahme am „Smart Hero Award“ auf. Das Englische „smart“ lieferte die Anfangsbuchstaben zur Zielsetzung der Auszeichnung, denn „smart“ steht hier für Social Media für Anerkennung, Respekt und Toleranz.

Die Redensart „Nomen est Omen“ ist noch mit einer weiteren Bedeutung unterlegt – mit ihrem „Smart Hero Award“ stilisiert die Stiftung Digitale Chancen freiwillige Helfer und ihre Organisationen zu „klugen Helden“, denn hier gilt nur als klug, also „smart“, wer einen Internet-Auftritt bei den Sozialen Medien Facebook und der Facebook-Tochter Instagram hat und über diese kommuniziert. Die Stiftung selbst präsentiert sich bei Facebook.

Bei den insgesamt vier Wettbewerbskategorien dient diese Zielsetzung jeweils als Maßstab. Unter dem diesjährigen Motto „Gemeinschaft stärken“ lauteten die Überschriften der einzelnen Kategorien „Gemeinsam stark 

mit ...“, „Einsatz für eine lebendige Demokratie“, „Zusammen Chancen schaffen“ sowie „Faires Miteinander“. Zu den Preisträgern gehören so unterschiedliche Projekte wie die Regensburger Nichtregierungsorganisation (NGO) Sea-Eye e.V., die mit ihren Schiffen im Mittelmeer „Bootsflüchtlinge“ aufnimmt, und ein Wanderschäfer, der die in Deutschland kaum noch betriebene Wanderschäferei vor dem Aussterben bewahren möchte, beide in der Kategorie „Zusammen Chancen schaffen“.

Der erste Preis in der Kategorie „Faires Miteinander“ ging an den Verein „Champions ohne Grenzen e.V.“ für sein interkulturelles Sportangebot an Immigranten. Mit dem zweiten Preis derselben Kategorie wurde das soziale Netzwerk-Format „Mädelsabende“ des Westdeutschen Rundfunks auf Instagram belohnt. Es greift „gesellschaftlich relevante“ Themen auf und richtet sich an Mädchen und Frauen zwischen 13 und 23 Jahren. 

Den Publikumspreis erhielt das Team „Der Wünschewagen – Letzte Wünsche wagen“ des Arbeiter-Samariter-Bunds. Den mit 5000 Euro dotierten Preis überreichte Staatsministerin Dorothee Bär (CSU), die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung und diesjährige Schirmherrin der Auszeichnung. „Die Digitalisierung in Deutschland wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie zur Stärkung unserer Gesellschaft beiträgt, nicht zu ihrer Spaltung“, betonte Bär. Bei der Preisverleihung am „Facebook NGO-Tag“ im Postbahnhof am Berliner Ostbahnhof hatten Ehrenamtliche zuvor die Möglichkeit, sich auszutauschen und miteinander digital zu vernetzen. 

Wer steht hinter der Stiftung Digitale Chancen? Ihr erklärter Zweck ist die Förderung der In­ternetnutzung und Medienkompetenz sowie die Erforschung der gesellschaftlichen Folgen der Di­gitalisierung. Die Bundesministerien für Wirtschaft und Energie sowie für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben die Schirmherrschaft übernommen. Über den Beirat sind Vertreter der wichtigsten Wohlfahrtsverbände und mehrerer Interessenvertretungen mit im Boot. 

Mit Facebook steht die Stiftung in ständigem inhaltlichem Austausch, und es findet eine Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen statt, wie die Stiftungsvorsitzende Julia Kroll mitteilte. So nutzt die Stiftung Digitale Chancen das Anfang 2017 am Potsdamer Platz eröffnete Digitale Lernzentrum von Facebook für einige ihrer angebotenen Kurse. Das Zusammenwirken der vom Staat protegierten Stiftung mit dem Facebook-Konzern erscheint durchaus sinnvoll zu sein, wirft aber auf den zweiten Blick dennoch Fragen auf. Denn bei Facebook und den beiden anderen Spitzenreitern im digitalen Werbemarkt, Google und Youtube, sind stets auch wirtschaftliche Interessen mit im Spiel. 

Das US-Unternehmen mit einem Börsenwert von 512 Milliarden US-Dollar (Stand Mai 2018) hat zwei Gesichter: Einerseits bietet Facebook seinen Nutzern kostenlos Netzwerkvorteile, die, wie in diesem Fall, auch dem guten Zweck dienen. Doch ebenso wie Google die Unterfinanzierung der Schulen nutzt und  WLAN-Netze in Schulen aufbaut, so verfolgt auch Facebook seine ureigenen Interessen. Dazu zählt unter anderem das Bestreben, seinen Kundenstamm zu erweitern. Der jüngste Skandal um den gigantischen Daten-Missbrauch von 50 Millionen Facebook-Nutzern hat wieder einmal die dunkle Seite von Facebook in Erinnerung gerufen. 

Handfeste wirtschaftliche Interessen standen schon Pate bei der Gründung der als gemeinnützig anerkannten Stiftung Digitale Chancen im Jahr 2002. Man muss genauer hinschauen, um die Urheber der Stiftung auszumachen – und reibt sich dann verwundert die Augen. Denn diese entstand damals nach einer Kooperation zwischen der Universität Bremen und dem US-Medienkonzern AOL, einst weltgrößter Internet-Anbieter. Insofern kann sich derjenige eines durchwachsenen Eindrucks nicht erwehren, der den Hintergrund der Stiftung Digitale Chancen und ihrer im In­ternet pompös beworbenen Veranstaltung „Smart Hero Award“ einmal genauer auslotet. Das Kalkül könnte also sein: Mit dem Beistand für ehrenamtliches Engagement, das Zielen wie der Integration von Immigranten ge­widmet ist, schützt man sich vor Kritik von außen.