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13.07.18 / Den Berlinern stank es / Titanwurz im Botanischen Garten blühte und »duftete« tierisch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-18 vom 13. Juli 2018

Den Berlinern stank es
Titanwurz im Botanischen Garten blühte und »duftete« tierisch
Silvia Friedrich

Keiner wusste genau, wann sie sich öffnet. Gärtner und Besucher im Botanischen Garten in Berlin lagen bereits auf der Lauer, um das Ereignis fotografisch festzuhalten. Ein Exemplar der Titanwurz (Amorphophallus titanum) hatte eine Blütenstandsknospe ausgebildet. Nun hieß es abwarten. Denn dieses Ereignis ist eine sehr große Seltenheit. Doch am 7. Juli öffnete sich die Blüte für ganze drei Tage.

Die Pflanze stammt eigentlich von der Insel Sumatra. Dort ist sie in den Regenwäldern beheimatet. Allerdings gibt es sie nur noch selten, da ihr Lebensraum Regenwald immer mehr zerstört wird. 

Die Titanwurz wurde im 19. Jahrhundert von dem italienischen Botaniker Odoardo Beccari entdeckt. Die Blume gehört zu den Aronstabgewächsen und ist eine spektakuläre Erscheinung mit vielen erstaunlichen Eigenschaften. Die Pflanze entwickelt nur ein einziges großes Laubblatt, das mehrere Meter Höhe erreicht und einem Bäumchen ähnelt. Nach etwa 24 Monaten wird das Blatt eingezogen. Nun macht die Knolle, die ein Gewicht von 

75 Kilogramm erreichen kann, eine Ruhepause. In manchen Jahren wächst aber kein Laubblatt, sondern ein riesiger, bis über drei Meter hoher und 1,50 Meter breiter Blütenstand. Dann wird es spannend, denn das Blütenspektakel dauert nur drei Tage. 

Die Pflanze ist ein Nachtblüher, das heißt, sie öffnet sich häufig auch nachts. Mit Web-Kameras können die Botaniker die Öffnung der Knospe gut verfolgen.

Die Titanwurz wird nicht nur Stinkeblume genannt, sondern auch Täuschblume. Denn sie stinkt unangenehm nach Verwesung und lockt damit Insekten an. Während der drei Tage bildet sich ein großes, sich entfaltendes Hochblatt, das einen langen Kolben umgibt. Die eigentlichen Blüten der Titanwurz befinden sich tief unten im Kelch. In der ersten Nacht öffnen sich die weiblichen Blüten, erst in der zweiten Nacht die männlichen. Um die Blüten zu  bestäuben, entwickelt die Pflanze nun den Geruch verwesender Tierkörper. 

Damit der Geruchslockstoff sich besonders gut verbreitet, erhöht die Pflanze im Kolben die Temperatur. So wurden schon Temperaturen von 37 bis 41 Grad gemessen. Für die Insekten ist es wie eine in der Natur aufleuchtende Geruchsfackel. Bei der Eiablage bestäuben die Insekten die Pflanze, werden aber von dieser in die Irre geführt, denn ihre Brut wird keine Nahrung finden. Im Laufe des dritten Tages ist das besondere Schauspiel vorbei. Der Blütenstand samt Kolben beginnt zu welken und fällt langsam in sich zusammen. Biologisch be­trachtet handelt es sich bei der Titanwurz um die größte Blume der Welt, die den Berlinern in diesen Tagen aber gehörig gestunken hat.