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20.07.18 / 40 Erinnerungsstücke der Hansestadt anvertraut / Danzigertreffen würdigt mehrere Deutsche der lokalen Geschichte – Gedenktafel am Kindertransport-Denkmal eingeweiht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-18 vom 20. Juli 2018

40 Erinnerungsstücke der Hansestadt anvertraut
Danzigertreffen würdigt mehrere Deutsche der lokalen Geschichte – Gedenktafel am Kindertransport-Denkmal eingeweiht
Chris W. Wagner

Mehr als 180 Veranstaltungen wurden am vergangenen Wochenende ehemaligen und heutigen Danzigern sowie Besuchern in der alten Hansestadt geboten. Alle vier Jahre findet das Fest statt. Drei Tage lang wurde gefeiert. Das eigens für dieses Treffen eingerichtete Informationszentrum auf der Grünen Brücke, die zum Grünen Tor führt, zählte fast 4000 Besucher. Viele der Gäste kamen nicht mit leeren Händen in ihre Heimatstadt. 

So wurden dem „mobilen Museum“ des Danziger Stadtmuseums an seinem kurzzeitigen Standort auf der Grünen Brücke etwa 40 Erinnerungstücke von Besuchern als Schenkung anvertraut. Das wertvollste ist wohl die zehn Bände umfassende Chronik der Bankbrüderschaften des Artushof zu Danzig in Lübeck, die Gerd-Dietrich Ewert übergab. Ewert blickt über Generationen auf Danziger Vorfahren zurück und engagiert sich bereits seit über 30 Jahren in den Bankbrüderschaften des Artushofs.

Vor über 600 Jahren bildeten Kaufleute und Schiffer in der Hansestadt Danzig eine Vereinigung – „die gemeine Gilde“. Sie trafen sich im Artushof, um Informationen über ihre Handelsreisen auszutauschen und Geselligkeit zu pflegen. Ende des 15. Jahrhunderts wurden daraus mehrere selbstständige Brüderschaften. „Sitzgruppen aus langen Tischen und Bänken förderten das Zusammenwachsen der Brüderschaften. Aus den Tischrunden wurden Bankbrüderschaften oder kurz Banken“, so Ewert in einem Vortrag zur Geschichte der Bankbrüderschaften. 

Barbara von Hoene überreichte der Stadt ein Testament von Emilie von Hoene aus dem Jahre 1917. Dieses Testament regelt die Zukunft des Hoeneparks. Vor dem Krieg war dieser im nahegelegenen Ohra (Orunia) ein Sommersitz der Danziger Kaufmannsfamilie Hoene. 1918 vermachte ihn Emilie Hoene der Gemeinde Ohra. Durch die Eingemeindung 1933 ging der Park in den Besitz der Stadt Danzig über. „Das Danziger Museum sammelt auch über das Danzigertreffen hinaus Erinnerungsstücke und Artefakte. Digitale Kopien solcher Schätze werden ins Internet auf www.dziedzictwo-gdansk.pl gestellt“, versichert Andrzej Gier-szewski, Pressesprecher des Museums. 

Im Uphagenhaus in der ul. Dluga 12, einem der wichtigsten Baudenkmäler der Stadt, wird an den am längsten amtierenden Oberbürgermeister Leopold von Winter (1863 bis 1890) erinnert. Von Winter gehörte als Mitglied der Nationalliberalen Partei von 1871 bis 1878 dem Reichstag an. Ab 1872 war er Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Er war auch Mitglied des Provinziallandtages für Westpreußen und gehörte von 1878 bis 1890 dem Provinzialausschuss an. Zudem war er im „Deutschen Verein für öffentliche Gesundheitspflege“ tätig. Desweiteren engagierte er sich in der „Danziger Naturforschenden Gesellschaft“. In dieser setzte er 1862 eine Satzungsänderung durch, nach der nunmehr jedem interessierten Danziger der Zugang offenstand. 1890 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Das Uphagenhaus, dessen erster Besitzer der Danziger Kaufmann und Ratsherr Johann Uphagen war, wurde ab 1910 in ein Museum umgewandelt. 1944 wurde die Innenausstattung des Hauses ausgelagert und überdauerte so unversehrt den Krieg. Das Gebäude selbst wurde hingegen fast vollständig zerstört. In den 50er Jahren wurde es nach alten Plänen und Fotografien wiederaufgebaut und 1998 als Museum bürgerlicher Wohnkultur seiner Bestimmung übergeben.

Im Rahmen des diesjährigen Danzigertreffens wurde auch eine Gedenktafel in Memoriam Frank Meisler eingeweiht. Der im März dieses Jahres verstorbene Bildhauer ist Schöpfer des „Kindertransport“-Denkmals am Danziger Hauptbahnhof. Meisler wuchs in Danzig auf, sein Vater betrieb ein kleines Transportgewerbe, das er unter antisemitischem Druck der Nationalsozialisten auf die andere Seite der Grenze, nach Polen, verlegen musste. Ende August 1939 konnten ihm seine Eltern zusammen mit 14 anderen jüdischen Kindern die Flucht mit dem letzten der drei Kindertransporte aus Danzig ermöglichen. Bei der Tafelenthüllung waren Meislers Lebensgefährtin und seine zwei Töchter mit Familien anwesend. 

Eine weitere Erinnerungstafel wurde am 8. Juli auf dem Schönfelder Friedhof eingeweiht. Sie wurde ehemaligen Danzigern und den 2012 dort entdeckten Überresten napoleonischer Soldaten gewidmet. „Ich hoffe, dass die nächsten Generationen auch uns gedenken werden“, sagte Stadtpräsident Pawel Adamowicz, der Initiator des Treffens, das 2018 zum fünften Male stattfand.