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27.07.18 / Ein Wiedersehen noch in diesem Jahr? / Nicht nur der Wunsch nach Fortsetzung lässt das Gipfeltreffen in Helsinki als Erfolg erscheinen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-18 vom 27. Juli 2018

Ein Wiedersehen noch in diesem Jahr?
Nicht nur der Wunsch nach Fortsetzung lässt das Gipfeltreffen in Helsinki als Erfolg erscheinen
Florian Stumfall

Ohne Frage hat es schon politische Gipfeltreffen gegeben, deren Bilanz erheblich magerer ausfiel als jene nach dem Gespräch zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem US-Amtskollegen Donald Trump in Helsinki. Da aus dem Weißen Haus bekannt wurde, dass noch in diesem Jahr ein Besuch Putins in den USA vorgesehen ist, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass die Gespräche in Helsinki keine vergeudete Zeit waren.

Allerdings steht zu erwarten, dass vor dem erneuten Treffen wiederum von allen Transatlantikern, EU-Profis, Russland-Hassern und Putin-Feinden ein gleichermaßen gespenstisches Treiben im Vorfeld veranstaltet werden wird, wie es in den Wochen vor Helsinki über die Bühne gegangen war. Kern der anklagenden Warnungen vor einem USA-Russland-Gespräch auf höchster Ebene war und ist, dass die Russen den US-Präsidenten in der Hand hätten wegen kompromittierenden Materials, geheimer Übereinstimmungen oder des nicht aus der Welt zu schaffenden, wenngleich völlig unbewiesenen Verdachts, Russland habe Trump bei der US-Präsidentenwahl geholfen. 

Hier wirkt und webt eine Ansammlung von Gerüchten und Verdächtigungen, die einmal wirklich die Bezeichnung einer „Verschwörungstheorie“ verdienen. Sie wird von der atlantischen Propaganda gehegt und gepflegt, weil man damit Grund zu haben glaubt, die NATO abermals zu erweitern – Stichwort Ukraine und Georgien –, die Sanktionen gegen Russland aufrechtzuerhalten, vom US-Kongress mehr Geld für die Rüstung bewilligt zu bekommen und die europäischen NATO-Partner besser zur Kasse bitten zu können.

Trumps Haltung zu alledem ist – seiner Natur entsprechend – zwiespältig. Doch seinen innenpolitischen Gegnern und teilweise auch seinen Gefolgsleuten ist es bei Mitteilungen wie diesen kalt über den Rücken gerieselt: „Präsident Putin und ich haben eine Diskussion zu einem weiten Kreis von Fragen geführt, die für unsere beiden Länder von strategischer Wichtigkeit sind. Wir hatten einen direkten, offenen und äußerst produktiven Dialog.“

Putin machte seinerseits die Zeugen in Helsinki und die lauschende Weltöffentlichkeit mit einer Tatsache vertraut, die vielen entgangen zu sein scheint: „Der Kalte Krieg ist längst vorbei.“ Allerdings hatte er Grund zuzufügen: „Es ist offensichtlich, dass die bilateralen Beziehungen eine schwere Zeit durchmachen. Diese Schwierigkeiten, die vorherrschende angespannte Atmosphäre haben jedoch keine objektiven Gründe.“

Aus dieser Gegebenheit zogen die beiden Präsidenten den Schluss, dass es sinnvoll und notwendig sei, dem Treffen von Helsinki weitere folgen zu lassen. „Wir sind übereingekommen“, so Trump, „dass unsere bilateralen Treffen künftig öfter stattfinden.“ Insofern ist die bevorstehende Einladung Putins in die USA folgerichtig und zeigt, dass die Partner mehr tun wollen, als die üblichen, wohlfeilen Höflichkeitsflos­keln auszutauschen.

Dazu gehören Vereinbarungen wie die, einen Expertenrat einzurichten, der sich mit jeweils anfallenden bilateralen Problemen befassen soll. Desgleichen sollen Foren geschaffen werden, auf denen geschäftliche und kulturelle Belange behandelt werden können. Die USA haben vorgeschlagen, eine gemeinsame Arbeitsgruppe für den Anti-Terror-Kampf zu schaffen. Dabei wurde von beiden Seiten auf vereinzelte gemeinsame Aktionen in Syrien verwiesen. Außerdem haben Geheimdienste beider Seiten bei der Fußball-WM in Russland erfolgreich zusammengewirkt. 

Angesichts eines solchen Ergebnisses wirken die Angst- und Zornschreie im Vorfeld von Helsinki heute lächerlich. Der frühere CIA-Chef John Brennan entledigte sich mit dem Vorwurf gegenüber Trump, dieser habe „Hochverrat“ begangen, vollends des Anspruchs auf Ernsthaftigkeit.

Dennoch hat auch nach dem Gipfel das Narrativ von dem Unhold Putin, der dem US-amerikanischen Volk einen Präsidenten aufgezwungen habe, der ihm lehenspflichtig sei, immer noch politische Wirkkraft. US-Sonderermittler Robert Mueller hat Anklage gegen zwölf russische Geheimdienstler erhoben. Sie sollen den Hackerangriff auf Trumps Konkurrentin Hillary Clinton geführt und dadurch den Wahlausgang entscheidend beeinflusst haben. Damit wird allerdings offen eingestanden, dass Clinton kompromittierendes Material zu verbergen hat. Die Beweislage aber ist dürftig. Der stellvertretende US-Justizminister Rod Rosenstein erklärte, mit den Anklagen gegen die Geheimdienstler gehe die US-Justiz davon aus, dass russische Militärs hinter den Angriffen stecken. Die Justiz „geht davon aus“, mehr scheint sie nicht in der Hand zu haben.

Obwohl die Anklage rechtzeitig vor den Gesprächen in Helsinki veröffentlich worden war, hat sie nicht, wie beabsichtigt, dort zu Störungen geführt. Die US-Staatsanwaltschaft kann aber den Prozess gegen die zwölf Russen in der beruhigenden Gewissheit führen, dass diese nicht angehört werden müssen. Sie befinden sich nämlich samt und sonders in Russland und können von dort aus den Prozess gegen sie nicht wesentlich beeinflussen.

Allerdings hat Putin mit Blick auf diese Situation vorgeschlagen, man solle die Möglichkeit schaffen, dass Bürger des jeweils anderen Landes – der USA und Russlands – nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit verhört werden können. In diesem Falle wäre er offenbar bereit, die Zwölf in die USA zu dem Prozess zu schicken, der eigentlich gegen ihn selbst, Putin, geführt wird. Allerdings hat bei allem Entgegenkommen Trump diesen Vorschlag abgelehnt. Vielleicht hat ihn Brennans Vorwurf, er habe sich von Putin „über den Tisch ziehen lassen“, doch ein wenig geärgert.