18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
27.07.18 / Wasser-Marsch im Ötztal / Vier Bergseen in einem Rutsch – Ein Wander- und Wettkampferlebnis auch für müde Knochen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-18 vom 27. Juli 2018

Wasser-Marsch im Ötztal
Vier Bergseen in einem Rutsch – Ein Wander- und Wettkampferlebnis auch für müde Knochen
Judith Kunz/H. Tews

Sie heißen Plattachsee, Weißer See, Spitzigsee und Hauersee, und alle leuchten sie in einer anderen Farbe. Tiefblau der eine, smaragdgrün der andere, glasklar der nächste. Türkis gibt es auch. Die vier Seen befinden sich kurz vor dem Urlaubsparadies Sölden im Ötztal in Tirol auf einer Höhe zwischen 2300 und 2500 Metern. Einmal im Jahr stehen sie im Fokus von ambitionierten wie gemütlichen Wanderern gleichermaßen: Bei der sechsten Auflage des „4-Seen-Marschs“, der am 12. August ab sechs Uhr morgens gestartet wird, geht es auf mehr als 16 Kilometern über 1500 Meter rauf und wieder runter. Die durchschnittliche Gehzeit beträgt sechs bis sieben Stunden. Doch viele sind schneller.

Die Bestzeit aus dem Vorjahr beträgt exakt gestoppte zwei Stunden, 18 Minuten und 22 Sekunden. Und das ist noch nicht einmal der Rekord. 2016, ein Jahr zuvor, hielt die Uhr bei zwei Stunden zehn Minuten an. Beide Male war es ein gewisser Martin Scheiber aus dem vorderen Ötztal, der den Heimvorteil ausnutzte und als Erster durchs Ziel ging beziehungsweise rannte. 

Doch um Rekorde geht es gar nicht, sondern um die Freude am gemeinsamen Wandern bei dieser hochalpinen Tour, die technisch nicht anspruchsvoll ist, aber eine gewisse Kondition erfordert. Im vergangenen Sommer war der jüngste Teilnehmer gerade einmal acht, der älteste 72 Jahre alt. Mehr als 160 Wanderer (und Läufer) haben teilgenommen, sie kamen aus Luxemburg und Litauen, aus Spanien und Italien und natürlich auch aus Deutschland.

Es ist fünf Uhr am Morgen, der Frühstücksraum im Hotel füllt sich. Übernächtigte Gestalten mit entschlossenen Gesichtern versuchen, sich mit Kaffee wachzubekommen und beißen nach jedem Schluck beherzter ins Brötchen. Die Profis fachsimpeln, der nicht ganz austrainierte Laie mustert verschüchtert die strammen Waden der anderen. Hieß es nicht, hier ginge es vorzüglich um den Spaß an der Sache? Um die gemeinsame Erfahrung? Und vor allem: um das Naturerlebnis?

Am Ausgangspunkt des 

„4-Seen-Marsches“ in Lehn bei Längenfeld wird jeder Teilnehmer registriert. Der Startschuss fällt um sechs Uhr, im Fünf-Minuten-Takt werden die Leute auf die Strecke geschickt. Doch die Un­terschiede sind schon davor auszumachen. Diejenigen, die Rekorde und Bestzeiten im Blick haben, stehen mit Laufschuhen und in Sportkleidung bereit, die anderen haben gut gefüllte Rucksäcke und lassen es gemütlich angehen. 

Anfangs geht es steil und noch im Dunkeln einen schmalen Pfad hoch. Der Start in Lehn liegt auf 1160 Metern, der höchste Punkt der Runde 1520 Meter weiter oben. Gut eine Stunde braucht der gemütliche Teil der Marschkolonne bis zur ersten Stempelstelle an der Verpflegungstelle, die in Österreich natürlich Labestation heißt.

Mittlerweile ist es schon heller geworden, und es dauert nicht mehr lange, bis ein grandioser Sonnenaufgang die imposante Bergwelt anstrahlt. Hauer- und Luibiskogel heißen die umliegenden Gipfel, das Panorama reicht über die Dreitausender der Ötztaler und Stubaier Alpen bis hinunter ins Inntal. Und dann liegt da auch schon der erste See. Der Plattachsee auf 2492 Metern, glasklar glitzert er in der Sonne, ein paar Wolken spiegeln sich in seinem Wasser. 

Doch es wird noch schöner. Über Stock und Stein, Bergwiesen und Felsblöcke schlängelt sich der Weg zur Felder Scharte, dem höchsten Punkt des „4-Seen-Marsches“. Oben wartet die zweite Stempelstelle. Dann geht es bergab in einen Kessel, in dem sich der Weiße See ausgebreitet hat. Weiß ist er zwar nicht, sondern eher so blau wie der Enzian. Postkartentauglich taucht dann der Dritte im Bunde auf. Der smaragdgrüne Spitzigsee ist der kleinste von allen. Am Ufer ruft eine Minihütte zur Pause, doch alle wollen weiter, zum nächsten Stempel, zum vierten und letzten See. Der Hauersee sorgt für das Türkis im Farbenspiel und wird von einer Herde Schafe bewacht. 

Von nun an geht es bergab, mit der Kondition und auch sonst. Auf dem Weg ins Tal werden die Beine schwerer, die anfängliche Zehnergruppe ist zum Trio ge­schrumpft. Die meisten sind längst im Ziel, aber zum Glück gibt es auch einige, die noch langsamer sind. Nach neun Stunden, 20 Minuten und 46 Sekunden laufen drei bejahrte Herren durchs Ziel. Platz 82 von 94, sie einigen sich auf: gesichertes Mittelfeld.


Die Teilnahmegebühr beträgt zehn, ermäßigt fünf Euro. Anmeldung: Ötztal Tourismus, Gemeindestraße 4, A-6450 Sölden, Tel.: (0043) 572000, www.oetztal.com