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03.08.18 / Unruhe am Bosporus / Türkische Lira auf Talfahrt – Währungshüter in der Zwickmühle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-18 vom 03. August 2018

Unruhe am Bosporus
Türkische Lira auf Talfahrt – Währungshüter in der Zwickmühle

Entgegen den Vermutungen von Anlageexperten hat die türkische Zentralbank auf eine Erhöhung des Leitzinses verzichtet. Die Währungshüter in Ankara beließen den Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Notenbank Geld leihen können, bei 17,75 Prozent. Viele Anleger reagierten auf den ausgebliebenen Zinsschritt mit Verkäufen türkischer Anlagewerte: Die türkische Lira verlor zum US-Dollar kurzzeitig fast drei Prozent an Wert, auch die Börse sackte um vier Prozent ab. Auf den Markt geworfen wurden ebenso türkische Staatsanleihen.

Unter Analysten war die Annahme weit verbreitet, die türkische Zentralbank würde zur Bekämpfung der Inflation den Leitzins um einen Prozentpunkt erhöhen. Laut Statistikamt Turkstat haben im Juni die Preise um 

15,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugelegt. Angesichts dieser Inflationsentwicklung hätte es nahegelegen, dass die Notenbank einen deutlichen Zinsschritt macht. Die türkischen Währungshüter haben in den vergangenen Jahren den Leitzins kontinuierlich angehoben, um die schwächelnde Landeswährung zu stützen. 

Der Verzicht auf einen weiteren Zinsschritt hat bei Türkei-Beobachtern die Sorge um die Unabhängigkeit der Zentralbank neu befeuert. Erdogan gilt als ein Gegner hoher Zinsen. Nach seinem Erfolg bei den letzten Wahlen hat der türkische Präsident bereits ein Dekret erlassen, das ihn ermächtigt, den Präsidenten und den Vizepräsidenten der Zentralbank künftig allein zu ernennen. 

Der Druck auf die türkische Zentralbank wächst nicht nur vonseiten der Politik. Die Währungshüter müssen eine ganze Reihe von Faktoren berücksichtigen. Das ohnehin schon hohe Zinsniveau ist auch eine Belastung für kleinere Unternehmen, die auf Kredite angewiesen sind.

Türkische Konzerne sehen wiederum den Absturz der Landeswährung mit großer Sorge. Viele Großunternehmen sind in den letzten Jahren mit geliehenem Geld auf Einkaufstour gegangen und nun stark in Euro oder Dollar verschuldet. Nach Angaben der „Neuen Zürcher Zeitung“ hat sich die Auslandsverschuldung türkischer Unternehmen innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt. Demnach soll mit Stand vom September 2017 die Auslandsverschuldung türkischer Firmen 308 Milliarden US-Dollar betragen haben. 

Berücksichtigen müssen die türkischen Währungshüter auch die Entwicklung in den USA. Die Zinserhöhungen der dortigen Zentralbank haben US-Anlagen für Investoren attraktiver gemacht. Als Folge wurden hohe Beträge aus Schwellenländern wie der Türkei abgezogen. Inzwischen drohen der Türkei auch noch Sanktionen durch die USA. Präsident Trump kündigte Schritte an, mit denen er die Freilassung eines US-Pastors erzwingen will, der seit fast zwei Jahren in der Türkei festgehalten wird.N.H.