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03.08.18 / Der »Magellan der Lüfte« / Hugo Eckener machte mit einer Reise um die Welt den Zeppelin zum Luftschiff

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-18 vom 03. August 2018

Der »Magellan der Lüfte«
Hugo Eckener machte mit einer Reise um die Welt den Zeppelin zum Luftschiff
Klaus J. Groth

Wenn der junge Korrespondent der „Frankfurter Zeitung“, Hugo Eckener, einen Bericht über Luftschiffe schrieb, stand sein Urteil fest: alles Quatsch. Damit folgte er dem Zeitgeist. Allerdings hatte er nicht die Hartnäckigkeit des alten Grafen vom Bodensee bedacht. Der besuchte nach wiederholten Verrissen den jugendlichen Kritiker – und überzeugte ihn, dass seine Entwicklung doch nicht vollkommener Quatsch sei, sondern die Zukunft. Eckener wechselte das Lager. Ab 1912 war er Direktor der Deutschen Luftschiffahrts-Aktiengesellschaft (DELAG). Aus dem Kritiker des Zeppelins wurde ein Pionier lenkbarer Luftschiffe – und der beste Luftschiffführer der Welt.

Der Erfinder des Zeppelins, der Graf Ferdinand von Zeppelin, kämpfte zeitlebens gegen das Unverständnis seiner Mitbürger. Eine Kommission von Professoren benötigte nur zwei Sitzungen, um das Luftschiff als Unfug zu bezeichnen. Auf der Straße wurde der Graf als „Narr vom Bodensee“ verspottet. Umso bemerkenswerter ist es, wie rasch es ihm gelang, Eckener von seinen Ideen zu begeistern. Jahrzehnte später war Eckener „der populärste Mann der Welt“, „ein moderner Kolumbus“, „eine Persönlichkeit, die nicht in jeder Generation zu finden ist“.

Geradlinig war der Weg des vor 150 Jahren, am 10. August 1868, in Flensburg geborenen Preußen zum gefeierten Pionier der Luftfahrt nicht, eher windungsreich. Er studierte Nationalökonomie und Geschichte, wurde Lehrer der Nationalökonomie, schrieb nebenbei für die „Flensburger Nachrichten“ und für die „Frankfurter Zeitung“. Mit letzterer sollte die Wende in seinem Leben eingeleitet werden. 

Nach den überzeugenden Gesprächen mit Zeppelin zog Eckener Ende der 1890er Jahre nach Friedrichshafen und wurde Luftschiffer. Über 1000 Fahrten absolvierte er erfolgreich, wenn auch nicht immer bruchsicher. 1910 setzte bei einem Flug in einem Unwetter über dem Teutoburger Wald der Motor aus, Zeppelin LZ 7 („Deutschland“) stürzte ab. Zu Schaden kam niemand

Doch die Zeit für eine friedliche Erprobung war kurz bemessen. Eckener schulte Luftschiffer für die Marine, dann schien mit dem Ende des Ersten Weltkrieges auch das Ende für die Luftschifffahrt gekommen. Doch abermals und deutlicher zeigte sich das Durchsetzungsvermögen und Verhandlungsgeschick Eckeners. Er schaffte es, mit den USA einen Vertrag über den Bau eines Luftschiffes abzuschließen. Die Verhandlungspartner waren vorsichtig. Erst nach erfolgreicher Überquerung des Atlantiks sollte der Vertrag als erfüllt gelten. Für die USA war es ein Vertrag ohne Risiko. Das Luftschiff, sollte es denn erfolgreich sein, war Bestandteil der Reparationszahlungen des Deutschen Reiches.

Am 12. Oktober 1924 war es soweit, Eckener startete mit LZ 126, der späteren „Los Angeles“ in Friedrichshafen am Bodensee. Am 15. Oktober landete er in Lakehurst. Einer der ersten Nonstopflüge über den Atlantik war gelungen. Nur ein britisches Starrluftschiff hatte das zuvor vermocht, und dessen Weg war etwas kürzer gewesen. Der Jubel im geschundenen Deutschland war außerordentlich, Flensburg ernannte den Sohn der Stadt zum Ehrenbürger. 

Von nun an ging es bergauf. LZ 127 („Graf Zeppelin“), das Eckener mit Spenden und Vortragshonoraren in Höhe von 2,3 Millionen Reichsmark finanziert hatte, startete am 1. August 1929 zur Weltumrundung. Die Reise endete am 4. September. Sie wurde zur Sensation schlechthin. Den Passagieren mangelte es an nichts. Die Kabine war ausgestattet wie ein Luxushotel, Getränke und Speisen servierte man in beziehungsweise auf feinstem Porzellan, dessen Design speziell für diesen Zweck entworfen worden war und in dem das Zeichen „LZ“ prangte. 

Die Weltumrundung dauerte 35 Tage. Sie war in sechs Etappen eingeteilt. Dabei legte das Luftschiff 49618 Kilometer zurück.

Am frühen Morgen um 3.30 Uhr hob die „Graf Zeppelin“ zur Weltfahrt in Friedrichshafen ab. Das Luftschiff nahm Kurs auf New York, geriet über dem Atlantik in einen schweren Sturm, den es unbeschadet überstand, drehte ein paar Runden über New York und landete nach 95 Stunden und 22 Minuten in Lakehurst. Der Zeitungsverleger William Randolph Hearst hatte sich mit einer großen Spende die exklusiven Rechte für die Berichterstattung gesichert und Lakehurst als Ausgangspunkt gewählt. Der Rückflug startete am 7. August. Unter den 20 Passagieren war eine Journalistin als einzige Frau. Der Weg führte zurück nach Friedrichshafen. Dort landete die „Graf Zeppelin“ am 10. August. Bereits am 15. August ging es weiter, diesmal in Richtung Osten. Der Kurs führte über Jakutsk Richtung Pazifik. Nach 101 Stunden und 49 Minuten landete die „fliegende Zigarre“ in Tokio. Besatzung und Passagiere wurden zu einem Empfang in den kaiserlichen Sommerpalast geladen. Nicht aber der blinde Passagier, der 19-jährige Clarence Terhune. Nachdem er an Bord entdeckt worden war, verdonnerte man ihn zum Kartoffelschälen. Später durfte er mit Reichsverkehrsminister Theodor von Guerard für ein Foto in Fried­richshafen posieren. 

Am 23. August wurde die Reise fortgesetzt. Nach 67 Stunden war San Francisco erreicht, am 29. August wieder Lakehurst. New York bereitete der „Graf Zeppelin“ einen begeisterten Empfang mit einer Parade. Die Reise endete am 4. September in Konstanz, empfangen von 40000 jubelnden Menschen. Eckener hatte endgültig die Reisetauglichkeit des Zeppelins bewiesen. Man nannte ihn den „Magellan der Lüfte“. 

Eckener richtete einen regelmäßigen Linienverkehr in die USA und nach Brasilien ein. Nachdem 1937 LZ 129 („Hindenburg“) in Lakehurst explodiert war, wurde Eckener für den Tod von 36 Menschen verantwortlich gemacht. Vergeblich bemühte er sich, in den USA das nicht brennbare Helium zu erhalten, das er statt des leicht entzündlichen Wasserstoffs einsetzen wollte. Eckener stellte die Passagierfahrt ein. Er zog sich 1939 aus der Luftfahrt zurück. Der Versuch eines Neuanfangs in den USA mit Zeppelinen für die Luftfracht scheiterte an mangelnder Unterstützung. Der einstige Pionier der Lüfte sah keine Chance für einen Neustart. Eckener starb am 14. August 1954, vier Tage nach seinem 86. Geburtstag.