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03.08.18 / Bahnfahren in Polen ist preußisch oder k.u.k. / Die Bahngeschichte zwingt geschichtlich Interessierte in die richtige Spur

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-18 vom 03. August 2018

Bahnfahren in Polen ist preußisch oder k.u.k.
Die Bahngeschichte zwingt geschichtlich Interessierte in die richtige Spur
Chris W. Wagner

Wir haben die älteste Schmalspurbahn Europas“, so betitelt die Rzeczpospolita einen Beitrag zur Geschichte der Eisenbahn „auf polnischer Erde“. Zudem, so heißt es weiter, sei auf polnischem Boden 1842 die erste Bahnstrecke von Breslau nach Ohlau [Olawa] eröffnet worden. Es fällt also selbst Journalisten immer noch schwer, das deutsche Erbe im heutigen Polen anzuerkennen. Im selben Text wird der Leser ani-miert, sich auf eine Reise in die Geschichte der Bahn zu begeben und die Reise unbedingt im Museum des Schlesischen Industrieerbes im niederschlesischen Königszelt [Jaworzyna Slaska] zu beginnen.

Diese Institution geht mit dem Erbe weitaus sensibler um als die meisten Gazetten. 2004 wurde sie durch die Stiftung zur Bewahrung des Industrieerbes Schlesiens gegründet und betreibt neben Königszelt auch das Museum des Zinkhüttenwesens in Schoppinitz [Szopienice] bei Kattowitz. Die Stiftung unterstützt daneben die Einrichtung eines Porzellanmuseums im oberschlesischen Tillowitz [Tulowice], eines Landwirtschaftstechnikmuseums in Peterwitz [Piotrowice Swidnickie] bei Schweidnitz [Swidnica] und eines Eisenbahnmuseums in Reichenbach [Dzierzoniow] als Zweigstelle des Königszelter Technikmuseums. Bis es jedoch soweit ist, kann man in Königszelt mehr als 60 historische Lokomotiven, darunter deutsche, polnische und britische Fabrikate, bewundern. Zum Höhepunkt eines Besuches in Königszelt gehört eine Reise mit einem historischen Zug. An Sommerwochenenden werden auch Fahrten mit einer Dampflok von 1951 angeboten. Das Museum betreibt seine Internetseite ungewöhnlicherweise auch in deutscher Sprache [Muzeumtechniki.pl].

Innerhalb des Oberschlesischen Industriegebietes bildete die dortige Schmalspurbahn seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine wirtschaftliche Verkehrsader. Ein ausgedehntes Netz mit der ungewöhnlichen Spurweite von 785 Millimetern verband Steinkohlenbergwerke, Hütten, Fabriken und Kraftwerke und wurde zum Transport jeglicher Güter genutzt. Die Oberschlesische Schmalspurbahn ist die älteste bis heute betriebene Schmalspurbahn weltweit. 1853 erbaut, war sie mehr als 100 Jahre lang ein rentabler Betrieb. Nach Kriegsende wurde die Polnische Staatsbahn (PKP) Eigentümer des Streckennetzes. 2002 gelangte die Stadt Beuthen [Bytom] in den Besitz der wichtigsten Strecke des Netzes und der Förderverein der Oberschlesischen Schmalspurbahn [Stowarzyszenie Gornoslaskich Kolei 

Waskotorowych] übernahm den Betrieb. Bis heute überdauerte lediglich die Stecke Beuthen [Bytom] – Tarnowitz [Tarnowskie Gory] – Georgenberg [Miasteczko Slaskie]. Die Strecke verbindet touristische Sehenswürdigkeiten in diesen Orten wie zum Beispiel den Sport- und Erholungspark auf dem Gelände des Dolomit-Bergwerkes in Trockenberg [Sucha Gora], den Besucherstollen des alten Silberbergwerkes in Tarnowitz und den Chechlau-See bei Georgenberg. Das Herzstück der Schmalspurbahn bildet der Bahnhof Beuthen-Karf [Bytom Karb]. In den alten Werkstätten von Beuthen-Roßberg [Bytom-Rozbark] wurde ein Eisenbahnmuseum mit dem einst größten Ausbesserungswerk für Schmalspurfahrzeuge in Europa eingerichtet. An Sonnabenden sowie Sonn- und Feiertagen kann man bis September die Strecke von Beuthen bis Georgenberg befahren.

Im Galizischen Neu Sandez [Nowy Sacz] werden ebenfalls historische Zugfahrten auf der einst k.u.k. Galizischen Transversalbahn angeboten. Initiator des Projekts ist der Neu Sandezer Verband der Eisenbahnfreunde, die in Neu Sandez ein kleines Museum betreiben. Sie sind auf die 170-jährige Geschichte der Transversalbahn stolz. Auf Initiative des Senats der Stadt Krakau baute die Krakau-Oberschlesische Eisenbahngesellschaft 1847 als erste Gesellschaft im Kronland Galizien und Lodomerien die 67 Kilometer lange Hauptstrecke von Krakau in das bereits in Preußen gelegene Myslowitz [Myslowice]. Im Folgejahr, 1848, wurde im nahen galizischen Szczakowa der Endbahnhof „Granica“ (Grenze) der Warschau-Wiener Eisenbahn eröffnet. Über die Oberschlesische Eisenbahn bestand seit 1847 eine durchgehende Verbindung der verschiedenen schlesischen Eisenbahngesellschaften bis nach Berlin und weiter Richtung Wes-ten, ab 1848 auch über die Wilhelmsbahn und die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn nach Wien. Der österreichische Staat kaufte 1850 die Gesellschaft. 1858 wurden die Strecken westlich von Krakau der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn übertragen, die dadurch sowohl die alte Stammstrecke betrieb als auch die 1856 eröffnete Strecke zwischen Auschwitz [Oswiecim] und Trzebinia.