29.03.2024

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03.08.18 / Innenansichten aus Nordkoreas Kim-Dynastie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-18 vom 03. August 2018

Innenansichten aus Nordkoreas Kim-Dynastie
W. K.

Bei manchen Reiseführern lohnt sich die Lektüre auch, wenn man nicht die Absicht hat, die beschriebenen Regionen zu besuchen. Hierzu zählt „Unterwegs in Nordkorea“ aus der Feder des renommierten Landeskenners Rüdiger Frank, der heute an der Universität Wien lehrt.

Zwar beschreibt der Autor anscheinend nur das, was der westliche Tourist alles wissen und beachten muss, informiert damit aber nebenher zugleich sehr präzise und detailliert über das Reich der Kim-Dynastie. Denn in Nordkorea läuft alles ein wenig anders als sonst auf der Welt, wie die jeweiligen Abschnitte über Themen wie Einreise, Ausreise, Geld, Unterkunft, Telefonieren, Einkaufen, Essen und Trinken, Verkehrsmittel und Sehenswürdigkeiten zeigen. Dabei widmet sich Frank selbstverständlich allen gängigen Klischees, von denen manche stimmen – ja, die Nordkoreaner essen genau wie ihre Landsleute im Süden Hunde – und manche nicht: Nein, es gibt keine verpflichtenden Einheitshaarschnitte.

Viele der Lügen, die über Nordkorea kursieren, haben politische Gründe. Insofern hilft das Buch nicht nur potenziellen Reisenden, sich auf einen Besuch des Landes vorzubereiten, der organisatorisch übrigens verblüffend unkompliziert zu bewerkstelligen ist – sofern man über das nötige „Kleingeld“ verfügt und kein Journalist ist. Vielmehr dient es auch der Auseinandersetzung mit Mythen, welche von den Medien des Westens kreiert wurden. Diese 

Falschmeldungen sind übrigens der Hauptgrund für den Argwohn der Nordkoreaner gegenüber Pressevertretern.

Andererseits handelt es sich aber schon um ein sehr spezielles Reiseziel mit diversen Absonderlichkeiten. In welch anderem Land wird der Tourist beispielsweise genötigt, sich vor den Statuen toter Staatsführer zu verneigen? Aber die Verhaltensregeln in islamischen Ländern sind schließlich ebenfalls nicht gerade liberal. Außerdem kann der westliche Besucher in Nordkorea durchaus Spaß haben, wenn er entsprechend veranlagt ist. Zum Beispiel beim Herumballern mit AK-47-Maschinenpistolen auf dem Meari-Schießstand in Pjöngjang – für einen Euro pro Schuss.

Dass man mit seiner Visite einem diktatorischen Regime zu Devisen sowie internationalem Ansehen verhilft und zugleich unkalkulierbare persönliche Risiken eingeht, will Frank keinesfalls verschweigen. Deshalb spricht er nicht nur im Untertitel von einer „Gratwanderung“: Sollten nun Neugier oder Angst und Abscheu obsiegen? Wer das Buch gelesen hat, wird eine persönliche Antwort auf diese Frage finden. So kommt mancher Leser zu dem Schluss, dass Nordkorea als Reiseziel für ihn genauso wenig attraktiv ist wie Saudi-Arabien oder der Iran. Man muss nicht alles auf dieser Welt gesehen haben.

Rüdiger Frank: „Unterwegs in Nordkorea. Eine Gratwanderung“, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2018, gebunden, 351 Seiten, 20 Euro