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10.08.18 / Huren verklagen Politik / Prostituiertenschutzgesetz trifft auf harsche Kritik der Betroffenen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-18 vom 10. August 2018

Huren verklagen Politik
Prostituiertenschutzgesetz trifft auf harsche Kritik der Betroffenen
Frank Bücker

Das Prostituiertenschutzgesetz vom 21. Oktober 2016 zwingt alle „Sexarbeiterinnen“, sich registrieren zu lassen. Rund 2100 haben das in Berlin inzwischen getan. Polizei und zuständige Behörden schätzen aber, dass die reale Zahl etwa dreimal so hoch ist. Das Gesetz, das eigentlich Prostituierte vor einer zwangsweisen Ausübung ihrer Tätigkeit schützen soll, scheint bei den Betroffenen wenig Anklang zu finden. Die Anmeldebestätigung wird automatisch in elektronischer Form an die zuständigen Finanzämter übermittelt. 

Einer der Gründe für die mangelnde Bereitschaft zur Meldung könnte bei den Finanzämtern liegen. Ein Steuerberater, der anonym bleiben will, berichtet, ihn habe eine russische Liebesdienerin um Hilfe gebeten. Sie hatte sich angemeldet und erhielt daraufhin Schätzungsbescheide des Finanzamtes. Statt wie angegeben einen Besucher pro Tag mit einem Salär von 100 Euro war das Amt der Meinung, der Tarif der Dame liege bei 150 Euro und sie habe mindestens drei Besucher pro Tag. So sollte die Frau, die das Gewerbe nur nebenher betrieb und hauptsächlich einem Studium nachging, für 450 statt für 100 Tageseinnahmen Steuern bezahlen. Nach einigen Monaten ergriff sie unter Hinterlassung der „Steuerschuld“ die Flucht. 

Laut dem Steuerberater kein Einzelfall. Er selbst betreue inzwischen ähnliche Fälle, bei denen es in Verhandlungen mit den Finanzbeamten gelungen sei, einen Vergleich zu schließen. Berufskollegen berichteten das Gleiche. 

Die Berliner Prostituierten-Beratungsstelle und -Interessenvertretung Hydra hatte bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes die Datenweitergabe kritisiert. Der Frankfurter Verein Doña Carmen reichte 2017 beim Bundesverfassungsgericht sogar Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz ein. „Wir wenden uns ganz entschieden gegen eine diskriminierende rechtliche Sonderbehandlung.“ 

Womöglich dient das Gesetz weniger dem Schutz der Betroffenen als der Geldbeschaffung der Finanzämter. Juanita Henning von Doña Carmen warnt: „Mit gnadenloser Ignoranz wurde ein repressives Gesetz durchgezogen, das in der Prostitutionsbranche keinen Stein auf dem anderen lassen wird.“ Allerdings hat das neue Gesetz auch im öffentlichen Dienst neue Planstellen geschaffen, die erforderlich waren, um das Gesetz und die Landesdurchführungsbestimmungen zur Anwendung zu bringen.