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10.08.18 / Israel droht Verlust des IS-Puffers / Der Islamische Staat verliert auf den Golanhöhen immer mehr Territorium

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-18 vom 10. August 2018

Israel droht Verlust des IS-Puffers
Der Islamische Staat verliert auf den Golanhöhen immer mehr Territorium
Bodo Bost

Die Enklave des Islamischen Staates (IS) jenseits der Grenze des von Israel kontrollierten Teils der Go­lanhöhen steht kurz vor dem Fall. Syriens Regierungsgegner verlieren auf den Golanhöhen immer mehr Territorium. Nur eine kleine Region direkt an der Grenze wird noch vom IS gehalten.

Kaum ein Pilger, der in diesen Tagen die ruhig gelegene deutsche Benediktinerabtei Tabgha am See Genezareth besucht, ist sich im Klaren, dass knapp eine halbe Stunde von der Brotvermehrungskirche Jesu entfernt eine Enklave des IS beginnt. Dort treibt dieser schon seit mehreren Jahren sein grausames steinzeitislamisches Unwesen. Dieses Gebiet von etwa 30 Dörfern im Süden der Golanhöhen konnte sogar den Fall der IS-Hauptstadt Raqqa und den Verlust von neun Zehntel des IS-Territoriums im letzten Jahr überdauern. 

Aber nun scheint sich dies zu ändern. Bisher war die IS-Enklave an der Grenze des von Israel kontrollierten Teils der Golanhöhen von einem Schutzschild aus Gebieten in der Hand syrischer Rebellen umgeben. Diese Rebellen strecken jedoch seit einigen Wochen schon nach und nach die Waffen und ziehen sich in die Provinz Idlib zurück, die als letzte noch von syrischen Rebellen gehalten wird.  

Die Rebellen machen damit im Süden des Landes den Weg für die syrische Armee an die Grenze zu dem von Israel besetzten Teil der Golanhöhen frei. Russland hatte ein Abkommen mit den Regierungsgegnern für die Provinz 

Quneitra vermittelt. Präsident Baschar al-Assad kann so seine Macht weiter festigen. Regierungstruppen hatten im Juni im Gebiet um Quneitra eine Offensive begonnen und in den vergangenen Wochen bereits zahlreiche Orte übernommen.

Mit dem Abkommen verlieren die Regierungsgegner im Süden Syriens fast ihr vollständiges Gebiet. Dort kontrolliert jetzt nur noch ein Ableger des IS eine kleine Region. Diese grenzt sowohl an den von Israel besetzten und annektierten Teil der Golanhöhen als auch an Jordanien. Die seit 1974 hier stationierten UN-Soldaten haben längst die Pufferzone verlassen, nachdem die Dschihadisten mehrere UN-Soldaten entführt und nur gegen ein üppiges Lösegeld wieder freigelassen hatten. Bislang haben IS-Kämpfer allerdings an keiner Front die Waffen gestreckt und sich auf keine Verhandlungen eingelassen. Unbekannt ist, ob das Oberhaupt des IS, Abu Bakr al-Baghdadi, noch lebt. 

Das palästinensische Flüchtlingslager Yarmuk am Stadtrand von Damaskus war das größte Flüchtlingslager für Palästinaflüchtlinge in Syrien. Hier hatten in den 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts die radikalsten Palästinensergruppen ihren Rückhalt, unterstützt und gut ausgerüstet vom syrischen Präsidenten Hafez al-Assad, dem Vater des heutigen syrischen Staatsoberhaupts, der zwei Kriege gegen Israel führte. Als 2011 der Aufstand gegen das Assad-Regime begann, stellten sich die Palästinenser auf die Seite ihres Protektors im syrischen Präsidentenpalast. Als allerdings ab 2013 der Syrienkrieg immer mehr religiös-konfessionelle Züge annahm, begann die Loyalität der Palästinenser zu schwanken, zumal sie, anders als der Präsidentenclan um Assad, keine Alawiten, sondern Sunniten sind. Verstärkt wurde diese Kehrwende durch Kämpfe im Flüchtlingslager, bei denen die Assad-Truppen wenig Rücksicht auf die palästinensische Zivilbevölkerung nahmen. 

Große Teile der bewaffneten Palästinenser schlossen sich damals der gegen Assad kämpfenden Freien Syrischen Armee an. Diese palästinensischen Kämpfer, die den pathetischen Namen „Liwa Shuhada’ al-Yarmouk“ (Yarmuk-Märtyrerbrigade) annahmen, wurden von der FSA der Südfront um die Stadt Deraa zugeteilt, wo 2011 der Aufstand gegen Assad begann.

In dieser Gegend fließt auch der größte Nebenfluss des Jordan, der Yarmuk, der lange die Grenze zwischen Syrien und Jordanien war und zuletzt vor seiner Einmündung in den Jordan südlich des Sees Genezareth auch die Grenze Israels mit Jordanien bildet. Die palästinensischen Kämpfer halfen der FSA im Süden Syriens, weite Gebietsteile der Regierungsarmee zu entreißen. Es gelang ihnen auch, die gesamte südliche Grenze zu dem israelisch besetzten Teil der Golanhöhen für die FSA zu erobern. Der vom Westen unterstützten FSA waren diese Eigenmächtigkeiten der Palästinenserarmee im Syrienkrieg, die lieber gegen den Erzfeind Israel als gegen ihren alten Förderer Assad kämpfen wollten, jedoch ein Dorn im Auge.

Die Yarmuk-Märtyrerbrigade hat sich am 21. Mai 2016 mit der „Harakat al-Muthanna“ und der „Jaych al-Jihad“ zusammengeschlossen, dabei gemeinsam die Armee „Khalid ibn al-Walid“ gebildet und dem IS die Treue geschworen. Die „Khalid ibn al-Walid“ soll bis zu 1200 Männer unter Waffen haben.

Der Hauptort der IS-Enklave, Saham Jolan, war bereits mehrmals das Ziel von russischen Fliegerangriffen. Der Ort liegt weniger als zehn Kilometer von israelisch kontrollierten Gebiet und weniger als vier Kilometer vom Jordanien entfernt. Bis zu 200000 verzweifelte, hilfesuchende Menschen haben sich in den letzten Wochen an die Grenze des israelisch kontrollierten Teils der Golanhöhen geflüchtet, davon ausgehend, dass keine der Konfliktparteien es wage, den Israelis zu nahe zu kommen.

Jetzt hat Israel erstmals eine Gruppe von 800 sogenannten Weißhelmen aufgenommen, allerdings nicht ohne sich vorher in anderen westlichen Ländern, darunter naheliegenderweise auch Deutschland, zu vergewissern, dass deren Weiterreise gesichert ist.