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10.08.18 / Türkei vor dem Ruin? / Durch Erdogans islamische Finanzpolitik stürzt türkische Lira ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-18 vom 10. August 2018

Türkei vor dem Ruin?
Durch Erdogans islamische Finanzpolitik stürzt türkische Lira ab
Bodo Bost

Die im vergangenen Jahr angenommene und nun in Kraft getretene neue Verfassung der Türkei ermöglicht es Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, am Parlament vorbei mit Präsidial-Dekreten zu regieren. Das bekommt auch der Finanzsektor zu spüren. 

Kurz nach seiner Vereidigung zum fast allmächtigen Präsidenten der Türkei ernannte Erdogan seinen Schwiegersohn Berat Albayrak zum inoffiziellen Thronerben und Chef des per Dekret vergrößerten Finanzministeriums. Vom Umbau des Staates, der zuvor das Justizwesen und die Beamtenschaft betraf, wird jetzt die Finanz- und Wirtschaftspolitik erfasst, die islamkonform auf das islamische Steuerwesen, die Zakat, getrimmt wird.

Erdogan will zunächst die Zentralbank stärker an die Kandare nehmen. „Marktfreundliche“ Finanzminister wie Mehmet Simsek, die noch das Vertrauen der Finanzmärkte hatten, wurden aus dem Kabinett entlassen. Entsprechend gereizt reagierten die Börsen auf Erdogans Kampfansage. Anleger trennten sich massiv von Lira-Anlagen. Die türkische Lira brach danach um fast vier Prozent ein. Es war einer der heftigsten Abstürze seit dem gescheiterten Putschversuch vor zwei Jahren. Auch Anleihen und Aktien des Landes verloren kräftig an Wert. Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen markierten mit fast 18 Prozent ein historisches Hoch.

Erdogan hat mit seiner neuen Regierung sämtliche finanzpolitischen strategischen Entscheidungen an sich gezogen und das Kabinett zu einem reinen Abnick-Verein degradiert. Nur die Finanzmärkte kann er nicht zum Abnicken zwingen. Insbesondere Dekret Nummer drei stößt auf das Missfallen der Investoren. Darin hat sich Erdogan ermächtigt, künftig den Präsidenten und den Vizepräsidenten der Zentralbank allein zu ernennen. Außerdem wird durch das Dekret die Amtszeit der beiden Spitzennotenbankiers des Landes von fünf auf vier Jahre verkürzt. Damit kann Erdogan seine Drohung wahr machen und die Zinsen deutlich senken – ein Grauen für die Zentralbank.

Die Türkei befindet sich nach dem Staatsumbau unter Erdogan in einer gefährlichen Spirale. Die Währung verliert an Wert und die Teuerung schlägt immer neue Rekorde. Zuletzt war die Inflation auf 15,4 Prozent in die Höhe geschnellt, den höchsten Wert seit Oktober 2003. Importierte Güter, vor allem Energie, werden bei einer billigen Lira immer teurer.

Der türkische Präsident macht Währungsspekulanten und nicht seine falsche Finanzpolitik für den Verfall der Lira verantwortlich. Der 40-jährige Schwiegersohn Albayrak ist bislang wie Erdogan durch seine scharfe Kritik an westlichen Investoren und dem Internationalen Währungsfonds aufgefallen. Er hat wie sein Schwiegervater schon mehrfach niedrigere Leitzinsen gefordert. Das zeugt nicht gerade von wirtschaftlichem Sachverstand. 

Die politischen Turbulenzen in der Türkei kommen zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Weltweit werden Schwellenländer an den Märkten kritisch betrachtet. Investoren ziehen massenweise Geld aus diesen Ländern ab. Die türkische Lira könnte die Zeche dafür bezahlen und ins Bodenlose stürzen. Die Nachfrage nach Kreditausfallversicherungen ist gestiegen. Anleger schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass es in den kommenden Jahren zu einem Bankrott kommt, als immer realistischer ein.