29.03.2024

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10.08.18 / Sprachpolizist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-18 vom 10. August 2018

Sprachpolizist
Gerd Seidel

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzende von dessen zweiten Senat, Andreas Voßkuhle, hat der „Süddeutschen Zeitung“ am 25. Juli ein bemerkenswertes Interview gegeben. Darin umgeht er die für alle Richter, insbesondere aber für den Präsidenten des Verfassungsgerichts, geltende Regel der Pflicht zur strikten Zurückhaltung bei der Äußerung der persönlichen politischen Meinung. Überdies schickt er sich an, als Sprachzensor zu fungieren, indem er bestimmte Begriffe aus dem politischen Wortschatz tilgen möchte. So hält er den von Horst Seehofer benutzen Begriff der „Herrschaft des Unrechts“ für inakzeptabel und unterstellt, dass damit „Assoziationen zum NS-Unrechtsstaat“ geweckt werden sollen. Eine „Herrschaft des Unrechts“ habe nach seiner Auffassung selbst dann nicht vorgelegen, wenn die Regierung in der „Migrationskrise“ rechtswidrig gehandelt haben sollte. Auch die Formulierung „rechtsfreie Räume“, ein weithin bekanntes Syno­nym für islamische Parallelgesellschaften mit eigener Justiz und Verwaltung innerhalb Deutschlands, würde er am liebsten auf den Index setzen. 

Offenbar nimmt Voßkuhle im Karlsruher Elfenbeinturm weder die Stimmung in weiten Teilen der Bevölkerung noch diejenige in der deutschen Justiz wahr. Beispielhaft sei auf das Buch des Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes, Jens Gnisa, „Das Ende der Gerechtigkeit“ und auf das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 14. Februar vergangenen Jahres verwiesen, das die rechtsstaatliche Ordnung seit September 2015 für außer Kraft gesetzt betrachtet.

Den Begriff der „Anti-Abschiebe-Industrie“ will Voßkuhle mit der Begründung nicht verwendet wissen, dass sich keiner bei der Wahrnehmung der rechtsstaatlichen Garantien „beschimpfen lassen“ müsse. Kein Wort zu den massenhaften Fällen der offensichtlich rechtsmissbräuchlich eingelegten Rechtsmittel durch daran gutverdienende Anwälte, was zur faktischen Lahmlegung vieler Verwaltungsgerichte führt. Kein Wort auch über die anderen von den deutschen Steuerzahlern finanzierten Branchen dieses einträglichen Industriezweiges.

Eine unzulässige Einengung nimmt Voßkuhle schließlich auch im Zusammenhang mit dem Begriff des Populismus vor. Diesen gibt es in seiner Vorstellung nur im rechten politischen Spektrum, nämlich da, wo die Feinde der Demokratie stehen.

Wenn Sprache Denken verrät, dann wurde in diesem Interview ein Paradebeispiel dafür geliefert. Nur: Wie will Voßkuhle, der noch zwei Jahre lang amtiert, nach Offenlegung seiner politischen Haltung in den ausstehenden hochpolitischen Verfahren, wie zum Beispiel im anhängigen Organstreit zwischen der AfD-Fraktion und der Bundesregierung, agieren, ohne sich für befangen zu erklären?