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10.08.18 / Erstmals wird ein Preußenkönig Freimaurer / Wie Friedrich der Große vor 280 Jahren in Braunschweig in die Freimaurerei aufgenommen wurde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-18 vom 10. August 2018

Erstmals wird ein Preußenkönig Freimaurer
Wie Friedrich der Große vor 280 Jahren in Braunschweig in die Freimaurerei aufgenommen wurde
Reinhard Krause

Die Geschichte von Preußen und den Hohenzollern ist untrennbar mit der Freimaurerei verbunden. Trotzdem sucht man Friedrichs des Großen Aufnahme in die Freimaurerei und seine lebenslange Beschäftigung mit der „Königlichen Kunst“ in Biografien meist vergebens. 

Auch zum 300. Geburtstag des großen preußischen Königs im Jahr 2012 wurde dieser für sein Verständnis wichtige biografische Sachverhalt – wenn überhaupt – nur spärlich diskutiert. Als Beispiel sei die Friedrich-Biografie des Grimme-Preisträgers Johannes Unger „Friedrich. Ein deutscher König“ von 2011 genannt. Dort findet die Beschäftigung des Preußenkönigs mit der Freimaurerei auch nicht den Hauch von einer Erwähnung. 

Dabei sind die Umstände der Aufnahme Friedrichs in den Bund der Freimaurer alles andere als marginal, denn das Verhältnis des Kronprinzen zu seinem Vater König Friedrich Wilhelm I. war angespannt, nicht zuletzt durch die Reaktion des Soldatenkönigs auf die gescheiterte Flucht des Kronprinzen zusammen mit seinem Jugendfreund Hans-Hermann von Katte im Jahre 1730. Katte musste seine Mitwirkung bei der Flucht Friedrichs mit seinem Leben bezahlen – Friedrich Wilhelm bestimmte, dass der Kronprinz seiner Exekution beiwohnen musste. Der eigenen Todesstrafe entging Friedrich nur durch seine Begnadigung durch den König, die aber mit einer bedingungslosen Unterwerfung unter den Willen seines Vaters erkauft wurde. 

In dieser angespannten Situation, die sich in den folgenden Jahren nicht wesentlich änderte, geschah es am 12. Juli 1738 in Minden während einer königlichen Visitation, bei der auch der 26-jährige Kronprinz anwesend war, dass bei einem Gespräch über sogenannte Geheimbünde Graf Albrecht Wolfgang von Schaumburg-Lippe die Freimaurerei vehement verteidigte und sich sogar als Mitglied der an der Aufklärung orientierten Bruderschaft offenbarte. Friedrich war so sehr von dem mutigen Eintreten des Grafen für den Bund der Freimaurer begeistert, dass er ohne Wissen seines Vaters an ihn he­rantrat und nach der Tafel bat, ihm Gelegenheit zu verschaffen, selbst auch Mitglied in einer Gesellschaft zu werden, die „wahrheitsliebende Männer zu Mitgliedern habe“.

Albrecht Wolfgang, der wahrscheinlich 1724 oder 1725 – kurz nach der Gründung der ersten Großloge in der City of London im Jahre 1717 – in einer Londoner Loge in die Freimaurerei aufgenommen worden war, ging sofort daran, den Wunsch des preußischen Kronprinzen zu erfüllen. Er nahm aus diesem Grunde Kontakt mit der ersten und bis dahin einzigen regulären Freimaurerloge auf dem deutschsprachigen Festland auf, der 1737 gegründeten „Loge d’Hambourg“. Dort beriet man am 29. Juli 1738 über die Aufnahme des Prinzen und entschied sich dafür, ihn in die Freimaurerei aufzunehmen.

Allerdings musste die gesamte Prozedur vollständig geheim durchgeführt werden, da weder Friedrich Wilhelm I. noch irgendjemand bei Hofe davon wissen durfte, weil der Wunsch des Kronprinzen, dieser dem König sus­pekten Bruderschaft beizutreten, zu schweren Verwicklungen hätte führen können. Die Antipathie des Soldatenkönigs gegen die Freimaurerei war bekannt, und so hätte sich das Verhältnis des Kronprinzen zu seinem Vater weiter verschlechtern können, zumal sich die Freimaurerei von England ausbreitete, und daher auch politische Verwicklungen denkbar gewesen wären. 

Da der Kronprinz aus diesen Gründen nicht nach Hamburg kommen konnte, wurde vereinbart, ihn in einer Nacht- und Nebelaktion in Braunschweig in die Freimaurerei aufzunehmen. Braunschweig wurde gewählt, weil der König zusammen mit dem Kronprinzen dort zu einer Visitation anwesend sein würde und zu dieser Zeit die Stadt wegen einer dort stattfindenden Messe auch mit vielen Handelsreisenden überfüllt sein würde: ideale Voraussetzungen für dieses unter allen Umständen geheim zu haltende Vorhaben.

Von der Loge d’Hambourg reisten der Logenbruder Baron Ge­-org Wilhelm Ludwig von Oberg, Meister vom Stuhl der Loge, sowie die Brüder Johann Friedrich Löwen und Jakob Friedrich von Bielfeld nach Braunschweig. Aus Hannover kamen auf getrennten Wegen Albrecht Wolfgang, Graf Georg Ludwig von Kielmansegg und Friedrich Christian von Albedyll nach Braunschweig. 

Da die Brüder aus Hamburg ihre Ritualgegenstände in ihrer Kutsche mitführen mussten, wäre das ganze Vorhaben beinahe schon im Vorfeld zum Scheitern verurteilt gewesen, denn, obwohl für die Dauer der Messe Zollfreiheit herrschte, wurde die Delegation aus Hamburg an der Stadtgrenze von Braunschweig von einem Zöllner angehalten, der den Inhalt der Kutsche inspizieren wollte. Dieses Problem konnte aber durch die Gabe eines Goldstückes gelöst werden. Der Zöllner verzichtete daraufhin auf die Durchsuchung. 

Die Aufnahme des Kronprinzen sollte nach seinem Wunsche in der Nacht vom 14. auf den 15. August 1738 erfolgen. Zu diesem Zwecke mietete man einen großen Raum im Korn’schen Gasthof „Zum Schloß Salzdahlum“. Dadurch ergab sich ein weiteres Problem, denn das an den gemieteten Saal anschließende Zimmer war von einem gewissen Herrn v. W. angemietet worden, der, weil sein Zimmer nur durch eine Bretterwand vom Saal getrennt war, die Aufnahmezeremonie hätte belauschen können. Die Delegation versuchte erfolgreich, den Herrn v. W. außer Gefecht zu setzen, indem sie ihn besuchte und einlud, mit ihnen reichlich Alkoholika zu sich zu nehmen. Das wirkte so gut, dass Herr v. W. in einen rauschbedingten Tiefschlaf fiel und erst nach der Aufnahmezeremonie wieder wach wurde. 

Der Kronprinz erschien kurz nach Mitternacht anonym im Korn’schen Gasthof. Friedrich wurde in dieser Nacht in den ersten Grad aufgenommen, anschließend in den Gesellengrad befördert und abschließend in den Meistergrad erhoben. Nach der Zeremonie, die etwa um 4 Uhr morgens endete, wurde der Kronprinz unter größter Geheimhaltung wieder in sein Quartier gebracht. 

Wenig später eröffnete Friedrich im Schloss Rheinsberg eine eigene Loge. Im Jahre 1739 wurden die Brüder Oberg und Bielfeld aus Hamburg unter größter Geheimhaltung nach Rheinsberg eingeladen, um Aufnahmen und Beförderungen durchzuführen. Danach leitete der Kronprinz als „Meister vom Stuhl“ die Logenarbeiten selbst. Die Loge Friedrichs wurde später „Loge première“ und ab 1740 „Loge du Roi“ genannt. 

Nach dem Tode des Vaters und der folgenden eigenen Thronbesteigung am 31. Mai 1740 konnte Friedrich sich öffentlich als Freimaurer bekennen. Darüber, inwieweit die Beschäftigung mit der Freimaurerei sein Denken und Handeln beeinflusst hat, ist kontrovers diskutiert worden. Seine Marginalverordnung zur Religionstoleranz vom 22. Juni 1740 mit dem berühmten Ausspruch, dass „ein jeder nach seiner Fasson selig werden“ solle, und seine Auffassung, dass der Herrscher „der erste Diener des Staates“ sein müsse, könnte als freimaurerisch beeinflusst im Sinne der Freimaurerurkunde „Alte Pflichten“ von 1723 gesehen werden.

Die Zugehörigkeit zum Bund der Freimaurer ist als geschichtliche Tatsache belegt. Friedrich der Große hielt bis ins hohe Alter an der Freimaurerei fest, obwohl er als geistiger Vertreter der Aufklärung immer manchen „Verirrungen“ innerhalb der Freimaurerei kritisch gegenüberstand. Nur mit dem Wissen um die Beschäftigung Voltaires und Friedrichs des Großen mit der Freimaurerei ist die lange Freundschaft des preußischen Königs zu dem französischen Aufklärer richtig einzustufen.





Freimaurerei und Preußen

Die Hofloge des Kronprinzen Friedrich in Rheinsberg war die erste Freimaurerloge in Brandenburg-Preußen. Ihr gehörten zu­erst 16 Mitglieder an, vor allem Freunde und Vertraute des Kronprinzen. Ab 1739 leitete der Kronprinz die Loge selbstständig. Nach der Krönung Friedrichs wurde die erste Logenarbeit am 20. Juni 1740 im Schloss Charlottenburg in Berlin durchgeführt. Als König nahm Friedrich einige Mitglieder aus dem Hochadel auf, unter anderem seinen Bruder August Wilhelm von Preußen.

Da der König wegen seiner Regierungsgeschäfte und den Schlesischen Kriegen in der Folgezeit wenig Gelegenheit hatte, die Logenarbeiten selbst zu leiten, regte er an, in Berlin eine neue Loge zu gründen. Diese Loge, zu der später auch der Prinz Wilhelm von Preußen gehörte, trug den Namen „Aux trois Globes“. Diese Loge stiftete mehrere Tochterlogen. Die Loge „Aux trois Globes“ setzte im Jahre 1744 eine sogenannte Schaffner-Loge mit dem Namen „Große Königliche Mutterloge zu den drei Weltkugeln“ ein. Es entstanden zwei weitere „Altpreußische Großlogen“, die „Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland“ und „Royal York zur Freundschaft“.

Nach dem Tod Friedrichs II. wurde sein Neffe Friedrich Wilhelm II. König, auch er war Freimaurer. Weitere Mitglieder des Hauses Hohenzollern waren ebenfalls Freimaurer. Zu nennen wären hier die Prinzen Wilhelm, Heinrich und Ferdinand von Preußen sowie die Könige von Preußen und Deutschen Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III. Wilhelm II. gehörte dem Bund nicht an. 

In der NS-Zeit wurde die Freimaurerei verfolgt und der Besitz der Logen beschlagnahmt. Adolf Hitler fasste in seiner Verschwörungstheorie das Judentum in einem Atemzug mit der Freimaurerei zusammen. Viele Freimaurer wurden durch die Nationalsozialisten beruflich und gesellschaftlich benachteiligt und verfolgt.

Nach dem Untergang des Dritten Reiches war die Freimaurerei in Deutschland durch Krieg und Verfolgung stark gezeichnet. Die Nachfolgeorganisationen der Altpreußischen Logen konnten sich aber wieder etablieren. Auch heute noch gibt es aktive Freimaurerlogen, die sich in direkter Folge von Friedrich dem Großen ableiten. Ein Beispiel ist die nach dem Motto der Hohenzollern benannte Johannisloge „Vom Fels zum Meer“ in Hamburg (www.vom-fels-zum-meer.de).

R.K.