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10.08.18 / Intensivlandbau verstärkt die Dürre / »Bio«-Kraftstoff als Öko-Killer: Monokulturen von Mais bis Palmöl bringen den Wasserhaushalt weltweit durcheinander

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-18 vom 10. August 2018

Intensivlandbau verstärkt die Dürre
»Bio«-Kraftstoff als Öko-Killer: Monokulturen von Mais bis Palmöl bringen den Wasserhaushalt weltweit durcheinander
D. Jestrzemski

Welchen Einfluss haben Rodung und Intensivlandbau mit Monokulturen auf das Grundwasser, den Wasserkreislauf und die Witterung? Angesichts der Hitzewelle und einer Jahrhundertdürre wie in diesem Jahr in Nordwesteuropa lässt sich diese Frage nicht länger in den Hintergrund drängen. 

Die Antworten sind wohlbekannt. Waldrodung und Monokulturen haben negative, sich selbst verstärkende Effekte auch auf die Witterung. Dennoch steht eine generelle Umsteuerung der industriellen Landwirtschaft, wie sie von verschiedenen Seiten schon lange gefordert wird, (noch) nicht auf der politischen Tagesordnung. Man spricht angesichts der massiven Ernteausfälle in diesem Jahr vom Klimawandel, jedoch nur selten darüber, dass sich infolge der globalen Entwaldung sowie durch den Anbau von Monokulturen gravierende Veränderungen der Wasserkreisläufe und damit der Witterung vor Ort ergeben haben. 

Einige neue Studien legen einen Zusammenhang zwischen Monokulturen und Extremwetter­ereignissen nahe. So konnte Professor Navin Ramankutty von der Universität British Columbia in Vancouver/Kanada 2016 im Rahmen einer Studie über die globalen Kosten durch Wetterkatastrophen in der zweiten Hälfte des  20. Jahrhunderts belegen, dass die Trockenperioden bis 2007 in Australien, Nordamerika und Europa zur Einbuße von 19,9 Prozent der Ernteerträge geführt haben. 

Damit liegen die Einbußen etwa doppelt so hoch wie im weltweiten statistischen Mittel. Als Ursache dafür gibt die Studie die in den Industrieländern verbreiteten Monokulturen an. In Europa und den USA, wo auf riesigen Flächen immer dieselben Getreidesorten mit denselben Methoden angebaut werden, kann ein Ereignis wie die Dürre im „Maisgürtel“ des Mittleren Westens der USA 2012 die gesamte Ernte beschädigen oder gar vernichten. Auch die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft DLG verlautbarte Anfang 2017: „An einigen Punkten überschreitet der Modernisierungspfad die Grenzen der Nachhaltigkeit und gefährdet die Resilienz (in etwa: Widerstandskraft, Stabilität) der Systeme.“ 

Negative Folgen des maschinengerechten Intensivlandbaus wie der steigende Verbrauch von Dünger und Pestiziden sind durch Untersuchungen gut belegt, kaum hingegen die Beeinflussung der Wasserressourcen in der Umgebung von riesigen Monokulturen; dies, obwohl Störungen der wechselnden Aggregatzustände des Wassers durch diese Anbauweise unbedingt zu erwarten sind. 

Den Beweis dafür erbrachte eine neue Studie des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik. Die Wissenschaftler der fächerübergreifend angelegten Studie untersuchten speziell die Veränderung von Wasserkreisläufen mit zunehmender Ausweitung von Palmölplantagen in Indonesien. Während der Verlust der Artenvielfalt und Bodenverschlechterung infolge der Palmölproduktion in der Literatur oftmals beschrieben worden sind, fand der Schwund der lokalen Wasserressourcen bislang kaum Beachtung. 

Die Studie zeigt, dass die Grundwasserneubildung nahe der intensiv bewirtschafteten Ölpalm-Monokulturen langfristig verringert ist. Leidtragende sind Kleinbauern und Gemeinden. Während der Trockenzeit hat die Bevölkerung stärker unter Wassermangel und höheren Temperaturen zu leiden, seit Ölpalmen vermehrt angebaut werden. Dagegen fällt während der Regenperioden immer mehr Niederschlag und es kommt häufiger zu Überschwemmungen. 

Ähnliche Folgen sind durch den Maisanbau bekannt. Wie Palmöl wird auch Mais nicht nur in der Lebensmittelindustrie, sondern auch als nachwachsender Rohstoff für die Erzeugung von Bioethanol und Biogas verwendet. In Deutschland nahm der Anbau von Mais von 2000 bis 2014 um eine Million Hektar auf 2,5 Millionen Hektar zu. 

Treiber für diese Entwicklung war das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) der EU im Jahr 2000, das den Besitzern von Biogasanlagen feste Einspeisetarife für den Ökostrom garantiert. Das führte über die Jahre zu einem nie dagewesenen Schwund von kleinteiligen landwirtschaftlichen Strukturen in Europa. Nicht neu ist die Erkenntnis, dass jahrelanger Maisanbau in Monokulturen die Böden auslaugt und austrock­net, da die hoch wachsende Pflanze sehr wasser- und nährstoffhungrig ist. 

Überwiegend ist die Erde eines Maisackers ein halbes Jahr lang unbedeckt der Witterung ausgeliefert. Wo Bäume und Hecken stehen, steigt der Grundwasserspiegel in Richtung Bodenoberfläche und schützt den Wurzelbereich vor Austrocknung. Fehlt dagegen jegliche Vegetation, wird das Grundwasser nicht heraufgeholt. Starkniederschläge fließen großenteils ungenutzt unterirdisch ab, die Bodenoberfläche verkrustet und reißt auf. 

Mittlerweile sollte den Landwirten und ihren Funktionären die Erkenntnis dämmern, dass ausgedehnter Maisanbau den Wasserkreislauf reduziert beziehungsweise aus dem Gleichgewicht bringt. Abgestuft gilt dies für jeglichen Anbau von Monokulturen. Zu der vermehrten Unkrautbekämpfung mit Pestiziden kommt noch die starke Bodenerosion der Maisäcker. Während die Erosionswirkung unter Wald kaum messbar ist, steigt sie bei Maisanbau oder bewuchsloser Brachfläche auf 170 und 180 (!) Tonnen pro Jahr und Hektar an (Professor Wolfram Mauser: „Wie lange reicht die Ressource Wasser? Vom Umgang mit dem blauen Gold“, Fischer-Taschenbuchverlag 2007). 

„Verschärft der Maisanbau das Hochwasserrisiko?“ lautete der Titel einer Sendung der WDR-Reihe „Aktuelle Stunde“ anlässlich der Hochwasserereignisse im Mai/Juni 2016. Dies ließ sich nicht bestreiten, jedoch behauptete ein Experte vom Geologischen Dienst: „Für das Extremwetter ist der Mais aber nicht verantwortlich.“ Experten wie diesem möchte man zurufen: Haben wir nicht alle als Kinder in der Grundschule den Wasserkreislauf durchgenommen und Bäume gemalt mit einer Wolke darüber, aus der Regentropfen fallen? Wieso sollte dieses Modell mit seiner negativen Konsequenz für die unbeschatteten Agrar­wüsten keine Gültigkeit haben?

In seinem Buch „Die Pflanzen-Revolution. Wie Pflanzen unsere Zukunft erfinden“ (Kunstmann Verlag 2018) beschäftigt sich Professor Stefano Mancuso unter anderem mit der Wasserversorgung und zukünftigen Ernährung von voraussichtlich mehr als zehn Milliarden Menschen im Jahr 2050. Als Bestandteil von Ökosystemen, als Wirtschaftsgut und Lebensmitteln ist Wasser durch menschlichen Einfluss immer öfter dort nicht mehr ausreichend vorhanden, wo es gerade benötigt wird. Monokulturen haben aus Sicht des Autors keine Zukunft. Eine Ausweitung der Anbauflächen sei ausgeschlossen, da weitere Abholzung nicht hinnehmbar sei. Einen Ausweg sieht er in der Möglichkeit, Ackerpflanzen so zu züchten, dass sie auch einen erhöhten Salzgehalt im Boden vertragen, also auf versalzenen Böden wachsen. 

Einen Beitrag zur Lösung der zukünftigen Nahrungsmittelversorgung sieht Mancuso in einer nachhaltigen Agrikultur auf den Meeren. Es existieren bereits Konzepte und Prototypen von modular aufgebauten, schwimmenden Farmen mit Fischzucht, die zukünftig helfen sollen, Probleme durch die Lebensmittelproduktion zu reduzieren und Engpässe auszugleichen.